Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
Vom Netzwerk:
ausdrücklichen Befehl des Königs, für das Wohl und die Sicherheit des Landes, angeordnet, dass diese Missgeburten mit Zweig und Wurzel ausgerissen werden. Sorgt dafür, dass Selbiges ohne Gnade und Halbheit vollstreckt wird, andernfalls wird man Euch als einen betrachten, der König und Regierung nicht treulich dient und nicht dazu taugt, im Dienste seines Königs Befehlsgewalt auszuüben. In der Erwartung, dass Ihr nicht scheitert, da Ihr Euch selbst liebt, sei dies mit meiner Hand unterzeichnet.
    Ballachullish, am 12. Februar 1692.
    Robert Duncanson, Major im Regiment Argyll,
    im Auftrage Seiner Majestät, König William III.

10
    Glencoe
    Ebenda, Februar 1692
    Glück ist, wenn ein Tag wie der andere verläuft und doch ein jeder auf eigene Weise. Glück ist, wenn alle, die man am Abend zählte, am Morgen noch unter ihren Decken liegen. Einmal schüttete Sarah Sandy Og, der ständig verschlief, zwei Kellen voll eiskaltem Wasser, das sie von draußen geholt und geschmolzen hatte, über den Kopf. »Wolltest nicht du mir heute Wasser holen, Faulpelz?«
    Sandy Og fluchte und lachte, jagte sie durchs Haus und fing sie, schüttelte über ihr sein nasses Haar aus und bezirzte sie funkeläugig, bis sie sich von ihm küssen ließ. Glück ist, wenn Wasser nur Wasser ist, keine verlorene Erinnerung, kein dunkler Traum. In diesem Frühling zeige ich meinen Kindern die Nachtkerzen.
    Glück war immer auch Angst gewesen, das Glück zu verlieren. Irgendwann aber merkte Sarah, dass die Angst kleiner wurde, nicht weil das Glück weniger Angst wert war, sondern weil es bei ihr blieb und noch bleiben würde, wenn es vorbei war. Weil es stark machte.
    Das Kind in ihr wuchs. Die anderen Kinder, Duncan, Jean und Angus, wuchsen erst recht und vertilgten Berge. In Sandy Ogs Bart entdeckte Sarah graue Stoppeln. Man musste vielleicht sehr viel Angst gehabt haben, um zu erkennen, dass es Glück war, den langsamen Dingen zuzusehen: dem Haar, das grau wurde, den Eiszapfen, die vom Dachfirst tropften, den Kindern, die wuchsen, den alten Leuten, die sich in ihre Betten legten, um zu sterben.
    Glück war nicht, keine Sorge und keine Schmerzen zu haben, nichts zu bedauern oder sich nichts zu wünschen.
    Sarah wusste, dass Sandy Og sich wünschte, seine Schwester und Ben zurück ins Tal zu holen, und dass es dazu nicht kommen würde. Die Leute mussten ihre Ruhe wiederfinden, ihr Vertrauen in das Balkenwerk aus alten Gesetzen, das sie getragen hatte. Als die Männer aus Inveraray zurückgekommen waren, hatte der MacIain am Ellenbogen, den der Fluss schlug, ein Feuer entzünden lassen und sein Volk zusammengerufen. Er hatte sein bestes Lebenswasser, ein die Kehle versengendes Gesöff, ausschenken lassen und allen verkündet: »Wenn der Becher nicht leer ist, nützt er der Gesundheit nichts.«
    Aber gesprochen hatte Sandy Og, nicht weil der MacIain sich verweigert hätte, sondern weil es auf diese Weise für den Clan, den es schwer genug traf, am leichtesten zu schlucken war. Für die Frauen, deren Männer in Killiecrankie und Dunkeld und Cromdale gestorben waren. Für die Kinder, die sich den Sommer lang mit dem Schwert geübt hatten, um für König Jamie zu kämpfen. Für die Alten, die die Hälse gereckt hatten, als der MacIain auf den Cairn gestiegen war, und gelobt hatten, ihm ihr Bestes zu geben. Für die, die fehlten. Und die, die bevorstanden.
    Der Eid auf William und Mary sei mit König James’ verbrieftem Einverständnis geschworen worden, hatte Sandy Og erklärt, und Sarah hatte dieses eine Mal dem Himmel gedankt, dass er so maulfaul war und das Notwendige knapp hielt. Damit stünde Glencoe unter dem Schutz der Schwarzen Garnison, die jetzt Fort William hieße und so genannt werden müsse, und kein Bewohner von Glencoe dürfe gegen William und Mary seine Waffe erheben. Kehrte jedoch König James zurück, so trete die geheime Vereinbarung von Achallader in Kraft und jeder andere Eid sei null und nichtig. Er mache aus Jakobiten keine Williamiten, sondern diene Glencoes Schutz, der König James am Herzen lag, und jetzt solle es Musik geben, um das Ende der Stürme zu feiern, und noch mehr Whisky, Fraoch Eilean, auf Glencoe.
    Sarah tat ihr Mann leid, weil es nicht angenehm sein konnte, mit all den Blicken und dem Zischeln im Rücken seines Weges ziehen zu müssen, und weil er so aussah, als hätte er gern den Kopf zwischen die Schultern geduckt. In Wahrheit aber gab es viel mehr Grund, Sandy Og zu beneiden, denn nur wenigen Männern war es

Weitere Kostenlose Bücher