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Glückskekssommer: Roman (German Edition)

Glückskekssommer: Roman (German Edition)

Titel: Glückskekssommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hohlfeld
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buchstäblich zum Kotzen findest?
    Ja warum? Vielleicht, weil ich nicht schon zu Anfang unserer Beziehung als jammernde Spaßbremse dastehen will. Er hat es doch lieb gemeint. Und überhaupt. Hätte er nicht erkennen können, dass ich eigentlich nicht will? Ich meine, einem sensiblen Mann von heute müsste das doch möglich sein. Oder?
    »Na also …«, lacht Basti.
    Meine Hoffnung, dass er vielleicht ein ganz kleines bisschen Gedanken lesen kann, ist endgültig dahin.
    »Ich dachte einen Moment, du hast Angst.«
    »Ich?« Die schauderhafte Kirmeskakophonie, die uns umgibt, seit wir die Einzäunung durchschritten haben, schluckt mein hysterisches Kichern. So wird das nichts. Ich muss mir etwas überlegen und zwar schnell. Ich könnte wieder anfangen zu humpeln oder …
    »Basti?«
    »Ja, mein Schatz?«, sagt er abgelenkt und guckt sich suchend um.
    Ich werde es mit den Waffen der Frau versuchen und schenke ihm einen ganz treuherzigen Blick. »Wollen wir nicht doch jetzt gleich zu dir?«
    »Gern«, sagt er strahlend. »Aber da wir schon mal hier sind, können wir doch erst noch ein wenig Spaß haben, okay?«
    Ich gebe auf. Er kapiert es nicht.
    Du darfst echt nicht sauer auf deine Eltern sein, Rosa Redlich! Du kannst ja nicht mal bei solchem Pipifax die Wahrheit sagen!
    »Wollen wir, ja?«, fragt Basti.
    Er strahlt mich so verliebt an, dass ich ihm einfach nicht den Spaß verderben will. Für die wahre Liebe muss man Opfer bringen. Erst ich. Später er.
    Also los jetzt, Rosa! »Okay«, sage ich.
    Weil ich eine Woche geübt habe, sieht mein falsches Lächeln wahrscheinlich gar nicht so falsch aus. Aber schon nach zwei Minuten habe ich die Nase voll von meinem Altruismus. Das sogenannte Volksfest ist die Apokalypse, der Untergang der modernen Zivilisation. Mit vor Entsetzen geweiteten Augen starre ich auf das wüste Treiben um mich herum. Es ist wie auf einem Gemälde von Pieter Brueghel, das wir mal im Kunstunterricht angeguckt haben – ein menschliches, abstoßendes Chaos.
    Rechts von mir stürzt ein Mann von einem wie verrückt hoppelnden Bullrider. Er schreit vor Schmerzen und kriecht auf allen vieren aus dem Ring. Die Zuschauer grölen wie besessen. Der Nächste steigt auf. Er macht eine Siegerpose. Noch.
    Linkerhand motzt eine Mutter ihr heulendes kleines Kind an, weil es nicht mit ihr in die ›Wilde Maus‹ steigen will.
    »Nun hab dich nicht so! Die Maus ist doch soooo süß.«
    Über ihr saust gerade ein Wagen des ›süßen‹ Fahrgeschäfts so heftig um die Kurve, dass man förmlich die Halswirbel der Insassen knacken hört.
    Neben der Bratwurstbude steht ein junges Mädchen und erbricht sich. Der Farbe nach zu urteilen, hat sie zu viel Mais gegessen.
    In der riesigen Schiffsschaukel, die wir jetzt passieren, schreit eine ältere Frau in wilder Panik um Hilfe.
    »Anhaaaaaaalten! Biiiiitte!«
    Oh Gott! Die kriegt gleich einen Herzinfarkt und stürzt kopfüber in die Tiefe.
    Hinter dem Pferdekarussell hat sich ein knutschendes Pärchen an einen Baum gedrückt. Er macht ziemlich verdächtige Bewegungen aus der Hüfte heraus. Sie guckt verzückt gen Himmel. Schnell wende ich meinen Blick ab.
    Am Bierzelt zanken sich zwei offensichtlich besoffene junge Männer.
    »Verzieh dich, du Wichser.«
    »Dich mach ich alle, du Penner.«
    Gleich werden sie ihre Messer zücken und sich gegenseitig in den Bauch rammen.
    Sodom und Gomorrha sind nix dagegen!
    Ich will nach Hause!!! Jetzt!
    So langsam beschleicht mich ein Verdacht. Ist Sebastian vielleicht aus professionellen Gründen hier? Herzinfarkte, Stichwunden, Prellungen, schwallartige Magenentleerungen … für einen Mediziner ist das hier die reinste Tummelwiese. So lange ist Basti noch nicht im Geschäft. Vielleicht will er ja in seiner Freizeit ein wenig üben? Aber mein Schatz hört und sieht nichts von den menschlichen Abgründen um ihn herum. Er geht strahlend wie ein kleiner Junge durch die Reihen und sucht ein für uns passendes Fahrgeschäft. Nachdem ich alles abgelehnt habe, was er vorgeschlagen hat (»Och nö, lass uns lieber zum nächsten gehen.«), bleibt er stehen und schaut mich an.
    »Wusste ich es doch«, sagt er grinsend.
    Was wusste er?
    Ich lächle unsicher. Hat er endlich gemerkt, dass ich Jahrmarktsplätze hasse und fährt uns jetzt zu sich nach Hause, um mich auf seinem kuschligen Futon nach allen Regeln der Kunst zu verführen? Oh Basti! Ich danke dir!
    »Du bist wie ich, du willst die richtig harten Dinger.«
    Oh lala! Das klingt aber

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