Glücksboten
einrichten konnte. Kitty, die ihren besten Mantel und ihren besten Rock trug, den der Schneider ihres Mannes im Krieg für sie angefertigt hatte, sah zeitlos und sehr gesund aus.
»Auf Wiedersehen, Liebling«, sagte Kitty und küsste Perdita. »Und amüsier dich gut. Ich hoffe, dieser Geoff erweist sich als ein Volltreffer.«
Perdita umarmte die alte Dame und küsste sie ebenfalls. »Ich glaube keinen Augenblick, dass er das sein wird, aber Spaß wird es trotzdem machen. Und dass du mir ja nicht mit fremden Männern durchbrennst, ohne mich vorher überprüfen zu lassen, dass sie nicht nur hinter deinem Geld her sind.«
»Törichtes Kind. Aber jetzt auf Wiedersehen, und mach dir keine Sorgen um mich.«
»Mache ich schon nicht«, erwiderte Perdita, wohlwissend, dass das eine Lüge war. Sie winkte dem Wagen nach, bis er außer Sicht war, ging dann zurück in ihr eigenes Haus und packte ein paar Kleider in eine Sporttasche. Sie wählte willkürlich einige Kleidungsstücke aus und hoffte, dass sie ihren Zweck erfüllen würden. Dann zog sie ihre beste Jeans und ihren besten Pullover an und wartete auf ihren Chauffeur.
Geoff klopfte anderthalb Stunden später als verabredet an ihre Tür. Er entschuldigte sich wortreich, aber Perdita war sich sicher, dass er ihre Wegbeschreibung für die Verspätung verantwortlich machte. Er war groß und hatte eine gebeugte Haltung und schlaff herabhängendes, braunes Haar, das attraktiv gewesen wäre, hätte er es vor kurzem mal gewaschen.
»Es tut mir so Leid, dass Sie solche Mühe hatten herzufinden«, versicherte Perdita und schlüpfte in ihren alten Schafsfellmantel. »Wie lange werden wir wohl noch brauchen, um nach Shropshire zu kommen?«
»Noch mal zwei Stunden, schätze ich. Ist das Ihr ganzes Gepäck? Was ist mit Geschenken?«
»Ahm, die sind alle in der Tasche«, gab Perdita zurück; seine Frage hatte sie davon überzeugt, dass nicht allein ihre Kleidung völlig unangemessen zu sein schien. »In diesem Pappkarton sind meine Stiefel und ein paar Flaschen.«
»Na schön, dann machen wir uns besser gleich auf den Weg.«
Geoff war nicht besonders redselig, aber da sein Wagen warm und bequem und Perdita selbst extrem müde war, hatte sie nichts dagegen, sich einfach nur zurückzulehnen und sich chauffieren zu lassen. Als sie das Dorf verließen, bemerkte sie zu ihrem absoluten Entsetzen Lucas, der ein extrem schnittiges Cabrio fuhr. Einen Wagen, der sich mehr von Geoffs Volvo unterschied, konnte man sich wohl kaum vorstellen.
Wenn sie sich darauf hätte verlassen können, dass Lucas nicht an den Straßenrand fahren und sie dazu zwingen würde, dasselbe zu tun, sodass sie ein neuerliches kompliziertes Lügengebilde ersinnen musste, hätte sie Lucas auf ihre Anwesenheit in Geoffs Wagen aufmerksam gemacht. Dann hätte er Geoff mit eigenen Augen sehen und glauben können, dass sie einen Freund hatte. Aber da Lucas unberechenbar war und man bei ihm auf das Schlimmste gefasst sein musste, ließ Perdita sich tiefer in ihren Sitz hineinsinken, sodass Lucas sie unmöglich sehen konnte. Warum war er eigentlich nicht in Grantly House und organisierte die Arbeit in der Küche? Sie sah auf ihre Armbanduhr. Es war kurz nach zehn; vielleicht hatte er früher Schluss gemacht. Sie seufzte. Sie würden erst lange nach Mitternacht bei Lucy ankommen.
»Weiß Lucy eigentlich, dass wir so spät dran sind?«, fragte sie.
»Nein. Sie rufen sie besser an. Mein Handy liegt auf dem Rücksitz. Die Nummer ist eingespeichert.«
Handys waren eine wundervolle Erfindung, dachte Perdita, für jene, die sie zu benutzen wussten.
Kapitel 7
L ucys Gesicht spiegelte jedes einzelne der sieben Jahre wider, die vergangen waren, seit Perdita sie das letzte Mal gesehen hatte. Damals war sie sonnengebräunt und entspannt gewesen von dem Leben in der Karibik, jetzt hatte sie dunkle Ringe unter den Augen und war viel zu dünn. Sie stürzte sich auf Perdita, als wäre die Freundin ihre Retterin. Perdita musste an ihre Schulzeit denken und daran, dass Lucy immer von ihr gewollt hatte, dass sie ihr aus irgendwelchen Klemmen half.
»Perdita! Wie schön, dich zu sehen! Du hast dich kein bisschen verändert, du Biest. Ich bin ja so froh, dass du kommen konntest. Und du auch, Geoff, natürlich. Wir sind erst gestern eingezogen und haben so gut wie nichts ausgepackt. Mummy kommt morgen, und wir müssen wenigstens ihr Zimmer halbwegs in Ordnung bringen. Es ist ihr erstes Weihnachten nach Daddys Tod, und ich möchte, dass
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