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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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dir in die Wohnung kommen. Nach unserem Besuch bei dir haben sie schlecht geschlafen.«
    Rachel sagte, die Wohnung sei Ausdruck eines kranken Hirns. Als sie den dunkelblauen Flur betrat, brach sie in lautes, höhnisches Gelächter aus und sagte düster: »Jetzt ist mir alles klar.«
    Und als Jay Parker in mein Leben trat, sagte er, eine halbe Stunde in meinem Wohnzimmer, während Top Gear im Fern sehen lief, sei so, als wäre man lebendig begraben.

18
    A ls ich wieder zum Haus meiner Eltern kam, wartete Mum mit einem Muffin auf mich.
    »Banane und Pekannuss, ich weiß, es ist die falsche Farbe, aber du könntest es mal probieren. Alles in Ordnung?«, fragte sie. »Du siehst so …«
    »Bestens«, sagte ich. »Es sind nur die Wolken. Wenn es so bedeckt ist wie jetzt, streikt mein Kopf.«
    Ihr Gesicht nahm einen seltsamen Ausdruck an. »Der Him mel ist blau.«
    Ich sah aus dem Fenster: Tatsächlich, der Himmel war blau. »Seit wann das denn?«
    »Schon den ganzen Morgen.«
    Aber das machte es auch nicht besser. Der leere Himmel sah hart und kalt und unbarmherzig aus. Hätte man nicht ein paar Wölkchen dazwischensetzen können, um ihn weicher zu machen?
    »Was hat der Arzt gesagt?«, fragte Mum.
    Wie viel sollte ich ihr erzählen? Ich dachte an ihre Reaktion, als ich die Geier gesehen hatte.
    Am besten erzählte ich nichts.
    Vor zweieinhalb Jahren hatte ich gelernt, keinen Trost von den Menschen um mich herum zu erwarten, denn sie konnten mir keinen geben. Wir alle hatten Angst. Keiner verstand, was mit mir los war, und niemand konnte etwas zu meiner Besserung beitragen, sodass sich alle hilflos und schuldig fühlten und schließlich verärgert waren. Ja, sie hatten mich lieb, das wusste ich im Kopf, auch wenn mein Herz es nicht spüren konnte, aber ein bisschen waren sie auch böse auf mich. Als hätte ich mich dazu entschieden, eine Depression zu bekommen, und würde mich absichtlich gegen die Medikamente sträuben, die mich heilen sollten.
    Selbstverständlich wollten alle, dass ich geheilt wurde. Und als es mir schließlich besser ging – nach sechs höllischen Monaten –, wollte niemand, dass ich jemals wieder krank wurde.
    »Er hat mir wieder die Glückspillen verschrieben. Das hilft bestimmt. Hat Jay Parker einen Schlüssel für mich vorbeigebracht?«
    »Nein.«
    Mist. Ich wollte in Bewegung bleiben, meinen Kopf beschäftigen, die Gedanken in Schach halten.
    Es war schon nach zehn. Wann genau wollte er mir die Schlüssel denn bringen? Ich schickte ihm eine SMS, und er schrieb zurück, er sei auf dem Weg. Das konnte viel bedeuten von einem, der unzuverlässig und ein Lügner war.
    »Ich frage mich bloß …«, sagte Mum.
    Ich wusste, was sie sich fragte.
    »… was ist eigentlich schiefgegangen mit dir und Jay Parker?«
    »Habe ich komplett vergessen.« Ich würde niemals irgend wem erzählen, was passiert war. Ich hatte es bei unserer Trennung nicht getan und würde es auch jetzt nicht tun.
    »Das ist erst ein Jahr her«, sagte Mum. »Das kannst du nicht vergessen haben.«
    »Ich habe es aus meinem Bewusstsein verbannt«, sagte ich fröhlich.
    »Aber …«
    »Ich habe den Datensatz gelöscht …«
    »Das kannst du nicht! Niemand kann das.«
    »Ich habe einen starken Willen.« Ich lächelte lieblich. »In der Hinsicht habe ich Glück. Komm, zwing mich lieber, zu duschen und mir die Haare zu waschen, solange ich warte.«
    Sie zögerte einen Moment, sie wollte von der Jay-Parker-Geschichte nur ungern ablassen, dann sagte sie: »Na gut.« Mit der finsteren Miene einer Gefängniswärterin bugsierte sie mich ins Badezimmer.
    Mum hat eine starke theatralische Neigung, sie kann sich sehr gut in eine Rolle hineinversetzen. Gelegentlich, wenn ich einen Engpass hatte und sie mich bei meiner Arbeit unterstützte, konnte sie sich richtig hineinsteigern, als wären wir Fernsehdetektive, die die Geschwindigkeitsbegrenzung überschreiten und sich mit der Schulter gegen verschlossene Türen werfen.
    Ehrlich gesagt war es bei mir ganz ähnlich. Zu meiner Entschuldigung kann ich aber vorbringen, dass es nur am Anfang so war, als ich Tagungsräume nach Abhörgeräten absuchte und mich fragte, wann das Leben endlich richtig aufregend würde.
    Zu meiner Überraschung (von der ungewissen Sorte) war Claire da, als ich aus dem Badezimmer kam.
    »Was zum Anziehen für dich.« Sie warf mir eine Tasche entgegen. »Hab mir Mühe gegeben.«
    Ich hatte sie eine Weile nicht gesehen, zwei Wochen viel leicht. Sie sah großartig aus. Ihr Haar

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