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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Was steckte dahinter?
    »Sie sind heute Abend im Fernsehen«, sagte Jay.
    »Wer? Die Laddz?«
    »In Saturday Night In .«
    Saturday Night In war eine sehr beliebte irische Talkshow. Ich sage »sehr beliebt«, aber ich persönlich würde sie mir nicht ansehen, selbst wenn man mir eine langsame Erdrosselung mit einem Würgeisen androhte, aber ein großer Prozentsatz der Iren schien Gefallen an der Show zu haben. Sie wurde von Maurice McNice moderiert (eigentlich hieß er Maurice McNiece). Er war ein Urgestein des Fernsehens und machte die Sendung schon so lange, dass man bei Paddy Power günstige Wetten abschließen konnte, ob Maurice McNice eines Tages während der Sendung tot vom Stuhl fallen würde. Meiner Meinung nach war das der einzige Grund, warum die Leute überhaupt noch einschalteten.
    »Wenn du also Wayne bis heute Abend neun Uhr finden könntest, wäre ich dir überaus dankbar«, sagte Jay.
    »Ich würde nicht damit rechnen«, sagte ich.
    Mein Handy kündigte mit einem Piepen eine Nachricht an. Von meiner Schwester Claire.
    Beim Friseur. Dauert länger. Faule Bande. Kaufst du Hähnchen für Grillfest?
    Die hatte Nerven, sollte sie sich ihr Hähnchen doch selber kaufen. Ich hatte schließlich zu tun.
    Ein Mann, mit knisternden Walkie-Talkies beladen und eine gewisse Autorität ausstrahlend, kam auf uns zu. Jay stellte ihn mir als Harvey, den Bühnenmanager, vor.
    »Wir haben das Geschirr mit dem Flaschenzug verbunden«, sagte Harvey zu Jay. »Sollen wir es probieren?«
    »Warum nicht?«, gab Jay zurück.
    Harvey gab die Anweisung an einen anderen Mann weiter, der an einem langen Schaltpult mit verschiedenen Bildschirmen und Tastaturen saß. »Packen wir’s, Clive.« Dann rief er den drei Laddz zu: »Okay, Jungs, seid ihr so weit?«
    »Wir sind so weit«, sagte John Joseph. Roger und Frankie sagten nichts.
    »Macht die Bühne frei«, rief Harvey, und die Menge wich zurück, sodass die drei, plötzlich irgendwie klein und verletzlich, allein dastanden.
    »Macht euch bereit«, sagte Harvey. »Fertig! Sie heben ab.«
    Und die drei hoben langsam und holpernd vom Boden ab. Einen Meter, zwei, drei, vier Meter. Immer höher. Spon tan brach Applaus los, Begeisterungsrufe waren von den Büh nenarbeitern zu hören.
    »Mit den Flügeln schlagen«, rief Jay. »Die Flügel!«
    »Ich finde das furchtbar.« Frankies Gesicht war rot und angespannt.
    »Du machst das toll!«, rief Jay.
    »Gar nicht toll!«
    Höher ging’s, höher und höher. John Joseph breitete die Arme aus und streckte grazil die Zehen, er kam richtig in Stimmung. Frankie hingegen machte ein kreuzunglückliches Gesicht, und Roger telefonierte mit seinem Handy.
    »Gut. Jetzt anhalten«, sagte Jay, als die drei Männer sechs oder sieben Meter über dem Boden schwebten. Mit ihren dicken, gefederten Beinen und den riesigen Flügeln hingen sie in der Luft und sahen unheimlich und lächerlich zugleich aus, wie eine von diesen Kunstinstallationen, über die man beim Betrachten sagt: »Ich weiß zwar nicht viel über Kunst, aber das hier ist doch der letzte Scheiß.«
    »Ich habe Höhenangst«, schrie Frankie.
    »Du machst das toll«, rief Jay. »Du musst dich dran gewöhnen. Sing ein Lied, das hilft.«
    »Ich habe Höhenangst! Ich habe Angst vor Federn! Lasst mich runter!«
    »Du machst das toll«, riefen einige der Zuschauer. »Frankie, du machst das toll. Gib nicht auf, Frankie, du bist toll.«
    »Lasst mich runter!«
    »Lasst ihn runter«, sagte Zeezah.
    Kaum hatte sie das gesagt, schlug die Stimmung um. Alle sprangen sofort auf und befolgten ihren Befehl. Es war phänomenal zu sehen, welche Macht sie hatte, und ich überlegte, was genau ihr diese Macht verlieh. Es liegt an ihrem Hintern, dachte ich. Er ist so rund und prall, dass die Menschen ihre Augen nicht davon abwenden konnten. Sie kann die Welt mit ihrem Hintern beherrschen.
    »Lass ihn runter«, sagte Jay zu Harvey.
    »Lass ihn runter«, sagte Harvey zu Clive, dem Mann am Schaltpult.
    »Bin schon dabei.« Clive drückte verschiedene Tasten, aber nichts geschah; die Laddz hingen weiter in der Luft.
    »Lass Frankie runter«, sagte Harvey mit einigem Nachdruck.
    »Es geht nicht. Die Hebevorrichtung funktioniert nicht. Das Programm reagiert nicht. Er hängt fest.«
    »Herr im Himmel!«, sagte Jay. »Was ist mit den anderen beiden?«
    »Warte.« Clive klickte mit der Maus, und John Joseph und Roger schwebten gemächlich zum Boden zurück.
    »Was ist jetzt?«, kreischte Frankie. »Ihr könnt mich nicht

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