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Gluecklich, wer vergisst

Gluecklich, wer vergisst

Titel: Gluecklich, wer vergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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auf der Couch im Zimmer ihrer Freundin verbracht hat, wach. „Aufstehen, meine Süße! Mit ein bisschen Glück haben wir das Bad eine Stunde lang für uns allein. Aber wir müssen uns beeilen.“
    Sicherheitshalber schreibt Franzi in Großbuchstaben „BESETZT“ auf einen Zettel und klebt ihn an die Badtür.
    Während Joe ein Schönheitsbad nimmt, veranstaltet Franzi eine kleine Modenschau für sie. Auf dem Boden türmen sich diverse Kleidungsstücke. Joes Röcke und Hosen sind Franzi viel zu eng. Selbst Joes weitestes T-Shirt spannt um ihre Brüste.
    „Scheiße, ich bin viel zu fett“, stöhnt Franzi. „Morgen beginne ich mit der Hollywood-Diät.“
    „Und ich bin zu dünn“, sagt Joe kleinlaut, als sie aus der Wanne klettert.
    Franzi mustert ihre Freundin kritisch von unten bis oben.
    „Busen hast du wirklich nicht viel. Aber um deine schmalen Hüften beneide ich dich“, sagt sie gönnerhaft. „Philip hat mal behauptet, ich hätte das gebärfreudige Becken meiner Mama geerbt.“
    „Und ihre stämmigen Beine“, murmelt Joe so leise, dass Franzi es nicht hört.
    „Was hast du gesagt?“
    „…, dass du einen knackigen Hintern hast“, stammelt Joe. Schamhaft versteckt sie ihren mageren Körper hinter einem großen, flauschigen Badetuch.
    „Deine Beine sind fast so hübsch wie die deiner Mutter“, stellt Franzi neidisch fest. Sie lässt frisches Wasser in die Wanne ein, gibt ein paar Tropfen vom Rosenwasser ihrer Mutter dazu. Joe schlüpft in ihre schwarzen Jeans.
    „Du wirst doch heute nicht deine langweiligen Jeans anziehen“, protestiert Franzi.
    „Ich hasse Röcke.“
    „Ich weiß. Aber versuch’s mal mit dem Kleid, das dir deine Mutter geschenkt hat.“
    „Ich bin kein Hippie.“
    Das Kleid, das Franzi ihrer Freundin reicht, ist bodenlang und geblümt.
    „Probier’s wenigstens an.“
    Joe schlüpft folgsam in das Kleid. Dreht sich vor dem Spiegel und stöhnt: „Ich komme mir vor wie ein überladener Kleiderbügel.“
    Franzi steigt aus der Wanne, stellt sich splitternackt hinter Joe und flüstert ihr ins Ohr: „Im Gegenteil, du siehst richtig hübsch aus, Baby.“
    Joe errötet sanft und behält das Kleid an.
    Franzi quetscht sich in einen von Joes Miniröcken, wechselt aber mindestens viermal das Oberteil, bis sie mit ihrem Aussehen halbwegs zufrieden ist.
    Sie frisieren sich gegenseitig. Verbrauchen eine halbe Dose Haarspray und eine halbe Tube Gel. Make-up aufzutragen dauert mindestens so lange wie die Ankleidungs-zeremonie. Victor wartet bereits seit fünf Minuten vor der Tür.
    „Macht endlich, dass ihr rauskommt, ihr Hübschen.“
    Franzi und Joe antworten mit einem Kichern.
    „Einen Moment, Victor.“ Franzi nennt Joes Vater neuerdings bei seinem Vornamen, was Joe etwas befremdet.
    „Geh oben aufs Klo, Papa“, ruft sie unwirsch.
    Als ein paar Minuten später Gisela heftig an die Tür klopft, unterbrechen die Mädchen ihre Schminkorgie.
    „Bin ich hier in der Rocky Horror Picture Show gelandet?“, fragt Gisela belustigt.
    Joe hat ihrer Freundin eine gewisse Ähnlichkeit mit Dr. Frankenfurter verpasst. Sie selbst ähnelt einer völlig aufgelösten Ophelia.
    „So lässt dich deine Mutter niemals in die Kirche gehen. Lasst mich in Ruhe pinkeln, dann helfe ich euch, wenn ihr wollt.“
    „Du hast echt Schwein mit deiner Mama“, sagt Franzi leise, während sie vor der Tür warten.
    Gisela verpasst den jungen Damen ein dezenteres Makeup und korrigiert ihre Frisuren mit Hilfe von Bürste und Haarspray. Zuletzt schmückt sie beide noch mit Ketten und Armreifen aus ihrem Schatzkästchen.
    „Jetzt seht ihr richtig toll aus, finde ich“, sagt sie.
    Franzi strahlt sie dankbar an. Joe verzieht abfällig den Mund.
    „Das Kleid steht dir phantastisch, mein Schatz“, sagt Gisela und gibt Joe einen liebevollen Klaps auf den Po.
    Victor, der ihnen nun im Bad Gesellschaft leistet, ist bei ihrem Anblick hingerissen. „Oh du meine Schöne“, sagt er und legt voll väterlichen Stolzes den Arm um Joe.
    Sie schüttelt seinen Arm ab, murmelt: „Lass mich in Frieden“ und stürzt aus dem Bad. Am Gang läuft sie geradewegs Albert in die Arme.
    Er hält sie ein Stück von sich weg und murmelt: „Du siehst ja richtig hübsch aus.“
    Der Kirchgang scheint den ganzen Aufwand wert gewesen zu sein. Nicht nur bei ihrem Einzug in die Seewalchner Pfarrkirche ernten die beiden Mädchen jede Menge bewundernde und neidische Blicke. Auch während der Messe verrenken sich einige Burschen die Köpfe nach

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