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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Zimmer »zu öffnen«, sie »licht und luftig« zu machen. Dad, der hocherfreut darüber war, dass ich endlich zu Hause auszog, wollte sogar einen Wagen mieten und schlug vor, dass wir zu Ikea fuhren, alle zusammen. »Wir machen einen Ausflug«, sagte er. »Wir können da auch mittagessen, ich habe gehört, es gibt ausgezeichnete schwe dische Fleischbällchen. Wir kaufen alles, was du brauchst, auch einen Eisportionierer.« Aber statt meine Wohnung mit reinen, klaren Linien nach skandinavischem Vorbild einzurichten, tat ich das genaue Gegenteil. Ich machte sie dunkel und interessant und geheimnisvoll. Und ich stellte lauter Antiquitäten rein.
    Ich sage Antiquitäten, aber ich meine natürlich alten Trödel, schließlich war Geld knapp, jetzt, da ich die Hypothek hatte. Ich ging zu Nachlassverkäufen, wo man einen großen Karton mit altem Kram praktisch umsonst bekam, und normalerweise waren kaputte Lampen und hässliche Ölbilder von Pferden drin, aber hin und wieder fand man etwas Nützliches oder auch Hübsches. Auf diese Weise hatte ich einen langen Garderobenspiegel erworben, der nur wenige blinde Flecken aufwies, und eine sehr hübsche Waschschüssel mit einem Krug, beide fast unversehrt.
    Mein Bett stammte aus einem Kloster, das geschlossen worden war, und bestand aus Mahagoni mit schwarzen Lackintarsien an Kopf- und Fußteil. Dafür, dass Nonnen den weltlichen Gütern abgeschworen haben sollen, war es ziemlich stark verziert, aber vielleicht hatte es der Mutter Oberin gehört. Ich stellte mir vor, dass sie in dem prächtigen Bett lag, Weingummi aß, Madeira trank und sich dabei America’s Next Top Model ansah, während die bleichen Novizinnen in der eisigen Kapelle auf tiefgefrorenen Erbsen knieten und von einem Abendessen aus gekochtem Wasser träumten.
    Im Laufe der Monate trug ich weitere Einrichtungsgegenstände zusammen. Ich stellte ein großes Bündel Pfauenfedern vors Wohnzimmerfenster, damit das Licht durch sie hindurch gefiltert wurde und bläulich wirkte. Dann, durch einen glücklichen Zufall, fand ich bei einer Auktion zwei Vorhänge mit Pfauenmuster, die perfekt zu den Pfauen federn passten. Leider waren die Vorhänge viel zu groß, die Vorhangstange reichte quer über die ganze Wand, und bei zugezogenen Vorhängen war es im Zimmer wie in einer Grotte, aber trotzdem.
    Ich wählte die Wandfarben sorgfältig aus. Wie schon ge sagt, konnte ich mir die Farben von Holy Basil nicht leisten, deshalb versuchte ich, billige Nachahmungen zu finden, und das gelang mir anscheinend auch, denn Tim, der Maler, bekam schreckliche Kopfschmerzen, nachdem er mein Schlaf zimmer dunkelrot gestrichen hatte. (Bei Holy Basil hieß die fast identische Farbe Fäulnis .) »Ich werfe Aspirin ein, als wären es Smarties«, sagte er und meldete sich zwei Tage krank.
    Dann versteifte ich mich darauf, dass ich schwarze, ungemusterte Bettwäsche haben wollte; ich verbrachte Stunden im Netz und verfluchte The White Company.
    Eine Weile war die Verschönerung meiner Wohnung meine Hauptbeschäftigung. Ich war wie verliebt, ich konnte an nichts anderes denken. In einem Moment glühender Inspiration warf ich ein Gazetuch über den Spiegel, sodass mein Spiegelbild etwas Geisterhaftes bekam. Dann nahm ich es wieder runter. Es war zu viel.
    Damit fing eine Phase milder Revision an. Ich warf die Waschschüssel und den Krug raus, weil es Waschutensilien waren. Und sie mehrere Sprünge hatten. Und einfach ein bisschen daneben waren. Plötzlich hatte ich Zweifel an dem Kriegsschiffgrau in meinem Badezimmer. Ich übermalte es mit Gelb. (Die Farbe hieß Butterblume .) (Aber bei Holy Basil hieß sie Schlamm .) Das schwere Teak-Büfett hatte, wie sich herausstellte, Holzwurm. Und die moosgrüne Chenille-Tisch decke schimmelte.
    Insgesamt war meine neue Wohnung im ständigen Wer den begriffen, und ich wählte die Leute, denen ich sie zeigte, sorgfältig aus. Ich wollte, dass sie meine Wohnung so sehr liebten wie ich, und manche taten es, manche nicht. Bronagh fand sie natürlich großartig, Claire fand sie großartig, Dad fand sie – womit ich nicht gerechnet hatte – großartig, und Anna murmelte leise: »Ferne Stimmen, stille Leben«, was, glaube ich, ein gutes Zeichen war.
    Margaret hingegen war nicht so begeistert. Bei ihrem ersten Besuch sah sie sich ängstlich die efeugrünen Wände an und sagte: »Es ist ein bisschen zum Fürchten.« Ein paar Wochen später teilte sie mir kurz und bündig mit: »Ich möchte nicht, dass meine Kinder zu

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