Gluecklich, wer vergisst
Raum. Tauchen die Gesichter der beiden Frauen in ein gespenstisches Licht.
Franzi und Joe stellen sich an die Theke. Nach einem Blick auf die Preisliste bestellen sie zwei Coca Cola und versuchen möglichst erwachsen dreinzuschauen.
Es dauert nicht lange, bis einer von den bejahrten Typen Franzi zum Tanzen auffordert. Kaum ist ihre Freundin auf der Tanzfläche, macht sich ein anderer älterer Mann an Joe ran.
Sie quittiert seine Anmache zuerst nur mit Schweigen und arroganten Blicken. Als er nicht aufhört, blöde Sprüche zu klopfen, sie eine „kesse Federn“ nennt und fragt, ob sie eine kleine Schwedin sei, zischt sie ihn an: „Hau ab, Opa. Oder willst du ein Verfahren wegen Verführung Minderjähriger?“ Er sucht tatsächlich das Weite.
Franzi wiegt sich inzwischen zu Abba-Gesängen im Disco-Fieber. Lässt sich von ihrem etwas fettleibigen Tänzer abtatschen und deutet Joe, ebenfalls auf die Tanzfläche zu kommen. Nach drei Abba-Songs scheint ihrem Galan die Luft auszugehen. Schweißgebadet bringt er Franzi zurück zur Theke. Lädt sie und Joe auf Cola-Rum ein.
Joe winkt ab. Franzi nimmt die Einladung an. Gibt aber Joe gleichzeitig zu verstehen, ihr auf die Toilette zu folgen.
„Er tanzt miserabel und stinkt wie ein Schwein. Wie werde ich den bloß wieder los?“, stöhnt Franzi, während sie vor dem überdimensionierten Spiegel in der Damentoilette ihr Make-up erneuert.
„Sag einfach, du wartest auf deinen Freund und der ist sehr eifersüchtig“, schlägt Joe vor.
„Du hast versprochen, bis Mitternacht durchzuhalten“, ermahnt Franzi sie.
„Es ist elf Uhr!“
„Ein Stündchen noch. Okay? Vielleicht kommen die interessanten Männer alle erst später.“
Als sie nach zehn Minuten an die Theke zurückkehren, hat sich das Lokal etwas gefüllt. Eine Gruppe junger Männer hat die Tische vor der Tanzfläche okkupiert.
„Hey, das sind ja die Kicker vom ATSV Lenzing. Den einen, den großen Dunkelhaarigen, kenne ich. Er war heuer Torschützenkönig in der Landesliga. Er heißt Karli, glaube ich. Ein toller Typ“, flüstert Franzi ihrer Freundin aufgeregt ins Ohr. Joe verdreht die Augen.
Es dauert keine fünf Minuten, bis Franzi und Joe am Tisch der Fußballer Platz nehmen. Die Burschen haben zwar auch jede Menge blöde Sprüche drauf, werden aber nicht zudringlich. Franzi landet irgendwann auf dem Schoß des Torwarts, der etwas forscher und älter ist als der tolle Torschütze. Joe tanzt sogar dreimal, jedes Mal mit einem anderen Fußballspieler.
Als sie die Disco verlassen, ist es zwei Uhr morgens. Joe hat ihrer Freundin mit Walpurga gedroht: „Sie wird uns sicher abpassen. Um was wetten wir, dass uns deine Mutter in ihrem geblümten Morgenrock am Gang erwarten wird?“
Der am wenigsten betrunkene Fußballer bringt sie in seinem Skoda nach Hause. Zwar fährt er die meiste Zeit auf der linken Fahrbahn, doch zum Glück zumindest langsam. Als sie die schmale Seestraße entlangbummeln, behauptet er mehrmals: „Der See zieht“ und kommt mit seinem Skoda gefährlich nahe an die Uferböschung heran.
Zu Hause werden sie nicht nur von Walpurga erwartet. Auch Gisela steht im Nachthemd am Gang. Die Strafe fällt, dank Gisela, relativ glimpflich aus: eine Woche Ausgehverbot.
12. Kapitel
Es hatte zu regnen aufgehört. Die Luft war frisch, als wir zu Jans Wagen gingen. Es war windstill. Während der Fahrt zu seinem Hotel redeten wir über das unbeständige Wetter und machten uns über Victors heißen Flirt mit Walpurga lustig.
„Dein Vater ist eben ein alter Charmeur“, sagte Jan.
„Ich finde ihn nur mehr peinlich. Ein Siebzigjähriger, der es nicht lassen kann, den jugendlichen Liebhaber zu mimen? Nein danke! An Margaritas Stelle hätte ich ihn längst rausgeschmissen.“
„Das glaube ich dir gern.“ Jan lächelte verschmitzt. „Ich mag deinen alten Herrn trotzdem.“
„Sein Charme wirkt auch auf Männer.“
„Nicht auf diesen Doktor!“
Spät abends, als ich mit Jan allein an der Hotelbar saß, hatte ich keine Lust mehr, mit ihm über Mord und Totschlag zu diskutieren. Leise Klaviermusik, angenehme, gedämpfte Beleuchtung. Das Hotel war gar nicht so übel. Wir tanzten sogar miteinander. Einen Walzer, ganz konservativ, und einen etwas misslungenen Tango. Jan küsste mich. Und er küsste gut, besser als alle meine früheren Liebhaber. Zu später Stunde legten wir sogar einen fast perfekten Rock ’n’ Roll aufs Parkett.
Allerdings schaffte er es, mich zu später Stunde noch zu
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