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Gluecklich, wer vergisst

Gluecklich, wer vergisst

Titel: Gluecklich, wer vergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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solchen Nichtigkeiten verschont.
    Walpurga schien die Kriminalbeamten allein gelassen zu haben, denn ich hörte nun Gustav über Albert herziehen. Er nahm kein Blatt vor den Mund: „Er ist ein Verrückter, aber sag das ja nicht Joe. Sie nimmt ihn heute noch in Schutz. Er scheint bei Frauen mütterliche Beschützerinstinkte zu wecken. Auch ihre Mutter hat ihn früher immer verteidigt, wenn wir ihm Streiche gespielt haben. Er war schon als Junge nicht ganz zurechnungsfähig.“
    Ich spürte, wie mir bei dieser Unterstellung vor Zorn das Blut in die Wangen schoss. Dann musste ich plötzlich schmunzeln. Genau diese Reaktion hatte Gustav mir ja gerade unterstellt.
    Dem angesehenen Roither-Bauern, der die letzte Bürgermeisterwahl knapp verloren hatte, traute der Herr Chefinspektor offenbar keine solche bestialische Tat zu. „Das ist die Tat eines Unzurechnungsfähigen!“, betonte er noch einmal.
    Es klopfte. Ich zuckte zusammen. Ehe ich mich von dem großen, weichen Polster erheben konnte, schloss mein Vater die Tür hinter sich. Lächelnd legte er den Zeigefinger auf seine Lippen und kam auf Zehenspitzen näher.
    „Wusstest du immer schon, dass man von hier oben lauschen kann?“, flüsterte ich erstaunt.
    Er grinste übers ganze Gesicht und nickte.
    „Also deswegen waren eure Gespräche immer so todlangweilig!“, sagte ich leise.
    „Es gab auch erzieherische Maßnahmen auf diesem Weg. Hat wunderbar funktioniert“, flüsterte Victor.
    Er holte sich einen zweiten Polster und hockte sich neben mich. Wir pressten beide unsere Ohren an das Gitter.
    Jan Serner beklagte gerade, dass die gerichtsmedizinischen Ergebnisse noch nicht da waren. Sie fachsimpelten eine Weile über die Schwierigkeiten mit den Gerichtsmedizinern, dann hörten wir Gustav sagen, er wolle sich bemühen, Jan eine Sondererlaubnis für einen Besuch bei Franzi am Nachmittag zu verschaffen.
    Sofort sprangen wir auf. Wir eilten hinunter und warteten eine Minute, bevor wir an die Tür des Salons klopften.
    „Seid ihr fertig?“, fragte ich mit Unschuldsmiene. Victor folgte mir mit völlig gleichgültigem Gesichtsausdruck.
    Kaum hatte Gustav den Salon verlassen, bestürmten wir Jan, uns nach Linz zu Franzi mitzunehmen. „Ich will und werde meine Tochter heute noch sehen“, sagte Victor. Er klang wie King Lear. Bei „meine Tochter“ versetzte es mir einen Stich irgendwo in der Gegend, in der ich mein Herz vermutete.
    „Das wird leider nicht möglich sein, lieber Victor. Es wird schwierig genug sein, diese Sondererlaubnis für mich zu bekommen. Woher wissen Sie übrigens …?“
    Ich nahm ihn beiseite und redete leise auf ihn ein. Auch ich bestand auf einem zweiten Gespräch mit meiner Jugendfreundin. „Letztes Mal wurden wir unterbrochen“, beschwerte ich mich.
    Endlich erklärte sich Jan bereit, mich nach Linz mitzunehmen. „Ich kann dir aber nicht garantieren, dass du mit rein darfst.“
    Ich versprach meinem protestierenden Vater, ihm am Abend wortwörtlich zu berichten, was Franzi gesagt hatte. Victor bewohnte Marios Jugendzimmer im ersten Stock, gleich neben der Treppe. Da sich Walpurgas Schlafzimmer am Ende des Gangs befand, würde sie von den nächtlichen Umtrieben in ihrem Haus nichts mitbekommen, hoffte ich.
    Bevor wir in Regau auf die Autobahn fuhren, machten Jan und ich bei einem Würstelstand in Vöcklabruck halt. Zwar hatten wir beide für fette Würste nicht viel übrig, doch nach diesem anstrengenden Vormittag war uns nach einem deftigen Lunch zumute.
    Auf der Fahrt nach Linz redeten wir fast nur über den Mord am Fischer-Heinz. Als Jans Handy läutete, wusste ich sofort, dass Gustav dran war. Jan schaltete die Freisprechanlage ein. Ich verhielt mich mucksmäuschenstill und hörte mit. Der Empfang war nicht gerade der beste. Ständiges Rauschen übertönte Gustavs Stimme. Warum sprach er bloß so schnell und undeutlich? Um Aufmerksamkeit zu erzeugen? Aus Unsicherheit?
    Gustav hatte nach seinem Gespräch mit Jan noch einmal Albert und Mario befragt. Er hatte Jan nicht viel Neues zu berichten, zumindest nichts, was ich nicht ohnehin schon wusste. Albert war in Gustavs Augen der Hauptverdächtige. Er hielt ihn für verrückt genug, eine Leiche so übel zuzurichten. Nur über das Motiv waren er und seine Leute sich nicht im Klaren.
    „Könntest du noch mal den Untersuchungsrichter anrufen und ihn bitten, dass Joe mit mir zu ihrer Freundin rein darf?“, fragte Jan.
    „Muss das sein?“
    „Ich bitte dich

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