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Glück, ich sehe dich anders

Glück, ich sehe dich anders

Titel: Glück, ich sehe dich anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Ahrens
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zusammenfanden, Geschichten erzählten, Lieder sangen und passend dazu die Finger bewegten. Es war unsere »Gute-Nacht-Stunde«.
    Nach einem anstrengenden Tag war es Rolf und mir sehr recht, direkt vor dem Einschlafen der Kinder nur ein kurzes Einschlafritual – mit den Worten »Gute Nacht!«, einer liebevollen Umarmung und ein paar Küsschen – zu veranstalten und nicht noch lange Gutenachtgeschichten zu erzählen oder Einschlaflieder zu singen.
    Kurz vor Weihnachten geschah ein kleines Wunder: Loreen saß in der Wohnstube auf dem Teppich und hatte solche Becher vor sich, die man zu Türmen stapeln kann. Nach und nach setzte sie langsam und konzentriert einen Becher auf den anderen. Zum Schluss stellte sie sich hin, setzte den kleinsten Becher ganz oben auf den Turm und klatschte in die Hände. Ich lobte sie ausgiebig, klatschte ebenfalls begeistert in die Hände, umarmte und küsste sie. Loreen quietschte vor Vergnügen, schubste den Turm um und baute ihn erneut auf.

ABWECHSLUNG ARBEIT
    I m neuen Jahr kam mir der Gedanke, es könne mir gut tun, wenn ich nach meinem Erziehungsurlaub, der noch ein gutes halbes Jahr dauerte, in meinen Beruf als Sekretärin in einem Abfallwirtschaftsbetrieb zurückkehre. Ich hatte zwar nur wenig Lust darauf, mich von Bürgern wegen stinkender, mit Maden überfüllter Biotonnen beschimpfen zu lassen, für Mitarbeiter Kaffee zu kochen oder den Geschirrspüler auszuräumen. Andererseits konnten solche Arbeiten eine wohltuende Abwechslung zu meinem Alltag zu Hause sein. Und Louise und Loreen waren jetzt im Kindergartenalter, also würde die Betreuung sich eher erleichtern, hoffte ich.
    Ich meldete mich also frühzeitig bei meinem Chef und teilte ihm mit, dass ich nach meinem Erziehungsurlaub gern wieder arbeiten würde, aber mir dies nur unter gewissen Umständen möglich sei. Ich erhielt eine positive Rückmeldung und konnte mir sogar aussuchen, ob ich ganz- oder halbtags arbeiten wollte.
    Zunächst sah es so aus, als könne ich meine Ganztagsstelle wieder antreten, da Rolf sich seine Arbeit flexibel einteilte und Oma Karin und unsere Kinderpflegerin die Kinder in unserer Abwesenheit bestens versorgten. Es war jedoch auch abzusehen, dass ich häufiger freinehmen müsste oder fehlen würde, wenn die Kinder besondere Bedürfnisse hatten oder ich sie zum Arzt oder zu einer Therapie begleiten musste. Am liebsten hätte ich Schreibarbeiten und andere Bürotätigkeiten von zu Hause erledigt, aber dies war nicht möglich, da ich dort keine Telefonate aus dem Betrieb entgegennehmen konnte. Einen unbezahlten Sonderurlaub einreichen oder gar kündigen wollte ich nicht. Ich hatte nun schon so lange auf so vieles verzichtet, meinen Beruf, meine Arbeitsstelle wollte ich nicht auch noch aufgeben. Rolf und ich kamen zu der Ansicht, dass es am besten sei, wenn wir beide halbtags arbeiten gingen. Die Vorstellung, halbe Tage meinem alten Job wieder nachzugehen, meine ehemaligen Kollegen wiederzusehen und etwas Abwechslung zu haben, war verlockend.
    Einige nahe Menschen waren jedoch der Meinung, die Mutter muss für die Kinder da sein und der Mann arbeiten gehen. Aber ich war nun schon vier ganze Jahre aufopfernd für die Belange der Kinder zur Stelle gewesen. Und etwas finanzielle Beisteuerung durch meine Arbeit war hilfreich, denn dann konnten wir mal wieder auf einen Urlaub sparen oder uns etwas außer der Reihe leisten. Und wenn Rolfs Arbeitgeber mehr zu tun bekam, konnte Rolf auch einmal ein paar Stunden mehr arbeiten und Oma Karin würde die Kinder betreuen.
    Finanziell gab es bei uns einen ständigen Engpass. Wir hatten viele Ausgaben, den Abtrag für das Haus, den Lohn für die Kinderpflegerin oder einen Babysitter, die Haushaltshilfe zum Saubermachen, Versicherungen, Auto usw. Enorm hohe Ausgaben hatten wir zusätzlich für Nahrungsmittel, denn unsere beiden Mädchen vertrugen eine ganze Zeit lang aufgrund von Verdauungsstörungen und Nahrungsmittelallergien immer nur die kostspielige Gläschenkost sowie Säfte ohne Säure. Die Kranken- und Pflegegeldkasse erstatteten nur einen geringen Teil der Ausgaben. Wer der Ansicht war, der Staat würde uns finanziell kräftig unter die Arme greifen und Rolf und ich könnten uns ein schönes Leben mit stundenweiser Arbeit leisten, war im Irrtum.
    Nach meinem Entschluss, im Herbst wieder arbeiten zu gehen, kam mein Leben wieder in andere Bahnen. Ich wollte auch einmal wieder ohne Sorgen und Rücksicht auf andere leben. Ich wollte mich nicht mehr im Haus

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