Glückskekse
ihm den Weg frei.
Er sieht so wunderschön aus und wäre ich nicht schon in ihn verliebt, so wäre es spätestens jetzt um mich geschehen.
Ich will grad das Wort an ihn richten und fragen, ob ich ihm die Blumen abnehmen soll, als meine Ma die Treppe herunterkommt. Auch sie sieht Atemberaubend aus. Trägt ein enges schwarzes Kleid und hat ihre Haare hochgesteckt.
„Gabriel“, strahlt sie ihn regelrecht an und geht an seiner Hand die letzten Stufen hinunter, „du schaust sehr gut aus.“
„Das kann ich nur zurückgeben“, winkt er lässig ab, „nur dass ich neben deiner Schönheit komplett untergehe. Die sind für dich“, meint er und reicht ihr den Strauß, „dafür, dass ich bei euch Willkommen bin.“
„Vielen Dank“, klimpert sie wie ein verliebtes Schulmädchen mit den Wimpern. Als Pa auch noch mit ausgebreiteten Armen auf sie zukommt, kurz vor ihr stehen bleibt und sie eingehend betrachtet, komme ich mir vor wie in einem schlechten Film. Selbst in seinem normalen Anzug sieht er aus, als wolle er mit den beiden zu einem Ball fahren.
Und ich stehe hier, ein wenig Abseits, in Jeans und Pulli, betrachte das ganze Szenario und komme mir vor wie Aschenputtel. Schritt für Schritt trete ich weiter in den Hintergrund, um mich in der Küche hinter dem Ofen zu verkriechen und die Erbsen und Linsen zu sortieren, während die drei sich einen vergnüglichen Abend machen.
Nur gibt es in dieser Inszenierung einen klitzekleinen Fehler. Mein Prinz wird am Ende nicht kommen und mit mir auf seinem weißen Pferd davon reiten!
Leise schleiche ich durch die Küche nach draußen, nehme die frostigen Temperaturen gar nicht wahr. Setze mich auf den kleinen Mauervorsprung, von dem aus ich den ganzen Garten überblicken kann. Was habe ich hier nicht alles erlebt, was habe ich hier für einen Spaß gehabt mit meinen Freunden, Ma und Pa und Oma und Opa. Die beiden habe ich auch lange nicht mehr gesehen. Vielleicht sollte ich mir einfach meinen Jeep schnappen und sie im Bergischen besuchen.
Plötzlich schubst mich jemand an und kurz darauf folgt eine warme feuchte Zunge, die mir einmal durchs Gesicht leckt.
„Hans, aus, du Schwein. Hör auf damit“, schimpfe ich leise und kraule nebenbei durch sein dichtes Fell. „Wenigstens du denkst noch an mich.“
Mit feuchten Augen vergrabe ich mein Gesicht an seinem Hals, als ich von drinnen lautes Lachen höre. Auf einmal spüre ich die Kälte. Doch nicht nur die des Novemberabends sondern auch die tief in mir. Gestern war doch alles noch so gut und heute …? Zitternd vergrabe ich mich noch tiefer in Hans’ Fell.
„Leo?“, höre ich Ma nach mir rufen. Aber ich gebe keine Antwort. Auch Pas und Gabriels Stimmen hallen jetzt durch die Räume. Laute Schritte trampeln die Treppe rauf und wieder runter. Selbst die Kellertür höre ich schlagen. Sie suchen nach mir. Irgendwie gibt mir das ein beruhigendes Gefühl. Trotzdem kann ich mich nicht aufraffen und reingehen.
Doch diese Entscheidung nimmt mir Hans ab. Er dreht sich aus meiner Umarmung, sieht mich mit seinen treuen Augen an und läuft ins Haus. Bellt ein paar Mal und kommt wieder rausgelaufen. Dicht gefolgt von den drei Personen, die ich am meisten liebe.
„Du elendiger Verräter“, raune ich ihm leise zu.
„Leo“, flüstert Gabriel und beugt sich zu mir runter, „was machst du bei dieser Eiseskälte hier draußen? Du hast ja schon ganz blaue Lippen.“
„Erbsen und Linsen sortieren“, flüstere ich zurück und bin mir sicher, dass er mich nicht versteht. Auf einmal finde ich mich in einen warmen Mantel gehüllt. Ein Duft von Leder und Gabriel steigt mir in die Nase und ich fühle mich sofort wohl und behütet.
„Komm rein und ab unter die Dusche mit dir“, drängt er mich ins Haus, an meinen Eltern vorbei. „Wir sind in einer halben Stunde wieder hier unten … Abfahrbereit!“
In meinem Zimmer schiebt er mich gleich weiter Richtung Bad. „Du gehst jetzt duschen, dich rasieren und ich pack dir in der Zwischenzeit Sachen für nachher raus. Also, beeil dich. Wenn du in fünfzehn Minuten nicht rauskommst, dann komme ich rein … Verstanden?“
Nickend reiche ich ihm seinen Mantel. „Danke“, hauche ich leise.
„Schon gut, Kleiner, dafür sind Freunde doch da. Und nun geh … deine Zeit läuft.“
Schnell springe ich unter den heißen Strahl und lasse mich ein wenig aufwärmen. Immer die Uhr im Nacken. Rasieren geht schnell, da ich keinen so starken Bartwuchs habe. Deo, eincremen und ich bin fertig, als
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