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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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gehörte, bestellte ich immer etwas, wovon der Barkeeper vom Corky’s noch nie gehört hatte – Grasshopper, flambierten Sambuca, B52.
    »Gern, ich nehme einen Screwdriver, Harry, danke.«
    Er machte dem Barkeeper irgendwelche Zeichen, dann richtete er seinen täuschend milden Blick auf mich. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich suche nach jemandem. Wayne Diffney.«
    Harrys Miene verzog sich kein bisschen.
    »Er war bei den Laddz. Der Boygroup. Er war der mit den Haaren.«
    Ein Licht ging hinter Harrys Augen an. »Die Haare. Jetzt weiß ich, wen Sie meinen. Armer Kerl.«
    Irgendwas klapperte, und jemand legte einen metallenen Gegenstand vor mir auf den Tisch. Einen Moment lang hatte ich Angst hinzusehen, ich dachte, es könnte ein Folterinstrument sein, aber dann sah ich aus dem Augenwinkel, dass es ein Schraubenzieher war. Ein echter Schraubenzieher.
    »Trinken Sie«, sagte Harry mit einem Glitzern in den Augen.
    »Toll, danke, zum Wohl.« Mir reichte es mit dem Spiel. Das nächste Mal würde ich einfach um eine Cola light bitten. Etwas war anders an Harry … Früher hatte ich nie Angst vor ihm, wenn ich mit ihm zu tun hatte. Wahrscheinlich weil ich vor nichts Angst hatte. Ich glaubte nicht an Angst, ich glaubte, sie sei von Männern erfunden worden, damit sie das ganze Geld und die guten Stellen bekamen. Aber irgendwie wirkte Harry verändert. Härter – vielleicht weil seine Frau ihn verlassen hatte und mit einem jüngeren Mann nach Marbella durchgebrannt war, wo sie gemeinsam eine Bar eröffnet hatten. Aber vielleicht hatte sich Harry auch gar nicht verändert. Vielleicht lag es an mir.
    »Also. Wayne, der mit den Haaren?«, hakte Harry nach.
    »Er ist verschwunden, wahrscheinlich gestern Morgen. Ich wollte hören, ob Sie oder einer Ihrer … Kollegen etwas darüber wissen. Zurzeit sieht er so aus.« Ich schob das retu schierte Foto des kahl geschorenen Wayne über den Tisch.
    Harry sah es sich ziemlich genau an.
    »Ist er in etwas verwickelt?«
    »Soweit ich weiß, nicht. Aber man kann nie sicher sein.«
    »Ich höre mich um. Aber die Szene hat sich verändert. Viele Freiberufler. Ausländer.«
    Ich wusste, was er meinte. Aus der ehemaligen Sowjetunion, aus dem Militär. Ein paar von ihnen mischten bei den Privatdetektiven mit, aber taugten überhaupt nichts, sie waren schlimmer als die ehemaligen Polizisten, und das wollte schon was heißen. Die Jungs hatten eine Nacht in einer Ausnüchterungszelle in Moskau verbracht und hielten sich plötzlich für Vin Diesel, den Obermacker. Sie lebten in einer Fantasiewelt; es waren genau die Schwachköpfe, die auf ihrem Facebook-Foto eine Spielzeug-Kalaschnikow neben einem stümperhaft reinretuschierten Hubschrauber in der Luft schwenkten.
    »Und ich interessiere mich für eine Frau namens Gloria«, sagte ich.
    »Gloria, und wie weiter?«
    »Ich weiß nur Gloria. Aber ich habe das Gefühl, wenn ich sie finde, finde ich auch Wayne.«
    »Wie kommen Sie an diese Sache?«, fragte Harry.
    »Durch den Manager der Laddz. Jay Parker.«
    »Noch mal.«
    »Jay Parker.«
    Er tippte mit dem Nagel an sein Milchglas, worauf ich rausplatzte: »Was wissen Sie über Jay Parker?«
    »Ich, Helen? Was sollte ich wissen?«, sagte er milde. »Über lassen Sie die Sache mir. Ich habe Ihre Nummern.«
    »Danke.«
    »Und dann sind wir quitt? Ich brauche Sie dann nicht mehr zu sehen?«
    »Das weiß ich nicht, Harry. Vielleicht brauchen Sie irgend wann meine Hilfe?«
    Er sah mich an, hart und kalt.
    »Ah … na gut«, sagte ich. »Vielleicht auch nicht.«

23
    I ch möchte mit Birdie Salaman sprechen.«
    Die Frau am Empfangstisch bei Brown Bags Please sah haargenau so aus, wie ich sie mir vorgestellt hatte – eine unzufriedene Mutter, der jede Minute hinter dem Schreibtisch zu viel war. Sie hatte mein Mitgefühl. Mir würde es auch so gehen.
    »Sie sind wer …?«
    »Helen Walsh.«
    »Haben Sie einen Termin?«
    »Ja.«
    »Gehen Sie rein.« Sie zeigte auf die Tür.
    Ich war sehr erfreut, dass Birdie noch da war. Ich war schnell und wild durch die ganze Stadt gefahren und hatte die Strecke vom Corky’s nach Irishtown in nicht zulässiger Zeit zurückgelegt, aber da es nach vier Uhr am Freitagnach mittag war, hatte ich befürchtet, ihr Wochenende hätte viel leicht schon begonnen.
    Ich klopfte und ging rein. Birdie Salaman war hübsch, hübscher als auf dem Foto. Ihr Haar hatte sie zu einem losen Knoten im Nacken geschlungen, und sie trug einen Bleistiftrock und eine hübsche zitronengelbe

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