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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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über den Bildern verbringen, die mir im Kopf herumgehen – Bilder von meinem Haus und meinem Tal, aus den Tagen, als ich noch als Mensch unter Menschen leben durfte, ehe du mir alles zerstört hast. Morgen früh, wenn ich mich entschieden habe, komme ich zu dir zurück. Lange lasse ich dich nicht warten.« Er versetzte Sandy Ogs Nacken einen Klaps. »Du gehörst mir , mein Schöner. Ich kann dich strafen, wie es mir beliebt, ohne dass jemand es mir ankreidet. Höchstens Hill, das Waschweib. Und der wird glauben müssen, du seist an deinem Magenleiden abgekratzt.«
    Wieder griff Rob ihm ins Haar, diesmal, um ihm den Kopf in den Nacken zu ziehen und ihm ins Gesicht zu sehen, als wünsche er, sich keinen Zug entgehen zu lassen. Er hatte einen kleinen Mund, wie eine Rosenblüte, eine frisch geplatzte Knospe. »Dich schützt nämlich keine Frau meines Blutes mehr«, sagte der Rosenmund. »Die Sarah hat dich verlassen, sie ist unter mein Dach zurückgekehrt.« Er stieß Sandy Ogs Kopf nach vorn, fand Vergnügen daran, warf ihm den Kopf noch ein paarmal vor und zurück. Dann versetzte er ihm spielerisch einen Backenstreich und blies die Kerze aus. »Damit überlasse ich dich deiner Nachtruhe. Erquickliche Träume wünsche ich, und denk an unser Rendezvous morgen früh.«
    Etwas in Sandy Og sagte Nein. Die ganze Nacht lang. Es hätte längst Nein sagen sollen, zu Glenlyon, der alles verdrehte, um sich die Hände in Unschuld zu waschen, zu den Wächtern,die ihm den Leib kaputt droschen und sich ereiferten, wenn er sich wie ein Vieh betrug, auch zu seinem Vater, der behauptete, etwas, auf das einer draufschlug, würde zu Stein, nicht zu Brei. Schon immer hätte er Nein sagen sollen, stattdessen hatte er sich geduckt und gewunden und Ja gestammelt. Er hatte den Schneid und die Kraft nicht aufgebracht, doch jetzt, mit dem zerdroschenen Körper, dem Schmerz und der verfluchten Kälte, ging es auf einmal ganz leicht: Nein. Nein, ich lasse mir von dir nicht Bange machen. Du hast mir wochenlang Todesangst gemacht, aber du machst mir keine mehr. Nein, du schlägst mich nicht tot. Was mir geschieht, entscheidet der Staatsrat, nicht du. Ich habe dir erlaubt, dich an mir schadlos zu halten, aber jetzt ist es genug; ich bitte Hill um Schutz. Selbst wenn ich von diesen Sachen mit niemandem sprechen kann – Nein kann ich immerhin sagen.
    Langsam streckte Sandy Og die Arme über seine Knie, bis die gefesselten Hände vor den Knien baumelten, spreizte die Ellenbogen so, dass die Arme die Beine umschlungen, und zog die Beine zu sich, so dicht er konnte. Es war viel wärmer, viel weniger schlimm. Nein, ich lasse nicht zu, dass meine Frau mich verlässt. Nicht ohne dass sie es mir gesagt hat. Sie soll kommen und mir sagen, dass es sie nicht kümmert, ob ich sterbe. Meinen Vater kümmert’s nicht, und meine Mutter kümmert’s nicht, aber dass es meine Frau nicht kümmert, glaube ich nicht. Nur wenn sie es mir sagt.
    Er rieb sich das Kinn auf seinem Knie. Es juckte. Bevor sie kam, musste er sich waschen. Aber selbst wenn es damit nichts wurde – hätte jede Frau, deren Mann verdreckt war, den dafür verlassen dürfen, hätte auf der Welt kein Mann mehr eine Frau. Er warf den Kopf in den Nacken und zischte durch die Zähne, weil der verfluchte Nacken wehtat, als sei er durchstochen. Er grinste sich selbst zu, legte den Kopf auf die Knie. Nein, Sarah. Ich lass dich nicht. Du magst ja einen Besseren finden – einen, der dir heile Kinder macht, ohne dass du dran verblutest; einen, der dich schützt, der nicht vor seinem Vater kuscht; einen, der nicht feig istund kein Tölpel, der tanzen kann und dem’s nicht im Ohr pfeift. Aber was geht uns der Bessere eigentlich an? Was geht der dich an? Hat der zu dir gesagt, dass er dich liebt?
    Am Morgen nahmen ihm zwei der Wachen, die ihn sonst schlugen, die Ketten ab. Sie gaben ihm Wasser zum Waschen und Wasser zum Trinken, grobes, frisches Brot und ein Hemd, das roch, als hätte eine Frau es ihm gewaschen. Seine Frau, fiel Sandy Og unvermittelt ein, kochte nicht so gern wie andere Frauen, aber sie war ständig dabei, etwas zu waschen. »Ihr habt mehr Glück als Verstand«, sagte einer der beiden, der die Fäuste geballt hielt. »Ihr könnt alle gehen, die Königin hat eure Freilassung bestimmt.«
    »Auch wenn man sich denken kann, wie ihr Galgenvögel es ihr dankt. Na, lange geht das nicht mehr. Wer den Eid nicht schwört, hat ausgespielt.«
    Als die Männer gingen, ließen sie die Tür offen

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