Gleichklang der Herzen
kürzlich bei mir, dass seine älteste Tochter sich standhaft geweigert habe, in eine überaus vorteilhafte Heirat einzuwilligen. Sie ließ sich durch nichts von ihrer Weigerung abbringen.“
Der Herzog lachte laut auf.
„Thame sagte, zur Zeit unserer Großväter, ja noch unserer Väter, hätte man sie gezüchtigt und bei Wasser und Brot hungern lassen, bis sie es sich überlegt hätte. Aber heute machen ja die Mädchen, was sie wollen.“
„Tja, daran muss wirklich der Krieg schuld sein“, meinte der Herzog. „Soviel ich weiß, war es immer Sitte, dass ein Mädchen den Eltern gehorchte. Jegliches Aufbegehren wurde sofort unterdrückt.“
„Dann musst du unbedingt meine Nichte kennenlernen“, sagte der Major lachend. „Jane ist eine kühne Reiterin, die alle Jagden mitmacht, wie übrigens alle Kinder meiner Schwester. Und diese Kühnheit äußert sich natürlich auch auf andere Weise. Ich habe mehr als einmal erlebt, dass sie ihrem Vater die Stirn bot.“
„Dann wirst du eine andere, eine sanftmütigere Frau für Richard finden müssen“, bemerkte der Herzog. „Bevil, ich verlasse mich ganz auf dich. Da Richard noch sehr lange ans Bett gefesselt sein durfte, wird er sich den Reizen und der Aufmerksamkeit des Mädchens, das du für ihn aussuchst, kaum entziehen können.“
„Also wirklich, Nolan, du bürdest mir da eine unmögliche Aufgabe auf. Genauso wie damals in Frankreich, als wir bei der Ankunft feststellen mussten, dass unser Nachschub viele Meilen hinter uns war.“
„Ich glaube mich zu erinnern, dass du damals nach einem höchst unsoldatischen Aufbegehren losgezogen und schließlich mit reichlich Proviant in Form von requiriertem Vieh wiedergekommen bist“, erwiderte der Herzog.
„Und es hätte mich beinahe Kopf und Kragen gekostet, als ich den Bauern die Tiere wegnahm“, warf der Major ein. „Ein Glück, dass wir Engländer im Gegensatz zu den Franzosen bezahlen, was wir uns nehmen, andernfalls hättest du mich heute nicht als Gesprächspartner an deiner Seite.“
„Ich wollte damit ja nur sagen, dass du Erfolg hattest, egal zu welchen Mitteln du greifen musstest.“
„Der Erwerb von ein paar alten Kühen und fetten Schweinen ist etwas anderes, als eine Frau für Richard auszusuchen. Lass dir gesagt sein, Nolan, dass du das, was du dir vorstellst, nicht bekommen wirst.“
„Warum sagst du das?“
„Weil du Unmögliches verlangst.“
„Was soll das nun wieder heißen?“
„Das soll heißen, dass du ein unschuldiges, reines Mädchen suchst, das auch noch hübsch und klug ist. Dieses Geschöpf soll Richard eine Zauberin vergessen lassen, die sein Herz und seinen Verstand in ihrem Bann hat.“
„Ich sehe, du weißt, worauf es ankommt“, stellte der Herzog mit trockenem Humor fest.
„Zum Kuckuck, Nolan, such dir diese Person doch selbst!“
Er hatte kaum zu Ende gesprochen, da gab er seinem Pferd die Sporen und galoppierte davon, während der Herzog ihm amüsiert folgte.
Sein Lächeln enthielt zweifellos eine Spur Zynismus, denn der Herzog wusste genau, dass er Unmögliches verlangte. Auch wenn Richard Delyth für ihr schändliches Benehmen hassen, ja verachten würde, so hieß das noch lange nicht, dass er sich von ihrem Zauber befreit hatte und sie nicht mehr sehen wollte.
Ach was, mit der Zeit wird er darüber hinwegkommen, beruhigte sich der Herzog.
Aber sicher konnte er seiner Sache nicht sein, dazu kannte er Richard zu gut.
Der Junge war überaus sorgsam und liebevoll erzogen worden, von Eltern, die ihm ihre eigenen idealistischen Vorstellungen vermittelt hatten.
Der Herzog war überzeugt, dass Richard für Delyth Gedichte geschrieben hatte und sie im Geiste nicht nur mit Aphrodite, der Liebesgöttin, sondern mit sämtlichen schönen Göttinnen des Olymp verglichen hatte.
Es ließ sich nicht leugnen, dass Delyth neben ihrer außergewöhnlichen Schönheit auch über Witz, Verstand und vielseitige Talente verfügte.
Umso bedauerlicher, dass dieses Bild von einem Temperament getrübt wurde, das es an sinnlichem Begehren mit jedem Mann aufnehmen konnte, und dass Reinheit des Geistes oder des Körpers für sie unbekannte Begriffe waren.
„Delyth ist nicht die einzige Frau auf der Welt“, sagte der Herzog atemlos, als er den Major nach einem scharfen Galopp eingeholt hatte.
„Gott sei Lob und Dank!“, lautete die in inbrünstigem Ton geäußerte Antwort.
Die beiden Freunde ritten immer weiter. Erst als die Sonne aufging und es wärmer wurde, machten sie sich
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