Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes

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gegeben hatte, keine einzige. Sharkey hatte akribisch jede Transaktion der letzten zwei Monate aufgeführt, aber ab Mittwochabend war nichts mehr passiert.
    Ich starrte auf das Display meines Handys und scrollte rauf und runter, weil ich dachte, ich hätte etwas übersehen, aber nein, es hatte sich nichts bewegt.
    Gut, bei zwei seiner Kreditkarten war er ans Limit gegangen, die hätte er also nicht benutzen können, aber er hatte eine dritte Karte, auf der noch reichlich Spielraum war, und er hatte eine Karte fürs Girokonto.
    Die letzte Buchung war der Kauf einer Pizza um 21.36 Uhr am Mittwochabend, seitdem hatte er keine seiner drei Kreditkarten benutzt, er hatte nicht mit der Girokarte eingekauft, und er hatte nicht einen Cent am Geldautomaten abgehoben.
    Man konnte denken, er sei von der Kante der Erdplatte gefallen.
    Ich war vor Schock wie versteinert. Mein Verstand erstarrt.
    Die nächste große Frage war, ob in den Tagen vor Waynes Verschwinden eine größere Summe von seinem Konto abgehoben worden war. Auch das war nicht der Fall. Am Sonntag vor einer Woche hatte er einhundert Euro abgehoben, aber das war im normalen Rahmen, das war das Muster, er hob alle paar Tage hundert Euro ab, offenbar sein Taschengeld.
    Wo war er also, dass er kein Geld brauchte? Und wie war er dahin gekommen? Man kann kein Auto mieten, man k ann kein Hotelzimmer bezahlen, man kann nicht essen gehen, man kann gar nichts machen, ohne eine Karte zu benutzen.
    Einen Moment hatte ich das Gefühl, so wie am Anfang, dass Wayne tot war. Ich hatte es gespürt . Damals dachte ich, ich würde das, was sich in meinem Kopf abspielte, mit Waynes Geisteszustand verwechseln, aber jetzt, angesichts der unbenutzten Karten, fühlte er sich tot an. Alles so weiß, so unbenutzt – das sah mir sehr nach Tod aus.
    Ich spürte einen scharfen Stich von etwas Schrecklichem in meinem Gedärm. Ich machte die Augen zu, machte sie wieder auf und starrte auf die zarte Haut an der Innenseite meines Handgelenks, auf das blaue Aderngeflecht.
    Nein. Ich musste etwas übersehen haben. War es möglich, dass Wayne eine heimliche Kreditkarte hatte? Aber das würde bedeuten, dass er alle Unterlagen dazu vernichtet hatte, und das ging eigentlich zu weit. Zu weit, um plausibel zu sein.
    Und wie sah es mit Sharkeys Informationen aus? Konnte man sich darauf verlassen? Unbedingt. Nicht nur hatte er (es konnte natürlich auch eine »sie« sein) einen unerschütterlichen Ruf, sondern er hatte auch haufenweise Informationen mitgeliefert, die ich gegen die Unterlagen in Waynes Büro abgleichen konnte. Er hatte Waynes Hypothekenzahlungen und Belege über seine laufenden Kosten und Daueraufträge der letzten beiden Monate aufgelistet, jeweils für die korrekten Beträge und Daten. Er hatte sogar eine Lastschrift für Waynes Krankenversicherung aufgeführt, und ich wusste von dieser Zahlung, weil Jay Parker den Umschlag mit der Empfangsbestätigung, der in der Post war, aufgemacht hatte.
    Was war hier also los? War Wayne doch in eine heikle Sache verstrickt? Harry Gilliams Anruf, der mir Angst gemacht hatte, deutete in diese Richtung. Aber Wayne schien irgendwie nicht der Typ dafür.
    Und wenn er doch freiwillig verschwunden war? Tatsache ist aber, dass niemand verschwindet, nicht richtig, jedenfalls. Irgendeiner weiß immer, wo die Person ist. Irgendeiner, irgendwo – vielleicht die nicht auffindbare Gloria – half Wayne.
    Ich versuchte mich zu erinnern, was die Nachbarn gesagt hatten, als ich sie bat, nur nach ihrem Gefühl zu gehen. In dem, was die Menschen sagen, ist immer ein Körnchen Wahrheit, auch wenn sie es selbst nicht wissen. Wahrschein lich wusste ich längst, wo Wayne war. Ich hatte alle Informationen. Ich wusste nur nicht, was relevant war und was nicht.
    Aber mit einem scharfen Stich von Angst wurde mir bewusst, dass ich abbaute, dass mein Geisteszustand sich verschlechterte. Meine Batterien wurden schwächer, und ich musste Wayne finden, bevor ich völlig am Ende war.
    Stimmte es also, dass er in einem Camper in Connemara herumfuhr und sich die Ginsterbüsche ansah, wie Frankie gesagt hatte? Wenn ja, dann viel Glück. Connemara war groß, es gab eine Menge Ginster dort, und ich sah mich dieser Aufgabe nicht gewachsen. Jay Parker hatte gesagt, Wayne sei bei einem Pasteten-Wettessen in North Tipperary, aber bei Google sah ich sofort, dass es so etwas gar nicht gab.
    Nachdem Roger St Leger aufgehört hatte, dummes Zeug zu reden, hatte er gesagt, dass Wayne zu Hause sei