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Gluecklich, wer vergisst

Gluecklich, wer vergisst

Titel: Gluecklich, wer vergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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Gisela. Sie duldet kein Nein. Jeder muss mitspielen, selbst Philip, der sofort auf die Toilette flüchtet und eine längere Sitzung einlegt. Nur Walpurga ist entschuldigt. Sie kümmert sich gemeinsam mit Kathi um das Mittagessen.
    Sie spielen Risiko, Monopoly und DKT. Und sie schlagen sich die Bäuche mit Kathis gebackenen Mäusen voll. Die alte Haushälterin hat sich der beiden Mädchen erbarmt und den ganzen Vormittag lang die leckeren Bällchen aus Germteig in heißem Fett herausgebacken, weiß sie doch nur allzu gut, dass Süßes tröstet.
    Nachmittags kommt die Sonne heraus. Eine schüchterne Sonne. Trotzdem laufen Franzi und Joe hinunter zum See. Kein Mensch weit und breit. Die Badeplätze sind verwaist.
    „Ich liebe den Geruch von nassem Heu. Am liebsten würde ich mich in diese feuchten Heuhaufen reinhauen“, sagt Joe.
    Franzi scheint für solch abartige Bedürfnisse nicht viel übrig zu haben. Während Joe ins Wasser springt, läuft sie zur nächsten Telefonzelle. Ruft Willi und Gustav an und verabredet sich mit den Burschen im Kinocafé.
    „Du hältst es wohl keinen Tag allein mit mir aus“, murmelt Joe gekränkt, erklärt sich aber bereit, abends mit ins Kino zu gehen.
    „Ich habe ihnen gesagt, dass wir erst zur letzten Vorstellung kommen können. Vorher müssen wir ja blöderweise zum Abendessen erscheinen.“
    „Ich weiß, das ist bei euch eine Art ungeschriebenes Gesetz. Zuhause essen wir, wenn wir Hunger haben. Ich esse manchmal ganz allein in meinem Zimmer oder ich vergesse überhaupt aufs Essen.“
    „Du hast es gut. – Aber jetzt verstehst du wenigstens, warum ich von Jahr zu Jahr fetter werde.“
    Punkt neunzehn Uhr betreten sie mit frisch gewaschenen Haaren, sauberen Fingernägeln und ordentlich gekleidet das Esszimmer. Franzi schlingt das kalte Nachtmahl hinunter, als hätte sie drei Tage lang nichts zu essen bekommen. Sie treibt Joe, die ewig an jedem Bissen herumkaut, zur Eile an.
    Dann heißt es wieder in Windeseile umziehen. „In diesem spießigen Aufzug können wir uns auf keinen Fall im Kino zeigen“, sagt Franzi.
    Joe hat noch nicht entschieden, was sie heute Abend anziehen wird. Sie bittet ihre Freundin, ihr die Entscheidung abzunehmen: „Jeans oder Wickelrock?“, fragt sie.
    Auf Franzis Rat hin schlüpft sie in ihre hautengen weißen Jeans. Nur was das Oberteil betrifft, setzt sie sich durch. „Schwarz passt immer“, behauptet sie, als ihre Freundin indigniert die Brauen hochzieht und protestiert: „Rosa oder türkis würde dir besser stehen. Schwarz ist ideal für alte, fette Weiber.“ Joe behält das schwarze T-Shirt trotzdem an.
    Sie nehmen den kürzesten Weg nach Seewalchen. Quer übers Maisfeld. Die Maiskolben sind reif und fallen buchstäblich in ihre Hände. Es ist zwar nur Futtermais, Franzi nimmt trotzdem ein paar Kolben mit.
    „Popcorn kostet zehn Schilling, und die habe ich nicht“, rechtfertigt sie den kleinen Diebstahl.
    Der dicke Hund des Bauern verjagt sie schließlich aus dem Feld.
    „Tasso, sitz! Sei brav, Tasso!“ Franzi schreit sich die Lunge aus dem Leib. Der Hund will einfach nicht auf sie hören. Mit gefletschten Zähnen und heraushängender Zunge hetzt er ihnen nach. Zum Glück hinkt er und hat kaum mehr Zähne im Maul.
    Verschwitzt und außer Atem kommen sie ein paar Minuten zu spät. Werbung und Filmvorschau sind längst zu Ende. Der Hauptfilm hat gerade begonnen. Willi beklagt sich über ihre Unpünktlichkeit.
    Joe hat „Grease“ mit John Travolta und Olivia Newton John bereits in Wien gesehen. „Travolta ist nicht unbedingt mein Typ. Ich hätte mir lieber einen Film mit Robert de Niro oder Al Pacino Mal angesehen“, flüstert sie Gustav ins Ohr.
    Franzi hält Händchen mit Willi. Joe sitzt am Rand, neben Gustav. Sie stößt seine rechte Hand, die sich um ihre schließt, weg. Ihre Laune ist nicht die beste. Sie beobachtet Franzi, die mit Willi zu knutschen anfängt. Mit Händchenhalten und Schmusen hat sie selbst nicht viel am Hut. Egal, wie flehend Gustav sie ansieht, sie erbarmt sich seiner kein einziges Mal. Starrt weiterhin auf Franzi und Willi anstatt auf die Leinwand.
    „Bist du etwa eifersüchtig?“, fragt Gustav leise.
    „Auf wen?“
    Plötzlich interessiert sich Gustav vehement für Olivia Newton John. Er schaut Joe bis zum Ende des Films nicht mehr an.
    Nach dem Kino fahren sie mit den Mopeds die paar Meter hinüber zur Strandpromenade. Teilen sich zwei Zigaretten und üben dann die neuen Tanzschritte, die sie gerade im Film

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