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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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seiner Marian?« Und er sang ihr eine Strophe daraus:
    »Zum Ufer trat Robin mit leisem Lachen, Denn seine Herzliebste dort war. ›O Marian, zur Braut will ich dich machen, Aus Liebe zu deinem goldnen Haar.‹«

    Dies erfreute sie, aber sie zügelte ihr Reittier nicht. Wieder sprengte sie ihm voraus, und wieder hatte er seine liebe Not, sie nicht aus den Augen zu verlieren, während er unter Ästen wegduckte und von Gezweig gepeitscht wurde, das ihn mit gelben und braunen Blättern überschüttete.
    Durch den Wald donnerte die wilde Jagd mit Schreien und Rufen, und während Quire der Königin nachsetzte, verfolgten Sir Amadis und Lord Gorius Alys Finch und Sir Orlando, der sich an ihre Seite geschoben hatte, während Lady Lyst ihrem Wheldrake auf der Spur blieb, der jedesmal, wenn die Zweige sein Gesicht und seinen Körper peitschten, vor Vergnügen kicherte und quietschte, so daß er sich kaum im Sattel zu halten vermochte. Und nur Sir Thomasin und Sir Vivien schienen sich der eigentlichen Jagd zu widmen.
    Die Kavalkade brach aus dem Wald in das milde Sonnenlicht einer breiten Hügelflanke hervor, überwachsen mit moosigem Gras und gesprenkelt mit Herbstzeitlosen, mühte sich zum Kamm hinauf und sah von dort, über die Wipfel glühender Buchen hinweg, die Meute in voller Jagd einen Fuchs verfolgen, der sich zweihundert Schritte vor ihr seinen Weg durch dichtes Farnkraut bahnte wie ein Lachs durch Wasser. Gloriana ließ ihr Pferd einen Augenblick lang verschnaufen, und Quire konnte sie einholen. Ihre Augen blitzten, das Gesicht war gerötet. »Oh, Quire! Wir sollten jeden Tag jagen!« »Jeden Tag, Gloriana«, schnaufte er.
    Der starkknochige Fuchs wurde wieder angespornt und jagte im Galopp den Hang hinab, und Quire, bei dem sich gewisse Schmerzen und Unbehaglichkeiten einzustellen begannen, blieb nichts übrig, als ihr zu folgen. Die glatten Buchenstämme sausten rechts und links an ihm vorüber, und seine Ohren waren voll vom Zischen des Windes, dem dumpfen Hämmern der Hufe, dem Keuchen seines eigenen Atems. Sie war eine gute Reiterin und hatte ein kräftiges, schnelles Pferd, aber er wollte nicht zurückbleiben. In einiger Entfernung erklangen die Jagdhörner. Sie brachen aus dem Buchenwald und in das goldene Dickicht der Farne. Tautropfen spritzten, und es roch schwer nach feuchter Erde und dem bitteren, gebrochenen Farnkraut. Quire war erstaunt über den Genuß, den der Duft ihm verschaffte, aber es gab kein Verweilen. Zäune und Gatter wurden übersprungen, Bachläufe durchquert, und die Jagd breitete sich aus, immer auf der Fährte der kläffenden Meute, die unbeirrt ihrer Beute folgte. »Hallo!«
    Quire blickte über die Schulter. Sir Amadis und Lord Gorius waren ein gutes Stück zurückgeblieben und hatten die Jagdgesellschaft beinahe verloren. Zu seiner Rechten ritten Alys und Sir Orlando; weiter voraus, gleichfalls zur Rechten, waren Sir Vivien und Tom Ffynne; während Gloriana unmittelbar vor ihm ritt und ihn vorwärts winkte, daß er nicht zurückbleibe. Und vor ihnen allen strömten die Hunde, die Jagdgehilfen und Bereiter über Hecken, Felder und Wiesen die Anhöhe hinab zu den breiten Wassern der Themse.
    »Da!« rief Sir Vivien. »Da! Er ist gesichtet!« Er wandte sich im Sattel um und wollte der Königin zeigen, wo er den Fuchs ausgemacht hatte, aber in diesem Augenblick setzte sein Pferd über eine kleine Böschung im sonst sanft geneigten Hang, Sir Vivien verlor das Gleichgewicht, schwankte seltsam im Sattel, griff nach der Pferdemähne und fiel samt Sattel schwerfällig vom galoppierenden Pferd.
    Die Königin war an ihm vorbei, ehe sie ihr Reittier zügeln konnte, aber Quire hatte seine schwarze Stute schon zum Stillstand gebracht und war heruntergesprungen, um neben dem stöhnenden Großkämmerer niederzuknien. »Mein Rücken …
    verdammt! Ich glaube, er ist gebrochen, Quire.«
    »Sicherlich ist es nur eine Prellung, Sir«, sagte Quire. »Wie ist es geschehen?«
    »Der Pferdeknecht … Gurt nicht festgezogen. Schon lag ich unten. Hätte mich selbst darum kümmern sollen … Diese Pferdeknechte vom Palast taugen zu nichts als zum Anschirren von Kutschpferden … ah!« Er litt große Schmerzen.
    Die Königin und Tom Ffynne hatten kehrt gemacht und galoppierten zurück. In der Ferne voraus verlor sich die Jagd zwischen Weidendickichten, sumpfigen Wiesen und Auwaldstreifen. Das Gebell der Meute drang einmal lauter, dann wieder leiser herüber. Sir Orlando Hawes, der Alys Finch bei sich hatte,

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