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Glitzerbarbie

Glitzerbarbie

Titel: Glitzerbarbie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi Wolff
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Schluss zulassen könnte, dass er mich doch nicht ins Bett kriegen möchte. Oder aber er hat absichtlich zwei Zimmer gebucht, um mich im Glauben zu lassen, dass er ein netter Mensch ist, vor dem man sich als halbwegs attraktive Frau nicht fürchten muss. Dann wird er mir vorschlagen, mich frisch zu machen, weil wir den Abend für einen ausgiebigen Kiez-Bummel nutzen werden, um dann, wenn ich betrunken genug bin, zu versuchen mich rumzukriegen.
    »Was halten Sie davon, wenn wir heute Abend die Reeperbahn ein wenig unsicher machen?«, fragt mich Roland Dunkel. »Haben Sie Lust?«
    Hab ichs nicht gesagt? Aber das klingt fast freundlich. Zu freundlich. Andererseits – was kann schon groß passieren? Ich sehe wieder nur Gespenster. Und Menschen können sich ändern. Auch wenn sie Roland Dunkel heißen. »Klar«, sage ich. Und dann sage ich: »Ich hab richtige Lust, mich zu betrinken!« Roland Dunkel grinst. »So muss das sein, Frau Schatz! Also los!«
     
    Wir checken im Hotel ein und laufen dann auf den Kiez. Es ist nicht zu fassen, aber Roland Dunkel ist tatsächlich nett. Also wirklich NETT . In einem Irishpub (entsetzliche Musik, warum müssen irische Sänger eigentlich immer so tun, als wäre dieses Lied ihr letztes?) erzählt er mir von seiner Ehe und warum das
alles so gekommen ist und wieso und überhaupt. Nach acht Guinness trinken wir Brüderschaft, nach weiteren sechzehn behauptet er, in mir eine Freundin fürs Leben gefunden zu haben.
    Ich werde zunehmend lockerer. Wir ziehen weiter und landen schließlich in einer Travestie-Kneipe, was uns aber auch nicht weiter stört.
    Roland erzählt, dass er viele Jahre profimäßig Regatten gesegelt ist. »Eine wunderbare Zeit«, schwelgt er, während er seinen vierten Gin Tonic trinkt. »Wir waren eine große Familie, die Jungs an Bord. Alles haben wir zusammen gemacht, auch in den Pausen an Land. Wir sind tatsächlich Hand in Hand über die Straßen gelaufen! Ist das nicht toll?« Ich nicke. »Irgendwann werde ich mir eine X kaufen! Um wenigstens noch ein bisschen Seeluft zu schnuppern!« Ich beschließe, ihn nicht zu fragen, was »eine X« ist. Weil ich Angst habe, dass ich dann einen Vortrag über Segelboote an sich und überhaupt gehalten bekomme. Es reicht mir schon, dass ich mir das Gelaber über das Leben an Bord auf den Regatten anhören muss.
    »Wir mussten sogar die Zahnbürsten abschneiden wegen des Gewichts. Und jeder hatte für drei Monate nur ein Paar Socken dabei wegen des Gewichts. Und ernährt haben wir uns mit spezieller Tütenkost, da war nichts mit Kochen und so an Bord wegen des Gewichts. Wir mussten alle unsere Tagesrationen wegen des Gewichts anpassen und aufteilen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie toll das war, als wir einmal nach dem General’s Cup im Hafen eingelaufen sind. Drei Monate aufs Gewicht achten! Furchtbar. Ich habe erst mal zehn Hamburger gegessen!«
    Das glaube ich ihm aufs Wort. A) wegen des Internats und B) wegen der Hotdogs vorhin am Hauptbahnhof. Weiterhin bekomme ich langsam die Befürchtung, dass er ein Verwandter von Sylvester ist. Wegen des Gewichts.
    Am Nebentisch knutscht ein Pärchen wild herum. Eigentlich hätte ich auch Lust zu knutschen. Roland Dunkel ist wirklich attraktiv, verdammt. Und was ist schon dabei? Schließlich bin ich Single. Verführerisch blicke ich Roland an.
    »Warum schielst du denn?«, fragt der mich. »Das sieht ja lustig aus!«
    Warum nur kann ich nicht einmal ein Vamp sein? Oder wenigstens so wirken? Warum müssen immer so peinliche Sachen passieren? Und dann immer mir? Warum bin ich in den entscheidenden Situationen meines Lebens entweder dumm, verhaltensblond oder besoffen? Ich glaube, es gibt niemanden auf der ganzen Welt, der mir diese Frage beantworten kann. Und ich selbst kann sie mir am allerwenigsten beantworten. Würde ich im Mittelalter leben, könnte ich gut ein Hofnarr sein. Wenigstens für kurze Zeit. Nach ein paar Wochen würden mir wahrscheinlich die Ideen für die Belustigung der Herrschaft ausgehen, und irgendein König würde mich öffentlich köpfen lassen. Wenn ich an Heinrich VIII . geraten wäre, hätte ich ihn vielleicht dazu gekriegt, mich zu heiraten. Der hat ja alle gleich geheiratet. Aber weil ich dann nur Töchter und keinen Sohn bekommen hätte, wäre mein Kopf früher oder später doch noch gerollt.
    Gegen vier Uhr morgens meint Roland, dass es doch besser wäre, wenn wir jetzt schlafen gingen. Ich wittere noch eine klitzekleine Chance, als er mit mir vor meinem

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