Glueck (TaschenGuide)
berechtigte Zweifel, ob all dies zur Verbesserung unseres Lebens führt. Eingesperrt in schmale Zeitfenster, fühlen wir uns unserer Souveränität beraubt, uns um Chancen und intensive Erlebnisse betrogen. Die Frage stellt sich, ob wir durch diese atemberaubende Gleichzeitigkeit Glückseligkeit gewinnen oder sie nicht doch eher verlieren. Zeit wollen wir sparen: Doch was fangen wir an mit ihr? Auf welchem Konto liegt sie, und wann lässt sie sich abrufen? Und kann man in Eile versäumte Augenblicke überhaupt jemals nachholen?
Übung
Nehmen Sie sich Ihren Organizer oder Kalender vor und sehen Sie die Termine dieser Woche durch – private wie berufliche. Und nun fragen Sie sich: Muss(te) ich da wirklich überall hin? War meine Anwesenheit beim Freitagsmeeting tatsächlich notwendig oder hätte ich die Zeit nicht sinnvoller am Schreibtisch nutzen können, um das längst fällige Konzept konzentriert auszuarbeiten? Was bringt es mir, wenn ich jeden Abend nach dem Büro noch unterwegs bin und todmüde ins Bett falle, ohne auch nur eine halbe Stunde für mich selbst gehabt zu haben?
Und nun werfen Sie einen Blick in die nächste Woche: Können Sie hier vielleicht schon im Vorhinein überflüssige Termine einsparen? Eine Konferenz absagen, bei der Sie nur Zuhörer sind, und später das Protokoll lesen? Den Besuch beim Zahnarzt, bei dem Sie ohnehin immer warten müssen, ans Ende des Arbeitstages legen und sich ein schönes Buch als Lektüre mitnehmen? Gewöhnen Sie sich an, Termine und Verabredungen kritischer zu hinterfragen und weiße Löcher in Ihren Wochenplan einzubauen, zu denen Sie Zeit für sich haben. Schärfen Sie Ihr Zeitbewusstsein. All dies ist Ihre Lebenszeit, und Sie sollten verantwortlich damit umgehen.
Verfügbarkeit rund um die Uhr
Die Trennung von Privat- und Arbeitsleben ist längst aufgehoben: Geschäfte werden rund um die Uhr im Wohnzimmer gemacht, dem Internet sei Dank. Die Arbeit kommt elektronisch aus dem Büro, sodass auch vom Krankenbett aus gearbeitet werden kann. In den USA lesen 23 Prozent der Internet-User ihre geschäftlichen Mails zu Hause, 42 Prozent sogar im Urlaub. Manch einer führt das komplette Büro im Laptop mit sich und tätigt Aktienkäufe an den einsamsten Flecken der Erde.
Beispiel
Maria ist Führungskraft in einem international agierenden Unternehmen und hat ständig das Gefühl, dass sie in keinem ihrer Projekte schnell genug vorankommt. Wenn das Telefon nicht klingelt, geht eine Mail ein, die sofort bearbeitet werden will, oder das Handy verschafft sich Gehör. Maria kann sich bei der Arbeit selten länger auf eine Aufgabe konzentrieren und wird immer unzufriedener mit sich und ihrer Arbeit.
Laut einer Studie der US-amerikanischen Beratungsfirma Basex kostet dieses Hin und Her zwischen Handy, Telefon und Blackberry (ein kleiner Computer, der ständig Mails bereithält und eine Adress-, Aufgaben- und Kalenderverwaltung hat) viel Geld. Der durchschnittliche Büroangestellte verschwendet 2,1 Stunden täglich auf dieses Zappen, was mit 500 Milliarden Euro Minus in der US-Wirtschaft zu Buche schlägt. Ein Unternehmen mit 100 000 Mitarbeitern verliert so schätzungsweise mehr als 3,5 Millionen Euro pro Tag. Diese Zahlen und der damit verbundene Produktivitätsschwund sollten uns auch in Deutschland nachdenklich stimmen.
Wichtig
Wir verlernen allmählich, uns auf eine einzige Sache zu konzentrieren. Stattdessen gehen wir auf die Jagd nach der Zeit – mit der wir dann aber nichts anzufangen wissen, sobald wir sie erbeutet haben.
Gehetzt bis in die Freizeit
Wir leben ständig in der Angst, etwas zu verpassen: Jeder Anruf, jede Mail könnte schließlich wichtig sein, so wichtig, dass die Erledigung nicht warten kann. Psychologen vergleichen dieses Phänomen der permanenten Gehetztheit mit dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, verursacht durch stressende Bedingungen am Arbeitsplatz. Reizbarkeit, Verzettelung, Unkonzentriertheit und die krankhafte Unfähigkeit, den eigenen Arbeitsplatz zu organisieren, sind die beobachteten Symptome. Im Übrigen sind beim zwanghaften Gebrauch von Handys, Organizern und anderen Kommunikationsmitteln dieselben Zentren des Gehirns aktiv, die auch beim Suchtverhalten eine Rolle spielen.
Doch auch am Rande der Arbeitswelt und außerhalb begegnen wir täglich Multitasking-Phänomenen. Traditionelle Zeitstrukturen wie Ladenöffnungszeiten, Wochenende und Sommer- und Winterschlussverkauf werden abgeschafft. Anstelle des Jahresurlaubs werden Kurzurlaube
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