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Glenraven

Glenraven

Titel: Glenraven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Blicken geschützt wäre… o nein… sie liegt nur in der Nähe des Waldes.«
    »Der Reiseführer hat Inzo nicht gerade empfohlen«, erwiderte Jayjay. Sie fühlte sich schuldig, daß Sophie ihren Aufenthalt nicht genießen konnte. Ihre Freundin sollte wieder zu sich selbst finden. Jay hatte gehofft, daß ein wundervoller Urlaub dabei helfen würde. »Die Städte werden aufregender sein.«
    »Ich weiß nicht, wieviel Aufregung ich noch ertragen kann.« Sophie beobachtete eines der hageren, temperamentvollen Hühner. »O ja. Und denk daran, eine Handvoll Blätter mitzunehmen. Wahrscheinlich hat noch keiner von Inzos brillanten Geistern das Toilettenpapier erfunden.«
    »Oh… wunderbar.«
    Jayjay ging in Richtung des Waldrandes. Sie erinnerte sich daran, daß Sophie sowieso ein Morgenmuffel war. Nachdem sie jedoch herausgefunden hatte, was man in Inzo unter Kanalisation verstand, mußte sie ihrer Freundin zustimmen. Der kleine Graben war alles andere als malerisch.
    Während sie so dastand, kam sie sich verdreckt und stinkend vor. Sie hätte jeden Preis für eine Badewanne bezahlt… und ihre komplette Reisekasse darauf verwettet, daß man im ganzen Dorf nichts Derartiges finden konnte.
    Sie seufzte und ließ den Blick über Inzo gleiten. Bei Tageslicht wirkte das Dorf noch dreckiger, verstaubter und armseliger als bei Nacht. Sie wußte, was das Wort ›arm‹ bedeutet. Die mit Palmzweigen bedeckten Hütten im Hochland Guatemalas, die von nackten Kindern mit Hungerbäuchen bewohnt wurden und von Erwachsenen, die mit 30 alt aussahen, waren ihr lange Jahre in Erinnerung geblieben. Aber selbst in den abgelegenen Bergdörfern Guatemalas hatte sie Fernsehantennen gesehen, Stromleitungen, sogar ein paar Autos. Selbst in den kleinsten Dörfern Guatemalas waren nicht alle Menschen arm.
    In ihrem ganzen Leben hatte Jay noch nie ein solches Elend gesehen wie hier in Inzo. Die Menschen hier besaßen gar nichts .
    Ich hätte diesen Platz nicht als unser erstes Ziel auswählen sollen.
    Sie hakte die Daumen in den Gürtel und sah sich um. Das Dorf lag am Waldrand. Die Felder, durch die sie und Sophie vergangene Nacht geritten waren, endeten abrupt vor einer Wand aus Bäumen. Es hätte fünfzig Männer gebraucht, um die Stämme einiger dieser altehrwürdigen Riesen zu umfassen. Jayjay war der festen Überzeugung, daß manche dieser verwitterten Giganten bereits gestanden hatten, als Christoph Kolumbus ausgezogen war, um einen kürzeren Weg nach Indien zu entdecken.
    Sie blickte durch die samtenen, grünen Schatten auf eine weiter weg gelegene Lichtung. Dünne Strahlen goldenen Lichts schienen auf die einladende Fläche eines moosbewachsenen Felsens. Blaßgelbe und violette Flecken flackerten gelegentlich durch die Lichtstrahlen. Schmetterlinge der unterschiedlichsten Arten tranken Nektar aus einer wahren Flut weißer Blüten, die den Rand des Felsens säumten. Selbst von ihrer Position aus konnte Jay das regenbogenfarbige Schimmern der Sonnenstrahlen auf dem Tau erkennen. Es hätte das Paradies sein können.
    Das Gefühl, als habe sie ihre wahre Heimat entdeckt, kehrte wieder zurück. Sie vergaß den Schmutz und das Elend Inzos. Die Schönheit des uralten Waldes wusch alles hinweg. Jay konnte sich undeutlich an einige Kommentare über die Wälder Glenravens in ihrem Reiseführer erinnern. Unter anderem stand darin zu lesen, daß in den Wäldern des Landes Lebewesen anzutreffen waren, die im restlichen Westeuropa längst ausgestorben seien - Lebewesen, die einen Menschen töten konnten. Wo auch immer diese Räuber jagen würden… bestimmt nicht in der Nähe dieses wunderschönen Ortes.
    Jay fragte sich, wie Sophie einfach daran vorbeilaufen konnte? Dieser eine einzige Anblick ließ sie die kratzenden Strohmatratzen in der schäbigen Dachkammer vergessen. Er machte das Schlafen mit Hühnern bedeutungslos. Er machte das Fehlen eines heißen Bades… na, ja, Jay verlangte es immer noch nach einer Badewanne, aber sie ging davon aus, daß Sophie und sie noch bis Reikstor oder Zearn aushalten würden.
    Jay betrat den Wald und hielt auf die Lichtung zu. Sie wollte sich auf den Felsen setzen und eine Weile den Schmetterlingen zusehen, bevor sie und Sophie sich wieder auf die Pferde schwangen und zur nächsten Stadt aufbrachen. Das würde sie wenigstens für das fehlende Bad entschädigen.
    Das heimelige Gefühl wurde stärker… die Gewißheit, daß sie ihr ganzes Leben darauf gewartet hatte, diesen Platz zu finden. Jay betrat den tiefen

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