Glücksboten
jedoch prompt, ihre Macke weiter vorzutäuschen, als Lucas sich ein paar grüne Blättchen herauszupfte. Sie sammelte ein paar Blätter auf und rollte sie zu hocharomatischen Zigaretten zusammen.
»Hier, probier das mal.« Perdita reichte ihm ein Blatt. »Aber sei vorsichtig, es ist sehr scharf.« Sie wusste, dass er ihre Warnung ignorieren würde, und hatte die Befriedigung zu erleben, wie seine Augen zu tränen anfingen. »Passt gut zu Portulak, der, wie du weißt, geradezu göttlich schön ist, aber ein bisschen fad. Das hier ist praktisch mein Favorit.« Sie reichte ihm eine hübsche Pflanze mit abgerundeten und um den Stängel gewickelten Blättern. »Ich baue sie fast nur wegen des Aussehens an, aber sie hat auch ein angenehmes Aroma, frisch und ziemlich mild.«
»Claytonia ist mir bekannt«, erwiderte Lucas. »Oder hat dieses spezielle Mitglied der Familie einen eigenen Vornamen?«
Ohne auf seinen Sarkasmus einzugehen, sah Perdita ihm direkt in die Augen. »Es ist sehr wichtig, den Pflanzen keinen Namen zu geben, sonst baut man eine zu innige Beziehung zu ihnen auf, und es bricht einem das Herz, wenn man sich von ihnen trennen muss.« Sie spielte mit dem Gedanken, ihm zu erzählen, sie könne die Pflanzen schreien hören, wenn sie sie aus der Erde zog, fürchtete dann aber, dass er sie für zu spinnert halten würde, um mit ihr Geschäfte zu machen. »Komm weiter«, fügte sie daher energisch hinzu. »Du musst dir noch zwei weitere Tunnel ansehen.«
William hielt sich am entgegengesetzten Ende des dritten Tunnels auf. Als Lucas und Perdita eintraten, richtete er sich auf.
»Hallo, Perdita«, rief er. »Das Mesembryanthemum ist ganz schön geschossen. Hast du schon Käufer dafür?«
»Das ist William, mein ... meine rechte Hand«, erklärte sie, als sie auf gleicher Höhe mit ihm waren. Sie hoffte, genügend Nachdruck in ihre Stimme gelegt zu haben, um in Lucas die Frage zu wecken, welcher Natur ihre Beziehung sei. William war eine ganze Ecke jünger als sie, aber heutzutage waren Lustknaben ja sehr in Mode. »Das ist Lucas Gillespie, der neue Chefkoch von Grantly House. Können wir dich für Eiskraut interessieren, Lucas? Es ist von ganz eigener Konsistenz, die sich in einem gemischten Salat gut ausnimmt - schmeckt ein bisschen salzig.«
Lucas gab beinahe zu, dass er diese Pflanze noch nie zuvor gegessen hatte. »Ich kenne das als Blume. In Cornwall wächst es ziemlich häufig.«
»Sie haben in der Tat hübsche Blüten«, erwiderte Perdita, »wenn auch ziemlich schrill in der Farbe, aber die entfernen wir, sobald sie erscheinen.«
»Ist das nicht ein bisschen grausam?«, wollte Lucas wissen und zog eine seiner schwarzen Brauen in die Höhe.
Perdita blickte mit gespielter Reue auf ihre Hände hinab und hoffte nur, dass William nicht fragen würde, wovon um alles in der Welt Lucas da redete.
»Die Geschäftswelt ist hart«, meinte sie.
William wirkte zwar ein wenig verwirrt, als sie es endlich wagte, ihn anzusehen, aber glücklicherweise war er von Natur aus schüchtern und mochte in Lucas' Anwesenheit nicht mehr reden als unbedingt nötig.
Als Lucas alle Tunnel und scheinbar jede einzelne Pflanze inspiziert hatte, war Perdita erschöpft, und das nicht nur, weil sie immer wieder vergaß, ihre Pflanzen auch ja wie ihre Kinder zu behandeln. Das Projekt als Ganzes war tatsächlich ihr Baby. Sie wollte Lucas' Anerkennung, wünschte sich, dass er es als ein gutes, Gewinn bringendes Geschäft sah. Und zwar, wie sie sich selbst beteuerte, nicht, weil Lucas ihr Exmann, sondern weil er der neue Chefkoch von Grantly House und daher ein wichtiger Kunde war.
Zurück im Haus, bot sie ihm keinen Tee an, obwohl sie selbst förmlich nach einer Tasse lechzte. Stattdessen fragte sie ihn, ob sie ihn mit dem Lieferwagen zurück ins Hotel bringen solle. Es war inzwischen schon ziemlich dunkel, und ein kalter Novemberwind wehte durch das Tal.
»Du musst jetzt sicher zurück«, meinte sie. »Ich will sowieso noch zu Kitty und mich erkundigen, wie sie beim Bridge abgeschnitten hat.«
»Sie ist bestimmt eine ausgezeichnete Spielerin.«
Es war gut möglich, dass Lucas nur versuchte, freundlich zu sein, und dass sie sich den spöttischen Unterton in seiner Stimme nur einbildete, aber Perdita konnte sich nicht dazu durchringen, im Zweifelsfall zu seinen Gunsten zu entscheiden. »Um die Wahrheit zu sagen, ist sie eine Katastrophe. Sie hat erst vor kurzem damit angefangen, und obwohl die anderen Mitglieder des Clubs sie alle
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