Glücksfall
du mich hasst. Jetzt komm.« Er eilte die breiten Granitstufen hinauf, und eine kleine Südamerikanerin in schwarzem Kleid und weißer Schütze führte uns in eine riesige Empfangshalle, die mindestens drei Stockwerke hoch war.
» Hola , Infanta«, sagte Jay. » ¿C ómo estás?«
»Mr. Jay!« Infanta war offensichtlich hocherfreut, ihn zu sehen. Eine erstaunlich schlechte Menschenkennerin, wie mir schien. »Warum Sie nicht gekommen drei Tage? Ich Sie vermisst!«
»Ich habe Sie auch vermisst.« Jay umfing sie und tanzte mit ihr durch die Halle.
Ich sah ihnen zu. Meine Hände zitterten, und mein Gesicht fühlte sich an wie bei einem Sonnenbrand. Wut, nahm ich an. Wenn ich diesen Auftrag übernahm, müsste ich mein Zusammensein mit Jay Parker auf ein Minimum beschränken. Er hatte eine verheerende Wirkung auf mich.
»Ah, Mr. Jay!« Infanta machte dem wilden Tanz ein Ende. »Mr. John Joseph wartet in Empfangsraum auf Sie.«
»Ich muss Sie aber mit meiner Freundin Helen Walsh bekannt machen«, sagte Jay, atemlos und mit geröteten Wangen.
Infanta betrachtete mich voller Ehrfurcht. »Wir lieben alle Jay Parker. Sie sind glückliche, Sie sind seine Freundin«, sagte sie.
»Er ist nicht mein Freund«, sagte ich, und Infanta trat schockiert einen Schritt zurück.
»Nett«, sagte Jay. »Bring die Arme ruhig in Verlegen heit.«
»Aber du bist wirklich nicht mein Freund.« Ich sah von ihm zu ihr. »Infanta, es tut mir leid, aber er ist nicht mein Freund.«
»Ist okay«, sagte sie, und es war fast ein Flüstern.
Ich musste tief in mein Inneres gehen und die stählerne Befestigung suchen, die im Begriff war, sich zu verbiegen. Ich klammerte mich an sie und versuchte, Kraft zu schöpfen. Mehr als das verschreckte kleine Gesicht einer Infanta war nötig, bevor ich, Helen Walsh, Schuldgefühle bekommen würde.
Der sogenannte Empfangsraum war riesig . Man konnte John Joseph am anderen Ende kaum erkennen. Er stand am Kamin und hatte den Ellbogen auf den Sims gestützt, aber es sah aus, als müsste er sich dazu ein bisschen strecken. Zugegeben, es war nicht gerade ein kleiner Kamin, aber trotzdem.
Die Inneneinrichtung, die er gewählt hatte, war wie die Halle eines Adligen im Mittelalter ausgestaltet (glaube ich). Hölzerne Wandverkleidung mit geschnitzten Verzierungen, Wandbehänge und ein absolut riesiger dreistöckiger Kronleuchter, der aus den Geweihen irgendwelcher prähistorischer Tiere gefertigt war. Zwei irische Wolfshunde rekelten sich vor dem Feuer, und von den Wandleuchten flackerte Kerzenlicht.
»Jay!« John Joseph kam mit großen Schritten quer durch den Raum auf uns zu – einen Moment lang dachte ich sogar, er würde auf einen der Wolfshunde aufspringen –, und obwohl er in gewisser Weise eine nationale Witzfigur war, konnte ich nicht umhin, beeindruckt zu sein, weil er ein Star war. Aus der Nähe sah er aus wie ein gealterter Waldschrat. Das rehäugige Gesicht, das ihn als Neunzehnjährigen so hinreißend gemacht hatte, war jetzt ein wenig verschrumpelt.
»Sie müssen Helen Walsh sein.« Er gab mir einen warmen, festen Handschlag. »Danke, dass Sie so schnell bereit waren, an Bord zu kommen. Setzen Sie sich. Was darf ich Ihnen zu trinken anbieten?«
Ich habe die Angewohnheit, spontan Abneigung gegen Menschen zu fassen. Es spart einfach Zeit. Außerdem kann ich Leute nicht leiden, die »an Bord kommen« sagen, außer natürlich, es sind Seeleute, aber meistens sind es keine. Allerdings, bei John Joseph wollte ich nicht so voreilig sein.
Er war freundlich und angenehm und erweckte den Eindruck, dass er die Sache im Griff hatte. Sein Blick sprang wachsam umher, und er musterte mich von oben bis unten – nicht aufdringlich, eher aufmerksam. Eindeutig nicht der Widerling, den ich erwartet hatte.
Er war klein. Nicht viel größer als ich, und ich bin eins achtundfünfzig. Aber von kleinem Wuchs zu sein heißt nicht, dass man nicht tüchtig sein kann, oder sogar Furcht einflößend – zumindest sagt man mir das nach.
Eine Cola light erschien aus dem Nichts, obwohl ich mich nicht erinnern konnte, darum gebeten zu haben, und ein Kaffee wurde vor Parker hingestellt. Eine gut funktionierende Maschine, der Hartley-Haushalt. John Joseph setzte sich neben mich, auf eins von vier sehr langen Sofas.
»Fangen wir an«, sagte er.
»Okay. Fangen wir am Anfang an«, sagte ich. »Nimmt Wayne Drogen? Besorgt er sich von zwiespältigen Typen Geld?«
»Nichts dergleichen. Dazu ist er nicht der Typ.«
»Wie lange
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