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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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wie sie war, vor ihn hin.
    »Hi!« Er ignorierte Bronagh und sprach zu mir mit öliger Stimme.
    »Sie sehen heute ja sehr sprack aus.« Bronagh lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich.
    »Ich sehe wie aus?«
    »Sehr sprack, wirklich. Ich habe gesehen, wie Sie diesen kleinen Frisbee beäugt haben.«
    »Frisbeeee.« Er leckte sich regelrecht die Lippen. »Genau.«
    »Heute Abend sind lauter Plinte hier«, sagte Bronagh mun ter. »Das macht die Menschen ein bisschen kogel. Tremm!«
    Sie schlug in die Hände – nur einmal, aber sehr laut –, und Kristo machte einen kleinen Satz.
    Er sah mich an und sagte mit einem abschätzigen Nicken in Bronaghs Richtung: »Wovon redet sie?«
    »Tremm!« Ich schlug in die Hände. »Spüren Sie das nicht?«
    »In Ihrem Nimbus?«, fragte Bronagh. »Oder in Ihrem Striff? Eins, zwei, drei, tremm. Kommen Sie, klatschen Sie sich auf die Kokosnüsse, klatschen Sie sich auf die Soutane, eins, zwei drei, tremm!«
    »Können Sie mal Ihre verrückte Freundin loswerden?«, sagte er zu mir.
    »Verrückt?«, sagte ich. »Was zum Flier wollen Sie damit sagen? Jetzt alle zusammen, eins, zwei, drei, tremm!«
    Das war’s. Er gab sich geschlagen, machte auf dem Absatz kehrt und ging.
    Ich konzentrierte mich wieder auf Shannon O’Malley. Aber ihr Gerede war noch immer von lähmender Ödnis. »… du weißt, wie das mit Kindern ist, sie brauchen Raum für sich«, sagte sie gerade. Ich klinkte mich sofort wieder aus.
    Bronagh war tausend Shannon O’Malleys und ihresgleichen wert gewesen. Dann hatte ich schon lieber keine Freunde, bevor ich mir solchen Mist anhörte.
    Shannon redete immer weiter, und ich heftete meinen Blick auf die Tür zu Dr. Waterburys Behandlungszimmer und sehnte mich danach, dass sie sich öffnete. Endlich sagte sie die magischen Worte: »Du kannst jetzt reingehen.«
    »Ah, Helen, hallo.« Dr. Waterbury schien erfreut, mich zu sehen, was, wenn man es recht bedenkt, seltsam war, denn wenn man Arzt ist, kommt niemand zu einem, weil er gute Nachrichten zu überbringen hat. »Wie geht es Ihnen?«
    »Ich sage Ihnen, wie es mir geht. Gestern habe ich gedacht, ich hätte einen Schwarm Aasgeier über der Tankstelle gesehen.«
    Er sah mich prüfend an. »Aasgeier? Wenn ich mich richtig erinnere, waren es letztes Mal Riesenfledermäuse.«
    »Sie haben ein ausgezeichnetes Gedächtnis.«
    »Riesenfledermäuse, Aasgeier, eigentlich kein großer Unter schied, oder? Ich nehme an, es waren keine wirklichen Geier. Möwen? So wie letztes Mal?«
    »Möwen. Ich brauche wieder eine Ladung von den Glücks pillen.«
    »Gibt es andere Symptome?«
    »Eigentlich nicht. Aber ich habe immer so einen Schmerz in der Brust. Manchmal habe ich Mühe zu atmen.«
    »Sonst noch etwas? Können Sie schlafen?«
    »Ich schlafe volle drei Stunden.«
    »Schwierigkeiten beim Einschlafen? Oder wachen Sie früh auf?«
    »Beides, glaube ich.«
    »Wie ist es mit dem Appetit? Wann haben Sie das letzte Mal eine ordentliche Mahlzeit zu sich genommen?«
    »… ehh …« Ich dachte nach. »Im April.«
    »Im Ernst?«
    »Im Ernst. Aber ich war noch nie eine, die regelmäßige Mahlzeiten am Tisch einnimmt.«
    »Jetzt erinnere ich mich«, sagte er. »Käsesandwich mit Farmersalat. Davon haben Sie sich ernährt. Was beschäftigt Sie sonst noch?«
    Stockend sagte ich: »Ich habe Mühe, mit Menschen zu sprechen, ich möchte niemanden in meiner Nähe haben. Aber ich will auch nicht allein sein. Es fühlt sich ziemlich seltsam an. Bedrohlich seltsam. Die Welt sieht … seltsam aus. Ich habe keine Lust zu duschen, mir ist egal, was ich anziehe. Alles hat etwas Unheilvolles, als würde gleich etwas Schreckliches passieren. Manchmal fühlt es sich so an, als wäre es schon passiert.«
    »Wie lange geht das schon so?«
    »Seit ein paar Tagen.« Ich überlegte. »Oder ein paar Wochen. Seit einer Weile. Bitte, Herr Doktor, verschreiben Sie mir wieder die Glückspillen, und dann gehe ich.«
    »Ist irgendetwas passiert, dass es zu diesem Rückfall gekommen ist?«
    »Es ist kein Rückfall. Es ist nur vorübergehend.«
    »Irgendwelche Verluste in letzter Zeit? Traumatische Erfahrungen?«
    »Na ja, mein Zuhause, meine Wohnung … der Strom wurde abgestellt, mein Bett wurde gepfändet.«
    »Ihr Bett? «
    »Ja, es ist ein bisschen kompliziert. Ich musste gestern wieder zu meinen Eltern ziehen. Zählt das als traumatisch?«
    »Was glauben Sie, Helen?«
    »Oh, fangen Sie nicht so an. Sie sind mein Arzt, nicht mein Therapeut.«
    »Wo Sie das erwähnen: Gehen

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