Glücksgriff
erkannte, dass ihr Verdacht richtig gewesen war. Danny saß nun auf dem Toilettendeckel, und sie saß auf Danny. Seine Arme hatte er um sie gelegt. Sie konnte sein Rasierwasser riechen. So aus der Nähe – und sie war ihm sicher noch nie so nah gewesen – musste sie einfach bemerken, dass er wirklich schöne Ohren hatte.
Na ja, ein Ohr. Aus diesem Blickwinkel konnte sie nur das linke sehen. Doch das andere war wahrscheinlich genauso attraktiv. Auf seine Weise.
»Was?«, fragte Danny.
Sie sollte es ihm besser nicht sagen. Vielleicht hielt er sie dann für komisch.
»Ich komme mir vor wie eine Bauchrednerpuppe.«
Danny wackelte mit den Fingern.
»Schau, keine Hände.«
Er versuchte sie bei Laune zu halten, erkannte Miranda. Eigentlich nett. Dann dachte sie, dass er ihr herrisch lieber war – zumindest konnte sie dann zurückschlagen.
Einen schrecklichen Augenblick lang dachte sie, sie würde wieder in Tränen ausbrechen. Als ob ihre Augen nicht schon verquollen genug waren.
Danny, der ihren Gesichtsausdruck wahrnahm, drückte kurz mitfühlend ihre Taille.
»Nicht«, warnte Miranda. Ihre Unterlippe bebte.
»Es ist okay, wenn du weinst. Wenn dir danach ist, mach’s einfach«, versicherte ihr Danny.
»Hör auf. Bitte sei nicht nett zu mir.« Sie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen traten.
Er drückte ihre Taille nochmal. Mirandas Brustkasten begann zu beben. Oh, diese Demütigung, das war nicht fair.
»Kannst du nicht was Schreckliches sagen?« Sie platzte verzweifelt mit den Worten heraus. »Sarkastisch sein? Mir einen Klaps geben und sagen, ich solle erwachsen werden?«
Darauf fuhr Danny ihr mit der Hand durch ihr zerzaustes Haar. Seine dunklen Augen waren ernst. Zum allerersten Mal neckte er sie nicht.
»Schuft«, murmelte Miranda, »du bist auch gar keine Hilfe.«
Sobald sie einmal angefangen hatte, konnte sie nicht mehr aufhören. Diesmal musste sie nicht so tun, als ob sie wegen Florence und Tom weinte. Diese Tränen, die sie zu lange zurückgehalten hatte, weinte sie nur um sich selbst.
Danny sagte nichts, er hielt sie nur, streichelte ihren Rücken und ließ den Strom aus Schluchzern seinen notwendigen Gang nehmen.
Es kam Miranda wie Stunden vor, doch als sie schließlich mit einem Schluckauf aufhörte und einen schnellen Blick auf seine Uhr tat, während er ihr die Augen wischte, sah sie, dass es gar nicht so lange gedauert hatte. Weniger als zehn Minuten.
Trotzdem hatte sie es geschafft, mit ihrem Geheul eine ganze Klorolle aufzubrauchen. Wirklich eine ganz schöne Leistung in zehn Minuten.
»Jetzt besser?«, fragte Danny schließlich.
Miranda nickte und schnäuzte sich ihre rote Nase. Widerstrebend murmelte sie: »Soll ich mich jetzt bedanken?«
»Vergiss es.« Er grinste sie an. »Hab’s gern getan.«
Miranda schwankte ein wenig auf seinem Schoß. Sie war erleichtert, dass sie nun all diese aufgestauten Gefühle los war. Dank der Menge Weins, die sie innerhalb kurzer Zeit gekippt hatte, musste sie auch dringend pinkeln.
»Ähem, könntest du jetzt gehen?«
Danny seufzte dramatisch auf.
»Ist schon gut, benutz mich und wirf mich weg wie ein altes Kleenex. Wein mich voll, mach mein Hemd nass …«
»Wenn du noch lang weitermachst, wird mehr als nur dein Hemd nass werden«, sagte Miranda.
»Ah. Gut.«
»Seh ich schrecklich aus?« Sie blinzelte und rieb sich das Gesicht, das sich salzig und wund anfühlte.
»Nicht gerade zum Besten, muss ich sagen.«
»O Gott, und mein Make-up ist in meiner Tasche im Garten.«
Danny schob sie von seinem Schoß und sperrte die Kabinentür auf.
»Du bleibst hier. Ich hole deine Tasche.«
»Könntest du ein Taxi rufen?« Miranda spürte, dass ihr Gesicht jenseits jeder Restaurierung war. »Ich glaube, ich will nach Hause.«
»Ich fahre dich.«
»Entschuldige mich bei allen. Sag ihnen nicht, dass ich geweint habe«, fügte sie hastig hinzu.
»Ich sag, du seist sturzbetrunken. Wieder mal.«
Miranda nickte, das war viel weniger demütigend. »Danke.«
Bruce musste am Montagmorgen auf eine Messe nach Bristol. Er fuhr am Sonntagnachmittag zu Florence. Er freute sich nicht besonders darauf, seine Mutter zu sehen, musste Chloe jedoch die Schlüssel bringen, damit sie am nächsten Morgen den Laden aufschließen konnte.
Schließlich waren beide nicht da. Das Haus war leer. Bruce kritzelte eine Nachricht für Chloe, schob den Schlüsselbund durch den Briefschlitz und ging wieder zum Auto.
Bevor er wegfahren konnte, parkte ein grüner
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