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Glockenklang von Campanile

Glockenklang von Campanile

Titel: Glockenklang von Campanile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Gordon
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gewettet?”, wiederholte sie und starrte auf das Häubchen der kleinen Schwester.
    Mutter Lucia lachte glucksend. “Jawohl, um drei Schokoriegel! Dr. Antonio beharrt darauf, dass es kein Weihnachtsbaby gibt, weil niemand fällig sei. Er muss Sie vergessen haben.”
    “Nein, ich bin keine Patientin hier”, stellte Sonia schnell klar. “Ich bin zu Besuch aus England da.”
    “Oh!” Enttäuschung zeigte sich im Gesicht der Schwester.
    “Außerdem bin ich erst im achten Monat.”
    “Ich hätte gedacht, Sie wären schon weiter”, meinte Mutter Lucia und beäugte sie kritisch. “Ich glaube, ich gewinne doch noch. Ich werde für die Madonna eine Kerze anzünden. Das hat schon oft geholfen.”
    Sonia hatte sich zwar daran gewöhnt, dass für viele Italiener die Madonna eher eine freundliche Tante als eine Ehrfurcht gebietende Ikone zu sein schien. Bei Mutter Lucias praktischen Worten blieb ihr jedoch der Mund offen stehen. Die Schwester warf noch einen siegesgewissen Blick auf ihren Bauch, dann eilte sie geschäftig davon.
    Giovanna war im zweiten Stock untergebracht. Sie lag still da, ihre Hand schlaff in Tomasos. Er saß neben ihr, die Augen auf ihr Gesicht gerichtet. Ab und an tätschelte er ihren Handrücken und schaute, ob sie reagierte. Aber sie schien ihn gar nicht wahrzunehmen, sondern den Blick auf einen Punkt tief in sich gerichtet zu haben. Sonia tat das Herz weh, als sie Tomasos Gesicht sah. Kummer und Trauer spiegelten sich in seiner Miene, weil jeder Versuch, seine Frau zurückzubringen, bevor sie ihn für immer verließ, fehlschlug.
    Er blickte auf, lächelte flüchtig und erhob sich.
    “Ich sollte böse auf dich sein.” Sonia deutete auf ihren Bauch. “Du hast gesagt, du hättest Francesco davon berichtet …”
    Tomaso zuckte auf typisch venezianische Art mit den Schultern. “Manchmal ist es gut, die Wahrheit zu sagen”, erklärte er weise. “Manchmal … besser nicht. Sie wird sich freuen, dass du gekommen bist”, fuhr er rasch fort, ehe Sonia antworten konnte. “Die anderen waren alle schon hier, aber sie fragt nur nach dir.”
    Sonia trat ans Bett und war schockiert, wie hinfällig Giovanna aussah. Sie war immer eine kräftige Frau gewesen, groß und breit, mit einer Ausstrahlung, als könnte sie es mit der ganzen Welt aufnehmen. Nun aber war sie nur noch ein schwacher Abglanz ihrer selbst. Sie öffnete die Augen und blickte Sonia an.
    “Du bist gekommen”, murmelte sie überrascht.
    “Natürlich.” Sonia wusste nicht so recht, was sie sagen sollte.
    “Ich dachte, du … weigerst dich”, hauchte Giovanna in ihrem gebrochenen Englisch.
    “Nein, ich bin so schnell wie möglich aufgebrochen, als ich hörte, du wolltest mich sehen.” Das stimmte zwar nicht ganz, aber Tomaso hatte recht. Manchmal war es besser, nicht die Wahrheit zu sagen.
    “Schlecht, dass du fortgegangen bist”, murmelte Giovanna. “Besser, ich wäre gegangen … Ich habe Schlechtes getan, aber … ich habe es nicht so gemeint.”
    “Es liegt nicht an dir”, beschwichtigte Sonia. “Es hatte mit mir zu tun. Unsere Ehe war von Anfang an ein Fehler. Francesco kann jemanden finden, der besser zu ihm passt.”
    “Besser als die Frau, die er liebt?”, fragte Giovanna. “Besser als die Mutter seines Kindes?”
    Sie hatte die Schwangerschaft also doch bemerkt.
    “Du weißt nicht …”, flüsterte Giovanna und holte zitternd Atem.
    “Was weiß ich nicht?”
    “Ein Baby … ändert alles. Nichts bleibt wie vorher – auch die Liebe nicht. Aber du liebst ihn nicht, oder?”
    “Nein – vielleicht – ich weiß es nicht.”
    “Meine Schuld”, seufzte Giovanna erschöpft. “Ich habe es versucht, aber … nicht geschafft. Zu spät.”
    “Ich verstehe nicht.”
    “Wie solltest du auch. Es ist schon lange, lange her.” Sie seufzte. “Spielt jetzt keine Rolle mehr.”
    “Doch, das tut es.” Irgendetwas in Giovannas Ton beunruhigte Sonia. Die Ältere versuchte ihr etwas zu sagen, und sie verstand es nicht. Sie hatten einander nie verstanden. “Erzähl es mir.”
    Plötzlich umklammerte Giovanna ihre rechte Hand fast schmerzhaft. “Nicht … wie … ich …”, begann sie, dann aber lockerte sich ihr Griff, und sie fiel ins Kissen zurück, sichtlich erschöpft. Sie schloss die Augen.
    “Es tut mir leid.” Sonia wandte sich ratlos an Tomaso und Francesco. “Ich habe sie wohl ermüdet.”
    “Du hast getan, was du konntest”, erwiderte Tomaso. “Du bist hergekommen.”
    Voller Mitleid für die kranke alte

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