Global Warning
Du hast mir das Leben gerettet.«
Sie verknotete den Faden des letzten Stichs und stieg über Jonas, der immer noch bewusstlos hinter ihr auf dem Boden lag.
»Mein Gott, Erin. Hör auf damit.«
Er warf einen Blick auf die Wunde und machte sich unter Schmerzen daran, sein Hemd anzuziehen. »Bist du verheiratet?«
»Was? Nein, natürlich nicht.«
Erin nickte langsam und runzelte dabei die Stirn. Es war eine Angewohnheit, an die sie sich noch gut erinnern konnte. Er wollte etwas sagen, konnte aber nicht die richtigen Worte dafür finden.
»Jenna, warum hast du es getan?«
»Du weißt, warum.«
»Nein, ich meine nicht Alaska. Das ist mir egal. Ich glaube, ich will wissen, ob es dir leicht gefallen ist, einfach wegzugehen und mich glauben zu lassen, du wärst tot.«
»Leicht? Es war das Schwerste, das ich je in meinem Leben getan habe. Ich...« Sie brach ab. »Damals hielt ich das, was ich tat, für wichtiger als mich oder dich. Wichtiger als alles andere.«
»Du brauchst nicht zu lügen, damit es mir besser geht, Jen. Ich weiß, dass dir nicht gefallen hat, was ich in meinem Buch geschrieben habe. Unsere Beziehung basierte ja schließlich auf Gemeinsamkeiten - wie bei anderen auch. Vielleicht habe ich mich verändert und du nicht. Ich kann verstehen, warum du aufgehört hast, mich zu lieben.«
»Glaubst du das wirklich?«
»Ich weiß es nicht.«
Jenna starrte auf das Isolierband, mit dem Jonas’ Hände gefesselt waren, nahm es im Grunde genommen aber gar nicht wahr. Was war jetzt das Richtige? Sie wollte ihm nicht die Wahrheit sagen - dass seitdem kein Tag vergangen war, an dem sie nicht an ihn gedacht hatte. Doch sie hatte Angst, dass das alles nur noch schlimmer machte.
»Wir müssen jemanden anrufen«, sagte sie, während sie insgeheim darum betete, dass er nicht auf einer Erwiderung beharrte. Zumindest fürs Erste.
Erin drehte sich um und verließ ohne ein Wort das Haus.
Was hatte sie erwartet? Ein fröhliches, unbeschwertes Wiedersehen ohne Altlasten oder Erwartungen?
Als sie ihn fand, stand er am Rand der Einfahrt und starrte in die dunkle Wüste hinaus. Ihre Schritte waren
auf dem sandigen Boden nicht zu hören, doch er schien zu spüren, dass sie hinter ihn trat.
»Erin. Wir müssen jemanden anrufen.«
Als er nicht antwortete, ging sie noch ein paar Schritte auf ihn zu, blieb aber hinter ihm.
»Wenn du recht hast, und Michael tatsächlich auch die übrigen Bohrlöcher mit Injektionssonden infizieren will, müssen wir versuchen, ihn aufzuhalten.«
»Jenna, es ist zu spät!«
»Es ist nicht zu spät! Es darf nicht zu spät sein. Was wird passieren, wenn es ihm gelingt? Wir reden hier nicht mehr von einer kleinen Aktion. Wir reden davon, dass Menschen hungern werden. Wegen meiner Bakterien. Wegen etwas, das ich getan habe.«
»Ja. Wegen etwas, das du getan hast.«
»Danke, Erin. Das ist genau das, was ich jetzt hören wollte.«
»Was du hören wolltest?«, sagte er, während er sich plötzlich zu ihr umdrehte. »Oh, tut mir leid. Habe ich etwas Taktloses gesagt? Bist du etwas ungehalten darüber, dass du mein Leben zerstört und die Welt in die Pfanne gehauen hast?«
Als sie noch zusammen gewesen waren, hatte es nie viel Streit gegeben, doch wenn sie sich einmal in den Haaren gelegen hatten, war es heftig zur Sache gegangen. Sie engagierten sich beide leidenschaftlich für viele verschiedene Dinge, die manchmal heftig miteinander kollidierten.
»Du hast immer recht, nicht wahr? Du würdest nie etwas tun, das nicht bis zur fünfzehnten Stelle nach dem Komma berechnet ist, stimmt’s? Aber wer hat dich abgeholt und nach Hause verfrachtet, wenn du dich wieder
mal bis zur Besinnungslosigkeit besoffen hattest? Oder sich zwischen dich und eine Rockergang gestellt, mit der du Streit angefangen hattest?«
»Willst du eine kleine Kneipenrauferei mit der Zerstörung der weltweiten Energieversorgung vergleichen?«
»Ich habe doch zugegeben, dass ich Mist gebaut habe. Und das auch noch kräftig. Aber wenn sich jemand vorstellen kann, warum ich es getan habe, dann du . «
Sie schwiegen und starrten sich durch die Dunkelheit hindurch an. Keiner von ihnen wollte der Erste sein, der etwas sagte.
Wie immer gab Erin zuerst nach. »Die Regierung sucht einen Sündenbock, und wenn wir sie anrufen, wirst du das sein. Es wird ihnen egal sein, dass du gar nichts damit zu tun hattest.«
»Ich hatte sehr wohl etwas damit zu tun.«
»Du weißt, was ich meine«, erwiderte er. »Du solltest weglaufen. Geh nach
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