Glücksboten
ihr, ich wäre ein schrecklicher Spielverderber, wenn ich ein Bad nehme und dann ganz früh zu Bett gehe? Ich muss morgen Gott weiß wie früh aufstehen, um alles fertig zu machen, was wir für den Dreh brauchen. Und ich muss auch eine Lieferung an Ronnie schicken. Es wäre nicht fair, ihn einfach zu vergessen. Die anderen Kunden kommen zurecht, weil ich ihnen erzählt habe, dass ich nichts für sie haben würde. Aber ich finde, Ronnie sollte seine Sachen bekommen.«
Sie war um vier Uhr morgens auf, stahl sich in der Dunkelheit nach unten, stieg in ihre Stiefel und überquerte Kittys Grundstück, bis sie ihr eigenes erreicht hatte. Sie hatte lange geschlafen und fühlte sich schon besser, aber sie wollte ein wenig Zeit in ihren Tunneln zubringen, nicht nur um Salatköpfe zu pflücken, sondern um sich ins Gedächtnis zu rufen, wie das wirkliche Leben war, bevor sie noch einen Tag in Gesellschaft von heißen Scheinwerfern, anderen Menschen und Lucas zubrachte.
Am letzten Tag der Aufnahmen versiegte langsam Perditas Energie und damit auch ihre Geduld. Sie fand Lucas unmöglich. Er war ein unerträglicher Tyrann; er schrie eine seiner Frauen an, weil sie irgendetwas in zu kleine Würfel geschnitten hatte, ganz so, als wäre sie Janey, und dann warf er ein ganzes Bündel Alfalfa in die Spüle, weil es braun geworden war. Es wäre kein Problem gewesen, wenn er einfach gesagt hätte, es sei braun, dann hätte irgendjemand es weggebracht und ihm frisches gegeben. So aber musste das Alfalfa aus der Spüle geklaubt werden, was Ewigkeiten dauerte und die Geduld aller Anwesenden noch weiter strapazierte.
»Er ist brillant«, schwärmte Karen, die Produktionsassistentin war und einer von Lucas' größten Fans. »Das Essen liegt ihm wirklich am Herzen, nur deshalb ist er so reizbar.«
»Das Essen kann einem auch am Herzen liegen, ohne dass man Wutanfälle bekommt«, widersprach Perdita, die die guten Blätter vom Feldsalat heraussuchte, der ursprünglich für Ronnie bestimmt gewesen war. »Ich meine, mir liegt mein Salat auch am Herzen, der hier unter den Lichtern verwelkt, aber ich stampfe deswegen weder mit dem Fuß auf, noch brülle ich herum.«
»Er ist ein Künstler. Und was wichtiger ist, er ist ein wahrer Augenschmaus. Die Frauen werden diese Sendung lieben. Es ist der ultimative Sex.«
»Huh! Und was ist mit den Männern?«
»Oh, die haben Sie.«
Perdita murmelte ein undamenhaftes Wort.
Aber erst als der »Augenschmaus« eine seiner Helferinnen zu Tränen schikanierte, verlor Perdita endgültig die Fassung.
»Verdammt noch mal, Lucas! Du bist ein solcher Mistkerl! Sie gibt sich alle Mühe, sie macht ihren Job und hackt sich die Finger wund, aber für dich ist es niemals gut genug, nicht wahr? O nein, seine Hoheit möchten die Gurken in Anderthalb-Zentimeter-Würfeln und haben sie in Zwei-Zentimeter-Würfeln bekommen, also bekommt seine Hoheit einen Wutanfall! Und jetzt schreist du sie wegen etwas an, wofür sie absolut nichts kann! Wenn du nicht gewohnt bist, mit Sauerampfer zu kochen, dann weißt du nicht, dass er seine Säure verliert, wenn er zu lange herumliegt. Du kannst ihr keinen Vorwurf daraus machen, dass sie das nicht gewusst hat! Du warst immer schon so gottverdammt arrogant, aber jetzt übertriffst du dich wahrhaftig selbst!«
Alle anderen schwiegen. Perdita wurde sich plötzlich bewusst, dass sie solche Ausdrücke bisher niemals vor der ganzen Crew benutzt hatte. Sie mochten schnippisch zueinander gewesen sein, aber bisher hatten sie sich nicht wirklich gehen lassen.
Lucas schien gar nicht zu bemerken, welche Wirkung Perditas Ausbruch gehabt hatte, sondern ging sofort darauf ein und überließ sich seinem eigenen Wutanfall.
»Willst du dich da wohl nicht einmischen? Das hier geht dich nichts an. Die Kollegin braucht keine heilige Perdita, die ihr zu Hilfe kommt und die mit flammendem Schwert jede Frau rettet, die sich dem verruchten Lucas auf fünfzig Meilen nähert, nur weil der verruchte Lucas der heiligen Perdita einmal das Herz gebrochen hat! Sie ist zufällig ein Profi, im Gegensatz zu dir, die wie ein Kind mit einer Senf- und Kressefarm herumspielt!«
»Ich spiele herum, ja? Nun, wo wärst du jetzt ohne meine Senf- und Kressefarm? Was ich produziere, bekommst du nicht im Supermarkt, wie du sehr wohl weißt. Aber von jetzt an wirst du es müssen. Nach dieser Sendung beliefere ich dich nicht mehr! Von jetzt an kannst du dir deine Wachskürbisse aus den Rippen schneiden!«
»Kinder, Kinder,
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