Glücksboten
zum Beispiel: ›Was soll das sein? Abfall?‹...«
»Und ich schlage ihn?«, fragte Perdita hoffnungsvoll.
»Nein. Du erzählst ihm, was du mitgebracht hast, aber auf eine beschwingte Art und Weise, und er nimmt jedes einzelne Stück zur Hand und erklärt uns, wie es schmeckt. Und du kannst einen Witz darüber machen, dass Löwenzahn auf französisch pissenlit heißt.«
»Also, wie sieht es aus, müssen wir diese Spontaneität einstudieren?«, fragte Lucas. »Oder können wir uns einfach etwas einfallen lassen?«
Ein Mädchen mit einem Klemmblock murmelte George etwas ins Ohr. »Lasst euch etwas einfallen, aber schnell, es ist fast Zeit für die Frühstückspause.«
Die Beleuchtung wurde anders eingestellt, das Mikrofon herabgesenkt, und alle anderen verschwanden aus der Küche, um sich im Flur zusammenzudrängen, während einige von ihnen sich hinter den Tisch hockten.
»Aufnahme!«
»Fünf, vier, drei, zwei, eins ...«
»Also, Perdita, was hast du da in deinem Korb? Was Essbares dabei? Oder haben die Sachen bloß unverdauliche Namen und keinerlei Geschmack?«
Perdita lächelte honigsüß. Sie war heimlich zu ihren Tunneln zurückgelaufen, um etwas zu holen, das Lucas nicht verlangt hatte. »Nun, hier ist etwas, das eigens für dich gewachsen sein könnte, Lucas.«
Seine Brauen zogen sich argwöhnisch zusammen. »Was denn? Sieht für mich ein bisschen aus wie Spinat.«
»Es hat eigentlich mehr Ähnlichkeit mit Sauerampfer.«
»Also, was ist es?«
»Etwas, das du wirklich, wirklich brauchst, Lucas ...« Perdita konnte die Hitze der Lampen auf ihrem Gesicht spüren, sie wusste, dass die Kamera jede ihrer Regungen auffing. Sie lächelte strahlend. »Geduldkraut, auch Gartenampfer genannt.«
Perdita ließ Lucas und die Crew um vier Uhr allein. Er bereitete Forellen zu; sie waren etwa sprottengroß und schauten allerliebst aus ihrer sternchenverdächtigen Ummantelung aus Miniaturpasteten hervor. Perdita taten die winzigen Fische Leid, obwohl sie wie alle anderen fand, dass sie äußerst dekorativ waren.
Fast so dekorativ waren die Menschen, die sich neben all den Relikten aus der Vergangenheit in Perditas Wohnzimmer drängten. Da waren ein Produzent, eine Assistentin, ein Tontechniker, ein Kameramann, sein Assistent und - zu Lucas' Verdruss - zwei Hauswirtschafterinnen, die alle Vorbereitungen getroffen und das Essen vorgekocht hatten, und zwar in allen möglichen Stadien der Zubereitung, sodass Lucas' geniale Finger vergleichsweise wenig zu tun hatten.
Perdita war fix und fertig und ihr Gesicht steif vom Lächeln. Sie konnte es gar nicht erwarten wegzukommen. Sie ging über ihr Grundstück, stieg über den Zaun auf Kittys Seite und war dankbar dafür, dass das Aufräumen wenigstens nicht ihre Sache war. In ihre Verantwortung fiel es, morgen wieder all die notwendigen Gemüse bereitzustellen, die heute nicht an die Reihe gekommen waren, aber daran konnte sie später noch denken. Jetzt ließ sie sich zunächst einmal in den Sessel neben Kittys Rollstuhl sinken, dankbar dafür, dass der allgegenwärtige Roger ausnahmsweise einmal nicht da zu sein schien.
»Ich brauche einen sehr großen Drink, dann erzähle ich euch alles.«
Beverley kam mit der Whiskyflasche, zwei Gläsern und einem leicht missbilligenden Gesichtsausdruck herein. Sie fand nicht, dass Frauen starken Alkohol trinken sollten. Perdita erinnerte sich, dass sie selbst früher einmal Whisky nicht besonders gemocht hatte, aber das schien lange zurückzuliegen.
»Ich habe euch doch erzählt, dass mein Haus in etwas aus einer Zeitschrift verwandelt worden ist, überall Blumensträuße an den unbequemsten Stellen und stapelweise Koffer, an denen man sich das Schienbein stößt, wenn man um die Ecke biegt? Nun, zuerst war das Drehbuch einfach nur künstlich, aber dann haben wir nachgefragt, ob wir nicht einfach sagen könnten, was uns in den Sinn kommt, statt das Skript herunterzubeten. Das funktionierte eine Weile ganz gut, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Lucas sich das lange gefallen lässt. Schließlich hat er die ganze Mannschaft in höchste Erregung versetzt, weil er eine antike Kupferschale benutzte, um darin Eiweiß zu schlagen. Lucas verstand überhaupt nicht, warum die Fernsehleute so ungehalten waren. Er meinte, es fände eine chemische Reaktion zwischen den winzigen Kupferteilchen, die beim Rühren abgelöst werden, und dem Eiweiß statt, das dadurch sein Volumen vergrößere. Anscheinend hatten die Fernsehleute die Schale aus
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