Glückskekssommer: Roman (German Edition)
Fassung.
»Habt ihr etwa unerlaubt die Gondel verlassen?«
»Na ja«, druckst Vicki.
»Das ist ganz klar nicht erlaubt«, wiederholt sich Rob.
»Wir haben nur ein bisschen recherchiert«, sagt Vicki und zupft an ihrem verrutschten Kleid.
»Recherchiert?«, kreischt Lila. »In einer Geisterbahn?«
»Ihr neuer Roman ist eine erotische Fantasy-Liebesgeschichte in der Zwischenwelt …«, sagt Daniel. Ich merke, dass er sich mühsam sein Lachen verkneift. »Wir dachten, besser hier, als auf einem richtigen Friedhof.«
Basti lehnt an meiner Schulter und lacht tonlos.
»Ihr habt es in einem Sarg getrieben?«, fragt Lila und starrt Vicki und Daniel schockiert an.
»Nur zu Recherchezwecken, wie gesagt«, antwortet Vicki. Ich frage mich, wie sie bei diesem Schauspiel so cool bleiben kann. »Außerdem ist das Ding leer und nur aus Pappe. Also keine Panik.«
»Victoria Liesen! Ich habe schon immer gewusst, dass du pervers bist«, schreit Lila. Dann wendet sie sich mit angewidertem Gesicht an mich. »Und bei so einer …, einer Leichenschänderin wohnst du, Rosa?«
Lila konnte schon immer prächtig übertreiben. Zugegeben, Vicki ist schräg. Aber wenn sie und Daniel Spaß dran haben! Mich stört es nicht. Ich freue mich schon auf diese Szene in ihrem neuen Buch.
»Äh«, sagt Rob jetzt.
Er starrt Vicki auf den nur sehr notdürftig bedeckten Busen. Anscheinend haben sich auch seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt.
»Ist dein neues Buch … äh … Ich meine, ist es irgendwie genauso spa… spannend wie das erste? Au, verdammt noch mal!«
Wenn ich mich nicht verguckt habe, hat ihm Lila mit voller Wucht und spitzen Schuhen gegen das Schienenbein getreten.
»Du wolltest doch Hilfe holen!«, sagt sie stinksauer.
»Ja, hier geht es irgendwo raus«, sagt Rob verwirrt. »Ich … Ich hole dann mal Hilfe, ja?«
Mühsam reißt er seine Augen von Vicki los, die mit ihrer wallenden Mähne und dem schwarzen Kleid wirklich einer erotischen Vampirdame gleicht.
»Ich gehe dann mal«, wiederholt sich Rob.
Ich glaube, wenn Lila und Daniel nicht da wären, würde er mit Vicki liebend gern in den Sarg klettern, ob nun erlaubt oder nicht. Lila scheint das auch zu kapieren.
»Nun mach schon«, motzt sie ihn an.
»Danke!«, haucht Vicki. Sie guckt Rob mit halb verschleierten Marlene-Dietrich-Augen an. »Das ist nett von dir, dass du uns rettest.«
»Du bist eine Schlampe«, sagt Lila wütend, als Rob davongestolpert ist.
»Ich? Dass ich nicht lache«, faucht Vicki und verwandelt sich zurück in sie selbst. »Wer hat denn hier seiner angeblich besten Freundin den Freund weggeschnappt?« Sie wirkt jetzt gar nicht mehr cool. »Aber ich weiß, du standest ja schon früher auf die Kerle anderer Frauen.«
Hatte ich wirklich geglaubt, dass die beiden sich jemals mir zuliebe vertragen würden? Ich glaube, da habe ich Pech gehabt, denn das hier ist eine waschechte Frauenfeindschaft.
»Jetzt lasst es gut sein«, sage ich entschlossen. »Gleich geht die Fahrt weiter. Steigt doch alle in unseren Wagen!«
»Ja genau«, sagt Basti und rückt ein Stück zur Seite. »Das passt schon. Komm, Lila!«
Ich finde es prima, dass er nicht Vicki gebeten hat, sondern Lila, die sichtlich verwirrt und mit zitterndem Kinn neben uns steht.
»Niemals steige ich zu der da in den Wagen«, schimpft Lila.
Sie wendet sich ab und stöckelt entschlossen ihrem Rob hinterher in die Dunkelheit. Alle Achtung! Ich würde mich da bestimmt nicht allein weiter trauen.
»Lila, bleib hier«, rufe ich ihr nach. »Da drin ist alles voller Vampire!«
»Pah!«, ruft sie. »Besser Vampire als blöde Kühe.«
Das Letzte, was ich von ihr sehe, ist ein wippender Pferdeschwanz und ein paar wacklige Schritte auf viel zu hohen Schuhen.
*
Nachdem Daniel auch aus dem Sarg geklettert ist und den Reißverschluss seiner Jeans geschlossen hat, steigt er zu uns in die Gondel. Ich kann gar nicht mehr aufhören zu lachen und die anderen auch nicht.
»Das kommt in meine Memoiren«, sagt Vicki. Sie stellt sich auf das Trittbrett des Wagens. »Tante Augusta kann einpacken.«
»Komm doch auf meinen Schoß«, sagt Daniel.
Vicki schüttelt den Kopf. »Dann kann ich für nichts garantieren«, sagt sie lachend. »Ich habe doch kein Höschen an.«
So langsam beginne ich zu verstehen, warum sie erotische Bücher schreibt.
Weiter hinten aus der Bahn ertönen laute Schreie. »Weiterfahren!«
Anscheinend haben die nicht so viel Spaß wie wir, aber meinetwegen kann es jetzt auch
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