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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Passwort, es war noch nicht alles verloren.
    Langsam stand ich auf, ging in Waynes schönes Badezimmer, machte den Arzneischrank auf und nahm die Flasche mit den Schlaftabletten heraus. Ich überlegte, ob ich sie stehlen konnte. Wie wichtig waren sie für ihn? Ich zum Beispiel, ich wusste bis aufs Milligramm genau, wie viele ich noch hatte, aber ihm war es vielleicht egal, ihm würde vielleicht nicht einmal auffallen, dass sie weg waren. Ich zwang mich, die Flasche zurück in den Schrank zu stellen, klappte die Tür zu und ging wieder nach unten ins Wohnzimmer.
    Ich legte mich wieder in die mir inzwischen vertraute Position flach auf den Fußboden und versuchte meine Gedanken über Wayne zu ordnen. Was hatte ich genau? Welche harten Fakten? Bei Gloria war ich vor die Wand gefahren, bei Docker ebenfalls. Was reine Fakten anging, hatte ich also herzlich wenig. Ich hatte das: Am Donnerstagmor gen, kurz vor zwölf, hatte jemand namens Digby übers Festnetz bei Wayne angerufen. Das war eine Tatsache. Ich stellte mir einen Stempel vor, der »FAKT« in großen schwarzen Buchstaben auf ein geheimes Dokument druckte. Das ge fiel mir, es hatte etwas Befriedigendes. Eine weitere Tatsache war, dass Wayne wenige Minuten später mit einem untersetzten, glatzköpfigen Mann um die fünfzig in einem Auto weggefahren war. FAKT! Wieder mit dem Stempel.
    Wahrscheinlich war die Annahme, dass der untersetzte Mann mit Glatze um die fünfzig mit Digby identisch war, nicht verkehrt. Deshalb war Digby der letzte Mensch, von dem ich wusste, dass er Wayne gesehen hatte. Und deshalb war es von elementarer Wichtigkeit, mit ihm zu sprechen. Aber ich hatte ihn zweimal angerufen – war das wirklich erst gestern gewesen? So viel war seitdem geschehen. Er hatte mich nicht zurückgerufen, und ich wusste, dass er es nicht tun würde. Ich musste mehr über ihn erfahren. Welche Bedeutung hatte er für Wayne? War er einfach ein gemieteter Fahrer? War er ein Freund?
    Wen konnte ich fragen? Die Laddz kamen als Erste infrage. Sie hatten heftig geleugnet, einen untersetzten Typ mit Glatze um die fünfzig zu kennen. Aber ich hatte sie nicht gefragt, ob sie jemanden kannten, der Digby hieß. Oder ob Wayne gelegentlich von einem Mann, der so hieß, gesprochen hatte.
    Sicher, ich hielt einfach nur alle Räder am Laufen, denn sobald ich die Berichte von dem Kreditkarten-Experten und dem Handyhacker hatte, wüsste ich genau, wo Wayne war. Nur würde ich diese Information frühestens Montag erhalten – also in sechsunddreißig Stunden –, und solange musste ich etwas tun. Irgendetwas.
    Ich griff nach dem Handy – ich wollte Parker anrufen und ihn bitten, mir die Laddz, einen nach dem anderen, ans Telefon zu holen –, dann zögerte ich. Vielleicht sollte ich diese kleinen Befragungen lieber nicht übers Handy machen. Es gab immer visuelle Hinweise, die einem entgingen, wenn man die entsprechende Person nicht vor sich hatte. Die Digby-Frage sollte ich besser jedem von Angesicht zu Angesicht stellen.
    O Gott. Dazu musste ich aufstehen. Und Waynes schönes Haus verlassen. Aber das war vielleicht besser so, sonst gewöhnte ich mich womöglich noch zu sehr daran.
    So oder so, ich konnte nicht ewig auf dem Fußboden lie gen bleiben. Wenn ich mir nicht die Laddz vornahm, musste ich mit der Befragung der Anwohner in Mercy Close weitermachen, mit Waynes nutzlosen Nachbarn, und ehrlich gesagt sah ich mich dazu nicht imstande.
    Dann brach ein anderer Gedanke zur Oberfläche durch, einer, den ich seit der ergebnislosen Fahrt nach Leitrim immer mal wieder gehabt hatte: Vielleicht sollte ich Wayne einfach in Ruhe lassen. Offensichtlich wollte er nicht gefunden werden. Aber ich wurde dafür bezahlt, ihn zu finden. Auftrag war Auftrag. Außerdem musste ich unbedingt etwas zu tun haben. Und ich war neugierig, ich wollte wirklich wissen, wo er steckte. Und trotz meiner Verachtung für Jay Parker, meiner Abneigung gegen John Joseph und meiner echten Angst vor Roger St Leger hatte mich das ganze Comeback-Drama der Laddz ein bisschen infiziert – der Zeitdruck, die Proben, Tausende von Fans, die Karten gekauft hatten, weil sie das Opernhaus von Sydney auf Waynes Kopf sehen wollten …
    Gut. Zu den Tatsachen. Digby. Ich würde mit den Laddz über ihn sprechen.
    Wahrscheinlich waren sie im MusicDrome bei einer Probe, aber ich rief Parker an, um mich zu vergewissern.
    »Guten Morgen«, sagte ich.
    »Guten Morgen? Es ist zehn vor drei.«
    Ach ja? Ausgezeichnet.
    »Bist du bei den

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