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Glennkill: Ein Schafskrimmi

Glennkill: Ein Schafskrimmi

Titel: Glennkill: Ein Schafskrimmi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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beklagen. Sie waren nicht sehr abwechslungsreich, aber sie waren friedlich.
    Jetzt dachte Mopple zum ersten Mal darüber nach, wie Schafe aussahen. Zora zum Beispiel: elegante Nase und ein samtschwarzes Gesicht, graziös gebogene Hörner (Zora war in Georges Herde das einzige weibliche Schaf mit Hörnern, und sie standen ihr ausgezeichnet), großer wolliger Körper und vier lange gerade Beine mit zierlichen Füßen. Der Kopf war vielleicht das schönste, aber bestimmt nicht das größte Körperteil eines Schafs.
    Mopple wand sich unbehaglich hin und her, fest entschlossen, nicht in Panik zu geraten – jedenfalls nicht sofort. War es richtig, sich einfach so durch ein Loch davonzumachen, heimlich und hinter dem Rücken aller anderen Schafe? Er hatte zwar seine Gründe – aber waren es gute Gründe? Einmal bekam er früher und öfter Hunger als die anderen. Kein schlechter Grund. Mopple streckte den Hals, bekam ein Büschel Gras zwischen die Zähne und beruhigte sich etwas.
    Der andere Grund war komplizierter. Der andere Grund war Sir Ritchfield oder Mopples Gedächtnis oder Miss Maple oder vielmehr: alle drei zusammen. Ein Indiz. In Georges Krimi hatte es viele Indizien gegeben, doch George hatte das Buch weggeworfen. Aber Miss Maple würde wissen, was mit einem Indiz zu tun war. Und Ritchfield versuchte zu verhindern, dass Mopple es Maple verriet. Also musste Mopple durch das Loch. Um es Miss Maple heimlich zu sagen. Sie war nicht im Heuschuppen, also musste sie irgendwo dort draußen sein. Oder etwa nicht?
    Vorher war ihm alles ganz einfach vorgekommen, aber jetzt stach ihn ein spitzes Stück Holz in die Flanke, und Mopple hatte schreckliche Angst, sich zu verletzen und auszulaufen wie Sir Ritchfield. Die Schafe waren sich einig, dass Sir Ritchfield irgendwo ein Loch haben musste, aus dem seine Erinnerungen ins Nichts versickerten. Sie wagten es aber nur zu sagen, wenn Ritchfield außer Hörweite war. Mittlerweile war es nicht mehr schwer, außer Hörweite von Sir Ritchfield zu sein.
    Mopple versuchte, sich dünner zu machen. Das Stechen ließ nach. Er atmete auf, und sofort bohrte sich die Spitze wieder in seine Seite. Jetzt war die Panik ganz nah. Mopple spürte sie in seinem Nacken wie ein Raubtier, und dass er sich nicht nach ihr umdrehen konnte, machte die Sache nur schlimmer. Er würde auslaufen, schlimmer als Sir Ritchfield, er würde alles vergessen, sogar, dass er aus diesem Loch herauswollte. Und dann würde er ewig hier festsitzen und erbärmlich verhungern. Verhungern – er, Mopple the Whale!
    Mopple machte sich so dünn, dass Sterne vor seinen Augen tanzten, und strampelte panisch mit den Hinterbeinen.
     
    *
    Othello hatte die halbe Nacht draußen auf der Weide verbracht, triefnass und in fiebriger Aufregung. Würde er zurückkommen? Von dem Moment an, als Othello Sir Ritchfield gesehen hatte, hatte er es heimlich gehofft. Und gefürchtet. Jetzt war es passiert. Die Erinnerung einer Witterung hing noch immer in Othellos Nüstern, verwirrend, unverkennbar. Gedanken kreisten wie Nebelwirbel durch seine Hörner. Freude, Ärger, Wut, tausend Fragen und eine kribbelnde Verlegenheit.
    Aber Othello hatte gelernt, die Wirbel im Kopf zurückzudrängen. Durch die Nebelfeuchtigkeit witterte er Richtung Heuschuppen: schweißige Nervosität und ein säuerlicher Verwirrungsgeruch. Unruhe hatte die Herde ergriffen. Und das zu Recht: Selbst Othello kam der Nebel heute nicht geheuer vor.
    Ritchfield ließ seine Schafe noch immer nicht aus dem Trockenen. Umso besser. Othello fragte sich, was sich der Leitwidder davon erhoffte. Wusste Ritchfield, wer letzte Nacht auf ihre Weide gekommen war? Versuchte er es vor den anderen Schafen zu verbergen? Warum?
    Der schwarze Widder dachte kurz darüber nach, welche Richtung er einschlagen sollte. Die unwahrscheinlichste Richtung natürlich. Er trabte zu den Klippen. Hier hatten der nächtliche Regen und die nebelige Luft alle Witterungen weggewaschen. Othello hielt seinen Kopf etwas schräg und suchte mit den Augen nach Spuren, wie es vielleicht ein Mensch getan hätte. Er schämte sich ein bisschen deswegen.
    Fast taub und fast ohne Geruch, hörte er die bekannte, immer ein wenig spöttische Stimme tief in seinem Kopf sagen. Eine Stimme aus der Erinnerung, begleitet vom Rauschen schwarzer Krähenflügel. Wenn du wissen willst, was die Zweibeiner wissen, musst du dir überlegen, was sie nicht wissen. Für sie zählt nur das, was das Auge sieht. Sie wissen nicht mehr als wir,

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