Glücklich gestrandet
auszumerzen und die schlechte Zeichensetzung zu verbessern, aber sie hielt es für klüger, es zu lassen. In ihrer früheren Stellung hatte sie etwa eine Woche, nachdem sie dort angefangen hatte, das Schreiben sämtlicher Briefe übernommen. Grammatik und Interpunktion gehörten zu ihren wenigen Fähigkeiten, die, wie ihr bewusst war, wahrscheinlich nicht die Talente waren, die die Welt entflammen würden.
Charlene klickte abermals auf ihre Stoppuhr, und sobald Dora ihren Test ausgedruckt und ihr übergeben hatte, besah sie sich mit ihren perfekt geschminkten Augen den Bogen Papier.
»In Ordnung«, meinte sie, warf den Test auf einen Stapel Papiere und machte sich nicht die Mühe, Dora ihr Testergebnis mitzuteilen. »Also, nach was für einer Art von Arbeit suchen Sie?«
Dora fühlte sich versucht zu antworten: »Ich suche nach einer Stellung in einem kleinen Maklerbüro, in dem ich wissen werde, was ich tue.« Doch die Blondine würde in diesem Fall wahrscheinlich noch hochnäsiger auf sie herabschauen. »Wie Sie meinem Lebenslauf entnehmen, habe ich all meine Erfahrungen bei Immobilienagenturen gesammelt …«
»Bei einer Immobilienagentur, um genau zu sein.«
»Ja, das wäre also meine erste Wahl, doch ich bin offen für Vorschläge.« Sie lächelte und hoffte, dass Charlene zurücklächeln würde.
Vielleicht machte eine noch nicht lange zurückliegende Botox-Injektion dies für Charlene unmöglich, weil sie nur mit ihren Krallen auf den Schreibtisch trommelte, während sie Dora anstarrte. »Hm, wir haben im Augenblick nichts Derartiges anzubieten. Das Problem ist, dass Ihre Erfahrungen sehr eingeschränkt sind, nicht wahr? Sie sind in der ersten Stellung geblieben, die man Ihnen angeboten hat. Sie haben nicht einmal irgendwo samstags ausgeholfen.«
»Mein Job hat mir gefallen. Ich war gut darin.«
»Warum sind Sie dann weggegangen?«
Nie und nimmer würde sie dieser Frau ihr Herz ausschütten! »Ich sagte es schon. Ich wollte etwas in London. Etwas … Anspruchsvolleres. Schließlich kann man nicht sein Leben lang in derselben Stellung bleiben, oder?«
Dies konnte Charlene nicht bestreiten. »Ich muss Sie warnen, dass Sie einen Mangel an Ehrgeiz bewiesen haben, indem Sie so lange in derselben Stellung geblieben sind. Londoner Geschäfte arbeiten nicht so, wie das in den Büros verschlafener kleiner Dörfer der Fall ist.«
»Ach nein? Ich hätte gedacht …«
»Wir werden also vielleicht nicht in der Lage sein, Ihnen etwas auf dem gleichen Niveau anzubieten.«
»Hm, natürlich würde ich erwarten, dass meine Arbeit …«
»Wir haben allerdings eine Menge freier Stellen im Verkauf«, unterbrach Charlene sie. »Würden Sie eine Stellung in einem Geschäft in Betracht ziehen?«
Dora dachte darüber nach. Karen und sie hatten leidenschaftlich gern mit ihren Kaufläden gespielt, aber sie vermutete, dass man sie nicht hinter die Theke eines netten Feinkostladens stellen würde. Stattdessen würde man sicher von ihr verlangen, horrend teure Unterwäsche zu verkaufen, die niemand wirklich wollte und die gewiss niemand brauchte. »Nein«, antwortete sie entschieden.
»In Ordnung. Und eine Stellung in einer Bar?«
»Nein, es sei denn, es wäre ganz in der Nähe meines derzeitigen Wohnorts.«
»Wo wohnen Sie noch mal? Ah, ja, hm … das ist ziemlich weit draußen. Sie würden jeden Morgen eine beträchtliche Strecke anreisen müssen. Sie sind es gewohnt zu pendeln, nicht wahr?«
»Eigentlich nicht, doch ich bin bereit, es zu versuchen.«
»Schön. Da ist noch etwas: Die meisten unserer Klienten sehen es gern, wenn ihr Personal sich elegant kleidet. Sie sind nicht besonders gut ausgestattet, oder?«
»Nein? Ich meine, ich bin nur zu einem ersten Vorstellungsgespräch vorbeigekommen. Wenn ich mich um einen Job bewerben würde, würde ich ein Kostüm oder etwas Ähnliches anziehen.«
»Und anständige Schuhe. Man trägt keine Sandalen zu einem Vorstellungsgespräch. Außerdem könnten Sie eine Maniküre gebrauchen. Ich werde keine kurzfristigen Vorstellungsgespräche für Sie ansetzen, damit Sie Zeit haben, sich ein wenig besser in Schuss zu bringen. Der erste Eindruck ist immer so wichtig.«
Dora fühlte sich kleiner und kleiner, während ihre Vermittelbarkeit in immer weitere Ferne entschwand. »Ja«, sagte sie unterwürfig.
»Haben Sie schon mal über Zeitarbeit nachgedacht? Es wäre eine gute Möglichkeit, mehr allgemeine Erfahrungen zu erwerben.«
»Nein«, antwortete Dora. »Darüber habe ich noch
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