Glücksfall
Laddz?«, fragte ich.
»Ob ich bei den Laddz bin?«, fragte er in einem Ton, der mir signalisierte, dass ich mich auf eine sarkastische Bemerkung gefasst machen sollte. »Ich wünschte, ich wäre bei den Laddz, Helen, ich wünschte es mir sehr. Aber ich bin nur bei Dreiviertel der Laddz, weil du trotz des beträchtlichen Honorars, das du bereits bekommen hast, das fehlende Viertel noch nicht gefunden hast.«
»Ich habe keine Zeit, mich mit dir anzulegen, Parker. Wo seid ihr? Auf der Bühne?«
»Wir proben die erste Nummer. Die Schwanenkostüme sind gerade angekommen.«
Schwanenkostüme?
»Sie sollten schon vor einer Woche geliefert werden. Anscheinend war es schwierig, die Stahlkorsetts hineinzubekommen. Auf die Gefahr hin, dass ich wie Frankie klinge, aber ich bin ein einziges Nervenbündel.«
»Das klingt fantastisch«, sagte ich. »Erzähl mir mehr.«
»Sie sind für die erste Nummer. Die Boys fliegen wie Schwäne auf die Bühne. Verstehst du, warum wir Wayne brau chen? Man muss das üben .«
»Ich komme sofort.«
Draußen in der Welt war es ein warmer Tag. In der Luft hing Essensgeruch. Burger, Würstchen, solche Sachen. Irgend wo in der Nähe wurde gegrillt. Einen köstlichen Moment lang glaubte ich tatsächlich, dass die irische Regierung ein Gesetz erlassen hatte, wonach unser Glücksquotient dadurch erhöht werden sollte, dass jeder im Land an diesem Tag aufgefordert wurde, zu einem Grillfest zu gehen und zu feiern. Vielleicht wurden Inspektoren ausgesandt, die überprüfen würden, ob die Menschen ein angemessenes Maß von Geselligkeit an den Tag legten, und wenn nicht, würden sie in ein Umerziehungslager geschickt, das wie eine irische Bar aussah und wo sie die nächsten sechs Monate damit zubringen würden, dreimal am Tag ein irisches Frühstück zu sich zu nehmen und zu lernen, wie man korrekt feierte. Aber nicht einfach nur, wie man feierte, obwohl das auch schon eine Herausforderung wäre, sondern wie man richtig auf den Putz haute, was viel schwieriger war. Ein Wochenende, an dem richtig auf den Putz gehauen wurde, war eine riskante Sache und stillenden Müttern sowie Menschen mit psychotischen Episoden nicht zu emp fehlen.
Herr im Himmel, was mein Verstand alles mit mir anstellte … Ich sah nach, ob Waynes Alfa noch dastand. Sicher, wenn Wayne gekommen und mit dem Auto weggefahren wäre, hätte ich zwar eine Nachricht erhalten, aber manchmal ist es ganz gut, wenn man etwas mit eigenen Augen sah. Das Auto war noch da, alles war unverändert.
Als ich zu meinem Wagen ging, rief jemand hinter mir: »He, Helen!«
Ich drehte mich um. Es waren Cain und Daisy. Wie Zombies kamen sie auf mich zu. Sie sahen aus, als hätten sie sich ein Jahr lang nicht die Haare gekämmt. Was gestern noch wie lässiger Surfer-Look ausgesehen hatte, erschien mir jetzt eher wie Wahnsinn im Anfangsstadium.
»Es tut uns leid, dass wir Ihnen gestern Angst gemacht haben«, rief Daisy.
»Können wir mit Ihnen sprechen?«, sagte Cain.
»Haut ab!«, sagte ich. »Lasst mich in Ruhe.«
Meine Hände zitterten, als ich das Auto aufschloss, und beim Losfahren starrten sie mir nach, als wären sie echt durchgeknallt.
38
D ie Straßen waren so gut wie leer – was nur meinen Verdacht bestärkte, dass alle zur Teilnahme an einem Grillfest verpflichtet worden waren –, und ich kam eine Viertelstunde später beim MusicDrome an.
Wie beim letzten Mal auch lag die Halle in tiefster Dunkelheit, nur die Bühne erstrahlte im Scheinwerferlicht. Leute rannten herum und sahen geschäftig und besorgt aus. Viele hatten Klemmbretter dabei.
Ich konnte keinen von den Laddz sehen, spürte aber, dass Dinge im Gange waren. Ich stieg die Stufen zur Bühne hinauf und schlängelte mich zwischen Choreografen, Kostümleuten, Roadies mit Pferdeschwänzen zum Epizentrum der Energie durch. Dort standen John Joseph, Roger und Frankie mit nackten weißen Beinen (außer denen von Frankie, natürlich, die waren orange) und steckten in Gymnastikanzügen aus weißen Federn. Sie gaben lächerliche, mitleiderregende Figuren ab und sahen aus wie zu große Kinder. Selbst Roger mit seinen langen Gliedmaßen und lässigen Bewegungen hatte Mühe, das Demütigende der Situation zu überspielen.
Bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass in jeden Gymnastikanzug ein metallenes Korsett eingebaut war. Am Rücken ragten jeweils zwei dünne Metalldrähte aus dem Kostüm und verschwanden in der schattenreichen Unendlichkeit des Theaterhimmels meilenweit über uns. Mein
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