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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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Kopf abgeschlagen und danach Angst bekommen, seine Hochländer könnten außer Rand und Band geraten. Um sie in Schach zu halten, sandte er jene tausend Infanteristen unter Gouverneur Brayne und Major Hill und ließ sie im Schutz des Wassers und des Berges eine Befestigung errichten. An Gearasdan dubh Inbhir Lochaidh nannten die Hochländer sie, die Schwarze Garnison von Inverlochy. Als Robert Brayne nach London zurückkehrte, wurde John Hill Gouverneur, ein Mann, der entschlossen war, mit den Hochländern in Frieden zu leben, und dem das Kunststück gelang. Robs Erinnerung nach hatte Hill in seinem Quartier mit Lochiel und dem MacIain gesoffen wie mit Blutsbrüdern.
    Als Cromwell gestorben war und die Stuarts auf den Thron zurückkehrten, übergab Hill die Schlüssel der Garnison an Lochiel und verließ Lochaber. Die Wehranlagen von An Gearasdan dubh waren nutzlos geworden, Camerons Pächter klaubten sich Ziegel und Latten heraus, die ihnen zum Hausbau taugten; Gras und Moos überwucherten die Reste, bis Argyll kam. Er bediene sich der geschützten Lage, um mit den Kompanien seines Regiments zu exerzieren, erklärte er Rob, den er wie einen Ehrengast begrüßte. Der Mann, den er Rob so dringlich hatte vorstellen wollen, war ein mickriger Tiefländer namens Dalrymple, der Staatssekretär von Schottland werden wollte.
    Dalrymple sprach kaum, und tat er es doch, so spürte Rob in jedem Wort den Mi-run mor nan Gall, die tiefe, wie eingeborene Verachtung des Tieflandschotten für seinen Nachbarn aus dem Hochland. Er führte ein vollständiges Schreibgerät samt Tintenhorn und Löschsand bei sich, warf alle paar Augenblicke eine Zeile aufs Papier und war geschickt genug, sie im Gehen abzulöschen. Welchen Nutzen sie beide aus ihrer Bekanntschaft ziehen sollten, erwähnte Argyll nicht. Stattdessen lud er zum Trinken in die notdürftig hergerichteten Offiziersquartiere ein. Nur mühsam kam ein Gespräch in Gang. Überall waren Arbeiter beschäftigt, ständig trat jemand ein, der von Argyll etwas wollte. Ohnehin war alles belanglos, was Argyll anschnitt. Von Pferden sprach er, bedauerte, dass Rob nicht auf dem Goldfuchs gekommen war. Wäre von dem feinen Tier einmal ein Fohlen zu haben, so wolle er sich dies etwas kosten lassen.
    »Robert hat eine Hand für Pferdezucht«, sagte er zu Dalrymple. »Mir ist daran gelegen, dass meine Offiziere sich auf Pferde verstehen. Selbst wenn wir im Hochland nicht immer auf Pferde zurückgreifen können, sind sie da, wo ihr Einsatz machbar ist, von unschätzbarem Wert.«
    Dalrymple musterte Rob, als solle er ihn kaufen.
    »Ich bin nicht Euer Offizier!«, entfuhr es Rob. Stolz wallte in ihm auf, weil er dieses Bekenntnis so ohne Zagen abgab.
    Argyll hieß seinen Diener, ihm von dem köstlichen Wein nachzuschenken, der dunkel und schwer war und nach den goldenen Tagen von Meggernie schmeckte. »Nein«, sagte er, »zumeinem Bedauern seid Ihr es nicht. Vergesst jedoch nicht, mein Freund, dass Ihr es sein könntet, hier und von heute an.«
    Rob hatte zwischen zwei Schlucken innegehalten und auf einmal hellsichtig erkannt, dass Argylls Regiment offenbar stetig wuchs; inzwischen unterstanden ihm zwölf Kompanien, befehligt von strammen Offizieren, gut ausgebildet, gut genährt und in den besten Jahren. Er dagegen hatte seine besten Jahre hinter sich. Es war das erste Mal, dass Rob sich dies eingestand, und es schmerzte, aber die Frage stellte sich von selbst: Was wollte Argyll so dringlich mit ihm?
    Rob hatte Wein getrunken, um darüber nicht mehr nachzugrübeln, und kurz darauf hatte Argyll vorgeschlagen, sie sollten sich schlafen legen. Anderntags war er bereits zurück nach Glenlyon geritten.
    »Ich wünschte, Ihr hättet Euch diesmal für mich entschieden«, hatte Argyll ihm zum Abschied gesagt. »Ich gestehe, ich bin ein wenig enttäuscht. Damals, als wir von unserer Liebe zu Schottland sprachen, war ich nämlich überzeugt, in Euch einen Mann zu finden, der nicht nur mit der Zunge schnell entschlossen ist. Sein Bett aber muss ein jeder sich selbst bereiten, dabei wünsche ich Euch Glück.«
    »Ich wünsche Euch hier dasselbe.«
    »Ich werde hier nicht mehr lange bleiben«, entgegnete Argyll, auf einmal frostig. »Dieser Tage reise ich mit Dalrymple nach London. Ich bin dieses Lebens unter Barbaren, dieses Saustalls, in dem mein armes Schottland feststeckt, müde.«
    Auf dem Heimweg war Robs Stolz darauf, Argyll die Stirn geboten zu haben, noch ein wenig gewachsen, und im Abendlicht träumte

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