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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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und ins Wasser sprangen, um zur Insel hinüberzuschwimmen, während die Ritter in Schrecken und Ehrfurcht auf die Knie niederfielen, die Waffen fallen ließen, die Arme zum Himmel streckten und mit allen Zeichen der Furcht und Demut vor dieser Himmelserscheinung den wundersamen Wagen anstarrten, der nun still geworden war. Schließlich rappelte Meister Florestan Wallis sich auf, zwang sein widerwilliges Helmvisier auf, fuchtelte mit den Armen und schrie der Menge zu:

    »Welch magischer Schrecken kann dies sein, Geht mir und den Rittern durch Mark und Bein!«

    Es waren seine eigenen Zeilen, da er es verschmähte, sich von Wheldrake soufflieren zu lassen, und Sir Amadis Cornfield als Ritter vom Silbernen Amulett gab zur Antwort:

    »Es ist Leviathan, von welchem die Legende berichtet, Der unser Schloß mit Feuer und Glut jetzt vernichtet!« Und Wheldrake rümpfte die Nase und zuckte die Achseln in dem Bemühen, der Menge (die ihn nicht beachtete) zu zeigen, daß er nicht der Verfasser dieser elenden Zeilen sei. Aber einem Minister der Krone mußte man zu Gefallen sein, selbst wenn dieser Minister von schwachem Verstand, voll Gelehrsamkeit und ohne Wissen, aufgeblasen und von den Göttern mit einem Gehör gestraft war, das den Gesang einer Nachtigall nicht vom Furz eines Schoßhundes unterscheiden konnte … Wheldrake sah mit müdem Blick, wie die zwei Hälften der Bronzekugel auseinanderklappten und eine enorme grüne Schlange freigaben, ganz aus Papiermaché gemacht, mit glitzernden Schuppen, rollenden Augen, beweglicher Zunge und aufeinanderschlagenden Zähnen, eine von Meister Tolchardes besten Schöpfungen. Daß die Menge dieses Ungeheuer als die bisher bei weitem beste Unterhaltung betrachtete, war aus ihrem tobenden Lärm ersichtlich. Nun wirbelten zwei Dutzend Mädchen in wehenden Gewändern an Wheldrake vorbei. Diese mit Girlanden spielenden Nymphen waren Tänzerinnen, die Meister Josias Priest zur Verfügung gestellt hatte, welcher mit geziertem Lächeln in der Nähe stand und die Mädchen anfeuerte. Sie waren alle jung, mit noch nicht voll entwickelten Figuren, jungenhaft wie attraktive Hermaphroditen, angeführt von einem der schönsten Geschöpfe, das Wheldrake je gesehen hatte (bei Mithras! Welch eine köstliche, jugendliche Tyrannin würde sie abgeben!). Hinter ihnen kam ein Faun mit boshaften, lüsternen Augen, der Bocksprünge vollführte und auf einer Rohrflöte blies, während in einem anderen, der Menge verborgenen Pavillon Musik zu spielen begann, welche die ätherische Stimme des Fauns verkörperte.
    Die grüne Schlange verließ die aufgeplatzte Bronzekugel und bewegte sich auf die Ritter zu, die sich nun mannhaft in einer Reihe aufstellten, ihre Waffen hoben und sich zum Kampf bereitmachten.
    Dann geschah eine weitere und erstaunliche Verwandlung,
    als die Schlange zu schrumpfen und in sich zusammenzufallen schien, um zu einer hübschen Barke zu werden, die eine schöne Riesin auf einem Korallenthron trug. Herrlich anzuschauen, mit kastanienbraunem Haar, Tugend ausstrahlend, eine silberne Zackenkrone auf dem verschleierten Kopf, blitzend von Juwelen, deren reflektiertes Licht jeden blendete, der sie betrachtete, hob sie einen perlenbesetzten Stab und lächelte den staunenden Helden zu, während ihre Nymphen sie umtanzten und mit Blüten überschütteten.
    Der Faun sprang wie ein leibhaftiger Dämon herum und schien die Luft mit seiner silbrigen Musik zu erfüllen, zu der die Mädchen mit süßen Stimmen sangen:

    »Wir grüßen unsre Königin mit Flöten und mit
    Harfentönen, Urganda laßt uns huldigen, der Weisen und der Schönen.
    Euch edle Ritter bittet sie, laßt ruhen doch den Streit, Die
Waffen mögen schweigen, jetzt und in aller Zeit. Und wisset,
es gibt keine größere Zauberin im weiten
Erdenkreis,
    Als die Herrscherin, der alle Helden singen Lob und Preis: Von Herzen und von Stimme wahr, des Elfenreiches Königin!«

    Und Wheldrake entsandte einen finster durchbohrenden Blick zu Florestan Wallis, der, begleitet von weiteren Kratzfüßen und Armgefuchtel, ausrief:

    »Der Hoheiten edelste diese ist, Wir wollen ihr Treue und Liebe schwören. Ihren Namen beschämt dieser niedere Zwist! Laßt statt der Kriegstrompeten uns Schalmeien hören!«

    Darauf fuhren die Mädchen, von der Musik begleitet, mit ihrem Lied fort:

    »So wie der Menschen Dummheit oft kann Scheußliches erzeugen,
    Und aus der kleinen Lüge schlimme Phantasien steigen, So kann die Wahrheit auch in drohender Gestalt

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