Global Warning
als Teague die Tür öffnete und mit seinen Stiefeln im Matsch landete. Er hielt es für überaus passend, dass er die letzte Phase seines Plans umgeben von unberührter Wildnis und Stille ausführen würde.
Für ihn war es ein Ansporn - eine ständige Erinnerung daran, zu welchem Zustand die Welt zurückkehren würde. Die geschmacklosen Strandhäuser würden weggespült werden, die leeren Straßen von Manhattan Risse bekommen und sich verschieben, wenn die Gebäude langsam über ihnen zusammenbrachen. Und über die Prärie würden wieder riesige Bisonherden ziehen.
Udo wollte gerade nach dem Behälter mit den Bakterien greifen, als Teague sich wieder hereinbeugte und die Hand danach ausstreckte. Der Deutsche wich zurück und überließ es Teague, die Thermosflasche zwischen den Sitzen hervorzuholen. Der Wind ließ das Metall in seinen Händen sofort kalt werden, und aus irgendeinem Grund erschien ihm auch das passend.
Als Teague das Gebäude betrat, hatte Jonas die Generatoren und das Licht bereits eingeschaltet und stand vor einem Fernseher. Er sah sich die neuesten Berichte an, die seine Befürchtungen bestätigten.
»Die Ölsandfelder sind vollständig abgeriegelt«, sagte er. »Sie setzen Spähflugzeuge ein und lassen das Gebiet von Satelliten überwachen. Sämtliche Straßen sind von der Armee abgesperrt worden.«
»Was spielt das denn für eine Rolle?«, fragte Teague, während er den Behälter auf einen Tisch stellte, der mit einer dicken Staubschicht überzogen war. »Wir sind keine zweihundert Kilometer vom Rand des Ölsands entfernt.«
»Aber sie sind ganz in der Nähe«, warf Udo ein. »Sie wissen über die Details Bescheid.«
»Sie haben keine Zeit mehr.«
Udo sah seinen Bruder an und schüttelte fast unmerklich
den Kopf. Offenbar hatten sie vorher schon unter vier Augen darüber gesprochen.
»Ich weiß, was du von Erin Neal hältst«, sagte Udo. »Aber es wäre ein Fehler, ihn oder Jenna zu unterschätzen. Sie sind Experten auf diesem Gebiet. Und über diesen Mark Beamon haben wir einiges im Internet gefunden. Er hat eine ähnliche Reputation in Bezug auf seine Arbeit. Sie kennen uns, sie kennen das Bakterium, und sie haben bereits herausgefunden, dass wir die Ölsandfelder benutzen werden, um...«
»Und trotzdem haben wir es bis hierher geschafft«, unterbrach ihn Teague wütend. »Trotz Jenna, trotz Erin Neal und trotz des besten Mannes, den der Heimatschutz zu bieten hat.«
»Aber...«
»Das reicht!«
Er nahm die Thermosflasche vom Tisch und ging in die Mitte des Raums, wo eine dicke Rohrleitung aus dem betonierten Fußboden ragte.
Drei Meter unter der Erde war die Rohrleitung mit einer alten Pipeline verbunden, die Hunderte Kilometer nach Norden zu einer aufgelassenen Ölförderungsanlage inmitten der Ölsandfelder führte. Bevor die Pipeline stillgelegt worden war, hatte sie Öl zu einem größeren System transportiert, das über die Grenze hinweg bis in die Vereinigten Staaten führte.
Der Teil der Rohrleitung, die sich bis unter die Ölsandfelder schlängelte, enthielt jetzt ein Gemisch aus Öl und Düngemittel, das die Wachstumsrate der Bakterien exponentiell erhöhen würde. Sobald seine Schöpfung dort drin war, würde sie sich unkontrolliert vermehren, bis sie die
Rohrleitung in ihrer gesamten Länge ausfüllte. Und dann brauchte er sie nur noch freizusetzen.
»Michael!«, brüllte Jonas. »Komm her.«
Teague ignorierte ihn, bis Udo seinem Bruder zu Hilfe kam. »Michael, bitte! Das musst du dir ansehen.«
Teague seufzte genervt und ging zum Fernseher. Als er auf dem Bildschirm ein Foto von sich sah, erstarrte er. Es zeigte ihn bei einem Vortrag in Yale. Der Ton wurde lauter, als Fotos von Udo und Jonas neben dem seinen auftauchten, doch Teague hörte gar nicht zu.
Sie waren in einer unbewohnten Gegend in der kanadischen Wildnis, weit weg von dem Gebiet, auf das die Regierung sich konzentrierte, und weit weg von jedem, der sie anhand dieser Fotos identifizieren konnte. Wieder einmal waren sie den anderen einen Schritt voraus.
»Sie sagen gar nichts über Jenna«, bemerkte Udo. »Wir hatten recht. Sie muss für die Regierung arbeiten.«
Jonas knallte die Fernbedienung auf den Tisch und rannte durch eine Tür in den hinteren Teil des Gebäudes, doch Teague achtete nicht darauf und fuhr fort, sein Foto auf dem Bildschirm anzustarren.
Er hätte gern noch einen Monat in Anonymität verbracht, doch letzten Endes spielte es keine Rolle, dass sein Name bekannt geworden war. Es
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