Glücksboten
Perdita Kitty beobachtete, tropfte ihr ein wenig von dem Tee aus dem Mundwinkel.
Perdita gab sich eisern Mühe zu lächeln, als sie ein Papiertaschentuch hervorzog, um einen neuerlichen Tränenstrom zu verbergen. Kitty war kein Milch-Tee-Mensch.
Kitty hatte unmissverständlich klargestellt, dass sie Perditas Begleitung im Krankenwagen nicht wünschte, und während die Sanitäter Kitty auf eine Trage legten, erbot Lucas sich, Perdita ins Krankenhaus zu fahren.
»Nein, sei nicht dumm! Du musst dein Restaurant leiten, und ich komme auch so zurecht. Ich brauche keinen Chauffeur!«
Lucas runzelte die Stirn, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, ihr zu widersprechen, und dem Wissen, dass sie Recht hatte: Er hatte in der Tat ein Restaurant zu leiten.
Perdita legte ihm eine Hand auf den Arm. »Wirklich, Lucas. Du brauchst dir keine Sorgen um uns zu machen. Du warst wunderbar; ohne dich hätten wir Kitty nie ins Haus bekommen. Aber du hast noch ein eigenes Leben.«
Er brummte etwas Unverständliches. »Dann rufe ich dich später an. Und versprich mir, dass du dich meldest, wenn du mich brauchst. Egal, wozu. Ich habe Kitty sehr gern.«
»Das weiß ich. Und sie hat dich sehr gern.«
»Ja. Also, hast du inzwischen herausbekommen, wie du dein Telefon benutzen musst? Damit du mich anrufen kannst, falls es nötig ist?«
Sie schnitt eine Grimasse. »Wenn ich ein Problem habe, suche ich mir ein normales Telefon. Zu deiner Information: Die Menschheit ist auch vor der Erfindung des Handys irgendwie zurechtgekommen.«
»Sind Sie sich auch sicher, dass Sie allein ins Krankenhaus fahren können?«, fragte Dr. Edwards, als Lucas fort und Kitty mit dem Krankenwagen unterwegs in die Klinik war.
»Absolut. Ich fahre schon seit vielen Jahren selbst.« Der Arzt sah sie ungläubig an. »Ich bin fast dreißig!«
»Oh, Entschuldigung. Ich hatte Sie für jünger gehalten.«
Perdita blickte in den ziemlich fleckigen Flurspiegel, um zu sehen, warum. »Ich sehe aus wie ein verängstigter Teenager!«, jammerte sie. »Kein Wunder, dass alle Welt mich wie ein Kind behandelt.«
»Das wohl kaum. Aber wie alt Sie auch sind, es ist eine große Verantwortung, für einen älteren Verwandten zu sorgen.«
»Ich weiß. Doch ich möchte es wirklich gern, und ich bin davon überzeugt, dass ich es kann.« Sie lächelte kläglich. »Aber jetzt schließe ich fürs Erste wohl besser die Tür ab und jage Kittys Krankenwagen nach. Sie wird mich brauchen, wenn sie ankommt.«
Kapitel 14
V ier Stunden, tausend Fragen und Antworten und eine Million Formulare später lenkte Perdita ihren Lieferwagen in die Einfahrt ihres Hauses und stellte den Motor ab. Sie war völlig erschöpft. Sie hatte Kitty in einem hohen, schmalen Krankenhausbett zurückgelassen, in dem sie klein, zerbrechlich und Lichtjahre älter aussah als noch am Tag zuvor. Plötzlich wurde Perdita klar, dass das Leben von nun an immer in die Zeit vor dem Schlaganfall und nach dem Schlaganfall unterteilt werden würde. Die Zeit vor dem Schlaganfall schien jetzt schon lange zurückzuliegen.
Sie betrat das Haus und legte sich zurecht, was sie am Telefon zu ihren Eltern sagen würde. Es war zehn Uhr abends, und sie hätte eigentlich überlegen sollen, wie spät es jetzt bei ihren Eltern war. Aber andererseits war dies ein Notfall, und die beiden würden wahrscheinlich nichts dagegen haben, geweckt zu werden. Sie hatte gerade ihr Adressbuch aufgeschlagen und wollte die ersten Ziffern eintippen, als es sehr leise an der Tür klopfte. Zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte Perdita sich, einen Hund zu haben, damit sie sich an seinem Halsband festhalten und so tun konnte, als wäre er bissig.
»Wer ist da?«, rief sie durch die Tür.
»Ich bin es, Lucas.« Sie öffnete die Tür. »Ich wollte nachsehen, ob alles in Ordnung ist«, erklärte er. Seine Worte klangen beinahe entschuldigend.
»Komm besser rein. Ich wollte gerade meine Eltern anrufen. Wenn du zuhörst, brauche ich nicht alles zweimal zu erzählen.« Perdita torkelte leicht vor Müdigkeit, und Lucas fasste ihr stützend unter den Ellbogen.
»Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?«
Perdita hatte genug Fragen beantwortet. Sie wedelte mit der Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen, ging zum Telefon und begann zu wählen.
Ihre Mutter, die nie akzeptiert hatte, dass Perdita erwachsen war, wollte alles stehen und liegen lassen und herfliegen, um für Perdita und Kitty da sein zu können. Perdita, der das in vieler Hinsicht sehr recht
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