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Glück muß man haben

Glück muß man haben

Titel: Glück muß man haben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht?«
    »Ja, ganz anders.«
    »Was macht er denn?«
    »Beruflich?«
    »Ja.«
    »Er studiert noch. Vierzehntes Semester. Politologie und Soziologie. Und der deine? Studiert der noch?«
    »Nein.«
    »Ist er schon fertig?«
    »Er hat nie studiert.«
    »Ach so. Was treibt er denn?«
    Nun zögerte Marianne mit der Antwort, was eigentlich unvermeidlich war.
    »Das … das weiß ich nicht.«
    Anita fragte sich, ob das ein Witz sein sollte. Wenn ja, war es ein dünner. Sie blickte Marianne zweifelnd an, die daraufhin beteuerte: »Ich weiß es wirklich nicht, Anita. Er hat es mir noch nicht gesagt.«
    »Wie lange kennt ihr euch denn schon?«
    »Ein paar Wochen.«
    »Ich dachte, eine Stunde.« Anita war plötzlich sauer. »Naja, wenn du mich auf den Arm nehmen wolltest, so ist dir das gelungen. Ich weiß zwar nicht, warum, aber bitte …« Sie blickte auf ihre Armbanduhr. »Gott, ich hatte ganz vergessen, ich wollte ja auch noch zum Bahnhof, um mir eine Platzkarte nach Bremen zu besorgen. Marianne« – sie streckte die Hand aus – »grüß mir deine Eltern.«
    »Und du mir die deinen. Gute Fahrt, Anita.«
    »Danke. Auf Wiedersehen.«
    »Auf Wiedersehen.«
    Sie entfernten sich voneinander in entgegengesetzten Richtungen. Nach dreißig oder vierzig Metern drehte sich Marianne noch einmal um und entdeckte, daß auch Anita gerade dasselbe tat. Anstatt einander zuzuwinken, fühlte sich jede ertappt und ging rasch weiter. Und jede schüttelte innerlich über die andere den Kopf.
    Sie mit ihrem Scheich, dachte Marianne.
    Die mit ihrem Ausgestiegenen, dachte Anita.
    Trotzdem, in einem hatte sie recht, sagte sich Marianne. Er muß mir endlich sagen, was er macht.
    Ehe sie sich zu Wilhelms Wohnung begab, suchte sie noch einmal, von ihren Eltern unbemerkt, ihr Zimmer auf, um das Paket zu holen, das sie schon seit zwei Tagen für Wilhelm zurechtgemacht hatte. Als ihr dann Frau Krupinsky öffnete, blieb eine leichte Likörfahne nicht unbemerkt, die von der Wohnungsinhaberin ausging. Obwohl Marianne wußte, daß Wilhelm nicht da sein konnte, fragte sie: »Kann ich Herrn Thürnagel sprechen?«
    Erwartungsgemäß verneinte Wanda Krupinsky.
    Ob sie dann, fuhr Marianne fort, das Paket für ihn abgeben könne?
    »Natürlich«, sagte Frau Krupinsky bereitwillig. »Was ist denn drin?«
    »Das weiß ich nicht«, log Marianne, mit dem Resultat, daß Wanda Krupinsky sie für eine Botin hielt. Dieser Gedanke war Wanda angenehmer als der Verdacht, der sich im ersten Moment in ihr geregt hatte, der Verdacht nämlich, daß das verdammt hübsche und verdammt junge Mädchen hier mehr mit ihrem Untermieter zu tun haben könnte, als es ihr gefallen hätte. Sie nahm das Paket in Empfang, wobei sie sagte: »Ich werde es ihm auf den Tisch legen.«
    Marianne bedankte sich, grüßte und ging.
    Zwei Stunden später kam Wilhelm nach Hause, entdeckte, daß in der Küche noch Licht brannte, und fand seine Zimmerwirtin am Küchentisch vor, die längst erkalteten Reste eines Abendessens und eine Flasche Likör vor sich …
    Am nächsten Morgen stand Wilhelm, als er nach schlechtem Schlaf erwachte, vor der Frage, was er zuerst machen sollte – besser gesagt: was er überhaupt machen konnte. Es war ja Sonntag, und für Situationen von der Art, mit der er es im Augenblick zu tun hatte, war ein Sonntag nicht geschaffen.
    Er brauchte einen Unterschlupf. Doch überall war geschlossen. Kein Amt hatte auf, keine Sozialstelle, keine Zimmervermittlung, kein Geschäft, in dem man, aus Verzweiflung, hätte herumfragen können. Auch die Firma, bei der Wilhelm arbeitete, war am Wochenende tot. Vielleicht hätte er sonst seinen Chef, bei dem er hoch in Ehren stand, um Hilfe angehen können, oder einen seiner Kollegen, die ihn inzwischen auch längst schätzen gelernt hatten.
    Was tun? Auf diese Frage fand sich keine vernünftige Antwort – jedenfalls nicht für Wilhelm. Wenn ihm der Gedanke ›Marianne‹ durch den Kopf huschte, tötete er ihn in sich sofort wieder ab. Um Hilfe von dieser Seite zu erbitten, dazu war er zu stolz.
    Natürlich lief er durch die Straßen … planlos, ziellos, zwecklos. Dies tat er schon deshalb, um nicht mehr mit Wanda Krupinsky nach dem, was die ihm alles gesagt hatte, zusammen zu sein. Nach vielen Stunden nutzte er die einzige Möglichkeit, die sich ihm am Sonntag bot – er ging in eine Pension. Die paar Sachen, die er besaß, waren aus Wandas Wohnung rasch nachgeholt. Von der vorausbezahlten Miete waren DM 75 ,– noch nicht abgewohnt. Die

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