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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Sie noch zu ihr? Antonia Kelly, oder?«
    »Ja, so heißt sie, und nein, ich gehe nicht mehr hin.«
    »Warum nicht?«
    »Es ging mir besser.«
    »Könnte nicht schaden, sie mal anzurufen. Irgendwelche Selbstmordfantasien?«
    »Na ja … wo Sie davon sprechen. Also, ich habe keinen konkreten Plan, aber ich würde mir zu gern ein ungewöhnliches Virus einfangen, das zum Tode führt.«
    »Hmm. Verstehe.« Das gefiel ihm nicht. »Hört sich nicht gut an. Können Sie sich vorstellen, noch einmal …«
    »Nein!« Niemals. Daran wollte ich nicht einmal denken. »Sagen Sie …« Es war schwierig, die Frage zu stellen, aber es musste sein. »Sagen Sie mir bitte: Rieche ich?«
    Er seufzte. »Ich habe nicht sieben Jahre an der Universität studiert, um solche Fragen zu beantworten.«
    »Das heißt, ja.«
    »Nein, Sie riechen nicht. Wenigstens nicht bis hier.« Aber er saß ziemlich weit weg, nicht nah genug, um es genau sagen zu können. »Helen … fragen Sie jemand anderen. Zum Beispiel Ihre Mutter.«
    »Sie ist alt. Ihr Geruchssinn ist in letzter Zeit nicht mehr so gut.«
    Er seufzte und wandte sich dem Bildschirm zu. »Mal sehen. Antidepressiva. Effexor hat letztes Mal bei Ihnen nicht angeschlagen. Cymbalta auch nicht. Und Aponal. Aber das Seroxat hat gewirkt. Versuchen wir es einmal damit. Und wir fangen mit einer hohen Dosis an, es hat keinen Zweck, lange rumzuprobieren.« Er hämmerte auf die Tasten.
    »Wenn Sie schon ein Rezept ausstellen«, sagte ich. »Ich würde sehr gern richtig schlafen. Ob ich wohl Schlaftabletten haben könnte? Ich verspreche auch, keine Überdosis zu nehmen.«
    Schon deshalb nicht, weil ich wusste, dass es nicht funktionieren würde.
    Erstaunlich, was man alles im Netz herausfinden kann. Eine Überdosis Schlaftabletten: Eine Umfrage würde wahrscheinlich ergeben, dass die meisten Menschen, die an Selbstmord denken, auf diese Weise ihr Leben beenden wollen. Aber da könnten sie ihr blaues Wunder erleben. O ja. Es ist nicht mehr wie in den guten alten Zeiten, als man sich darauf verlassen konnte, dass eine Handvoll Schlaftabletten einem den ewigen Schlaf beschert. Heute, wo die Leute sofort vor Gericht ziehen, haben die Pharmakonzerne solche Angst vor einem Prozess, dass ihre Beruhigungsmittel einen eingebauten Schleudersitz haben. Nimmt man eine Überdosis, würde man seinem Leben trotzdem nicht unbedingt ein Ende machen. Wahrscheinlich würde man einfach kotzen. Natürlich, man könnte am eigenen Erbrochenen ersticken und sich doch noch ins Jenseits befördern, aber verlassen kann man sich darauf nicht. Und vielleicht hat man sich die Mühe gemacht und Abschiedsbriefe geschrieben. Und vielleicht ein paar persönliche Sachen verschenkt.
    Man könnte in die unangenehme Situation geraten, wo man seine Schwester bitten muss, den Alexander-McQueen-Schal zurückzugeben.
    Ich meine, das ist doch schrecklich peinlich .

17
    I ch ging sofort zur Apotheke, holte mir meine Antidepressiva und nahm die erste gleich da, im Laden, schluckte sie ohne Wasser runter, so verzweifelt war ich. Wie schon zuvor hatte Waterbury betont, dass man bis zu drei Wochen auf eine positive Wirkung warten musste. Aber ich betrachtete die Medikamente als Schutzschild, der vielleicht mein Abgleiten in den Horror, die Hölle, wie immer man es nennen möchte, verhindern konnte. Außerdem wurde ich Besitzerin von zwölf Schlaftabletten, zwölf kleinen Kugeln der Freiheit. Am liebsten hätte ich gleich vier oder fünf genommen und wäre für zwei Tage abgetaucht, hätte einfach aufgehört zu existieren, aber sie waren kostbar, ich durfte sie nicht verschwenden.
    Ich stieg in mein Auto und war schon auf halbem Wege zu meiner Wohnung, als mir alles wieder einfiel, und plötzlich war ich überwältigt von Traurigkeit.
    Meine Exwohnung war nichts Besonderes, eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung im vierten Stock eines Neubaus, aber mir bedeutete sie eine Menge. Es war nicht nur die Annehmlichkeit, allein zu wohnen, was für einen reizbaren Menschen einfach von unschätzbarem Wert ist. Auch nicht der Stolz, die Hypothek zurückzahlen zu können.
    Vielmehr hatte ich hier etwas, wofür mir keine Kompromisse abverlangt wurden. So viele Jahre meines Lebens hatte ich andere Menschen gegen mich aufgebracht und mich selbst zurücknehmen müssen, um klarzukommen, dass ein eigenes Zuhause meine einzige Chance war, ganz ich zu sein.
    Noch bevor ich eingezogen war, überhäufte Claire mich mit Inneneinrichtungsmagazinen, und alle redeten davon, die kleinen

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