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Glückskekssommer: Roman (German Edition)

Glückskekssommer: Roman (German Edition)

Titel: Glückskekssommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hohlfeld
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soll. 200 Euro für eine Bluse? So viel verdiene ich sonst in der ganzen Woche.
    »Ich schenke sie dir«, sage ich rasch zu Anne.
    »Nee, nee«, widerspricht sie. Sie guckt mich an, als sei ich eine Außerirdische.
    »Das sollst du nicht. Das kommt gar nicht infrage.«
    »Doch«, antworte ich bestimmt. Nun ist es an mir, breit zu grinsen. Ich habe einen richtig guten Einfall. »Du hast mir auch etwas geschenkt.«
    »Ach so?«
    »Erzähl mal!«, fordert mich Vicki auf.
    »Eine Idee.«
    »Was denn für eine?«, fragt Anne. »Es hat auf jeden Fall mit deinem Talent zu tun, oder?«
    »Ihr werdet es schon noch erfahren.«
     
    *
     
    »Was wollen wir noch unternehmen?«, frage ich, an Basti gelehnt.
    Ich gucke träumerisch in die bunten Raketenblumen am Britzer Abendhimmel, zu denen das Orchester Händels Feuerwerksmusik spielt. Neben mir sitzen Leon und Luca mit kugelrunden Augen, jeder auf einer Seite von Karls Rollstuhl. Beinahe wären sie eingeschlafen. Jetzt aber sind sie wieder hellwach und wetteifern darum, ihrem Großvater die schönsten Feuerwerksfiguren zu zeigen.
    »Opa, guck mal …«
    Es tut meiner Seele gut, die drei so vereint zu sehen.
    »Gehen wir zu dir oder zu mir?«, fragt Basti.
    »Weder noch«, sage ich. »Ich bin noch unternehmungslustig.«
    Er gibt mir einen Kuss aufs Haar. »Na gut. Ich habe sogar schon eine Idee. Lass dich mal überraschen«, sagt er fröhlich. »Aber dann zu mir?«
    »Dann zu dir«, antworte ich lächelnd. »Liebend gern.«
    Als wir eine Stunde später durch Lichterfelde-West fahren, steigt Panik in mir auf. Basti hat doch nicht etwa irgendein Versöhnungstreffen mit meiner Großmutter arrangiert? Er sieht meinen ängstlichen Blick.
    »Keine Angst«, beruhigt er mich. »Wir machen nichts, was du nicht willst.«
    Von wegen.
    Kurz nachdem ich erleichtert aufgeatmet habe, ereilt mich der nächste Schock. Wir halten direkt vor den Toren eines gigantischen Rummelplatzes, der hier für ein paar Wochen seine Zelte aufgeschlagen hat. Basti freut sich wie ein Schneekönig.
    »Ist das nicht cool?«
    Im Gegenteil. Mir wird gerade ziemlich heiß. Was um Himmels willen sollen wir hier?
    »Das ist ein Volksfest der Superlative«, strahlt Basti. »Hier gibt es die schnellste Achterbahn, die gruseligste Geisterbahn, die längste Bratwurst …«
    Für Letzteres könnte ich mich am ehesten erwärmen. Vielleicht auch noch für die kitschigste Losbude, weil man da wenigstens etwas gewinnen kann. Aber bei allem anderen kann ich nur verlieren. Ich leide nämlich seit meiner Kindheit unter einem extremen Drehwurm. Ob es dafür einen medizinischen Fachbegriff gibt? Ich muss Basti fragen. Drehwurm hört sich nämlich niedlicher an, als es ist. De facto bedeutet es, dass ich umgehend erbrechen muss, sobald sich irgendetwas unter mir im Kreis bewegt. Egal, ob schnell oder langsam – mein Magen rebelliert sofort. Bei endlosen Bus- und Autoreisen, schaukelnden Schiffen … Wenn andere grün und grau vor Übelkeit werden, bin ich überhaupt nicht empfindlich. Ich könnte Kapitänin auf einem Schmugglerschiff im Indischen Ozean werden. Aber ein harmloses Kinderkarussell haut mich in null Komma nichts um.
     
    Schon als kleines Mädchen war es auf dem Rummelplatz um mich geschehen. Mir wurde sogar vom Zugucken schlecht. Meine Eltern nahmen darauf Rücksicht. Ich durfte Teppich rutschen und Zuckerwatte essen, so viel ich wollte. Alles andere ersparten sie mir (und sich!).
    Aber mit 14 hatte ich dann trotzdem ein traumatisches Erlebnis. Mein damaliger Schwarm wollte mir nämlich nicht glauben und hatte mich mit betteln (»Nun komm schon, Süße! So schlimm wird es schon nicht sein.«), schmeicheln (»Ich liebe dich, wenn du das für mich tust. Ehrlich!«) und Erpressung (»Wenn du nicht mitkommst, erzähle ich allen, dass du ein Schisser bist.«) – jedenfalls gegen meinen Willen – auf eine Walzerbahn gelockt. Fünf Minuten später bereute er es, denn ich kotzte ihm noch während der Fahrt meinen gerade verspeisten kandierten Apfel über die Hosen. Das war so peinlich. Er hatte sich angeekelt von mir abgewendet und danach nie wieder ein Wort mit mir geredet. Mir war noch drei Tage später übel. Daraufhin hatte ich um Jahrmärkte immer einen großen Bogen gemacht.
     
    »Du bist ja so still«, sagt Basti, während er mich zum Kassenhäuschen zerrt.
    »Können wir nicht etwas anderes machen?«
    »Magst du Kirmes etwa nicht?«
    »Doch schon, aber …« Warum sagst du ihm nicht, dass du Rummelplätze

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