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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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sagte Bella knapp, dann wandte sie sich mir zu. »Wir brauchen ein bisschen Ruhe hierfür, Helen.«
    Sie entführte mich ins Büro, dem höchsten Raum im gan zen Haus, ein Glasgehäuse, das auf einem Stahlträger aus dem Hauptteil des Gebäudes herausragte. Alle Wände und sogar der Fußboden waren aus Glas. Es war ein so erstaunliches Zeugnis der Ingenieurzauberkunst, dass ich mich nicht traute, darüber nachzudenken, weil mir dabei vielleicht der Kopf platzen würde.
    Bella wies mir einen Platz auf einem Sitzsack aus Silber lamé zu und setzte sich dann selbst auf einen Stuhl, auf dem sie über mir thronte. Unter meinen Füßen konnte ich den Garten, die Gäste und sogar die Schüssel mit dem schönen Farmersalat sehen. Die Leute waren im Aufbruch. Gut. Vielleicht hätte ich Artie bald für mich.
    »Bist du nervös?«, fragte Bella. »Was das Quiz über dich aussagen wird?«
    »Ein bisschen.«
    »Das ist ganz normal«, sagte sie freundlich. »Ich erkläre es dir. Ich stelle dir eine Frage, zu der es vier mögliche Antworten gibt: A, B, C oder D. Du gibst mir die Antwort, die dir richtig vorkommt. Ich möchte aber betonen, Helen, dass es keine falschen Antworten gibt. Denk nicht zu viel drüber nach, antworte einfach. Habe ich es genug erklärt?«
    Ich nickte. Ich war jetzt schon erschöpft.
    »Dann wollen wir anfangen. Was ist deine Lieblingsfarbe?« Sie hielt ihren Stift (natürlich rosa) über dem Klemmbrett, den Zettel mit den Fragen hielt sie hinter der Hand verborgen. »Rosa, Punkte, Streifen oder Pigment?«
    »Pigment.«
    »Pig-me-nt«, sagte sie langsam und setzte einen kleinen Haken auf das Blatt. »Damit hatte ich gerechnet. Bist du bereit für die nächste Frage? Wenn du ein Gemüse sein könntest, würdest du dann gern in Milch gekocht, à la dauphinoise zubereitet, geraspelt oder in Gemüsebrühe gegart werden?«
    »In Gemüsebrühe, auf jeden Fall.«
    »Das hatte ich vermutet«, sagte sie. »Die eleganteste Mög lichkeit. Die nächste Frage, sie hat auch mit Gemüse zu tun. Wenn du ein Kohlkopf sein könntest, was würdest du sein wollen? Wirsing, Rotkohl, Grünkohl oder Weißkohl?«
    »Keiner, weil …«
    »… du verabscheust Kohl. Sehr gut! Das war eine Fangfrage! Ich kenne dich sehr gut. Was wiegt mehr? Ein Kilo Federn, ein Kilo Mascara, ein Kilo Sterne oder ein Kilo Kilos?«
    »Ein Kilo Sterne.«
    »Sterne? Du schafft es immer noch, mich zu überraschen, Helen. Würdest du lieber mit Delfinen in der Karibik schwim men, Bungee-Jumping an der Golden Gate Bridge machen, an einem Drahtseil den Grand Canyon überqueren oder zehn Mars in einer Jurte in Carlow essen?«
    »Das mit den Mars.«
    »Ich auch. Wie möchtest du am liebsten sterben? Im Schlaf, in einem Luxus-Spa, in einem Menschengedränge bei der Eröffnung eines neuen Topshop oder bei einem Flugzeugabsturz?«
    »Da ist mir alles recht.«
    »Du musst eins wählen.«
    »Gut, dann den Flugzeugabsturz.«
    »Damit ist das Quiz zu Ende.«
    Gott sei Dank. Das war gnädig..
    »Du kannst dich jetzt entspannen«, sagte sie. »Ich rechne deine Punktzahl aus.«
    Es gab viel Gemurmel, als sie die Informationen auswertete. Am Schluss sagte sie: »Das meiste sind Ds. ›Du kannst tanzen, lässt es aber lieber. Du wärst gern ein ›Flaneur‹, obwohl du nicht genau weißt, was das ist. Du neigst zu Schroffheit, aber du hast ein gutes Herz. Du scheust dich nicht davor, Warenhausmode mit Designer-Stücken zu mischen. Manchmal wirst du missverstanden. In deinem späteren Leben bekommst du vielleicht Gicht.‹«
    Das war erstaunlich präzise, und das sagte ich ihr.
    »Ich kenne dich gut. Ich habe dich genau studiert. Helen, darf ich dich jetzt um einen Gefallen bitten?« Ihr kleines Gesicht war ernst. »Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich runtergehe und mich um Mum kümmere? Ich glaube, sie fühlt sich ein bisschen einsam.«
    »Eh … nein, natürlich nicht.«
    Sosehr ich Bella auch mochte, sie konnte einem alle Ener gie rauben. Doch kaum war ich allein, wurde ich von der Schwärze überrollt. Ich war schockiert davon, schockiert auch, wie viel schlimmer es in den letzten zwanzig Minuten geworden war. Es wuchs und wuchs, wie ein grauen haftes Tier. Ich musste in Bewegung bleiben. Wenn ich Artie einen Moment für mich haben konnte, vielleicht würde die Schwärze damit gebannt. Oder vielleicht sollte ich eine Fahrt auf der Autobahn machen.
    Ich saß noch auf dem Sitzsack, als Artie hereinkam. »Wie ich höre, neigst du zu Schroffheit, hast aber ein gutes

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