Glückskekssommer: Roman (German Edition)
beharre ich. »Er ist der Concierge von Eva Andrees. Er hat es mir selber gesagt.«
»So ein Quatsch«, sagt Lila belustigt.
Ich zeige ihr einen Vogel.
»Sie hat recht«, mischt sich der Lockenkopf wieder ein. »Ich bin wirklich Arzt. Ich habe sie neulich im Krankenhaus gesehen und bin ihr hinterhergelaufen, weil ich dachte, dass du es bist. Dann hat sie mir erzählt, dass du krank bist und dich bestimmt freust, wenn ich dich mal besuche.«
»Siehst du!«, sagt Lila, schweigt aber erschrocken, als sie meinen vernichtenden Blick sieht.
Ich glaube ihnen. Sie müssen es wissen. Schließlich haben sie damals nicht 40 Grad Fieber gehabt. Aber an dem Tag, als ich ihn vor Frau Andrees’ Wohnung getroffen habe, war ich völlig gesund. Und da war der Typ Frau Andrees’ Concierge. Er hatte doch sogar ihren Schlüssel!
Vollkommen ratlos schaue ich ihn an. »Bin ich jetzt verrückt?«
»Ich bin dir eine Erklärung schuldig«, sagt er. Er sieht ein bisschen zerknirscht aus.
Ich nicke. »Jetzt bin ich aber gespannt.«
»Du bist natürlich nicht verrückt.«
Danke schön! Endlich ein Lichtblick.
»Ich habe wirklich deine Bluse in Frau Andrees’ Wohnung gelegt. Sie gefällt ihr übrigens sehr.«
Jetzt ist es Lila, die dumm guckt.
»Verdient man als Arzt heutzutage so wenig, dass man nebenbei noch bei fremden Leuten Blumen gießen muss?«, frage ich schnippisch.
Er lacht. »Ich bin doch überhaupt kein Concierge.«
»Warum hast du das dann behauptet?«, schreie ich ihn an. Dieses Verwirrspiel geht mir total auf die Nerven.
»Ich habe das überhaupt nicht behauptet«, verteidigt er sich ruhig. »Das warst du!«
»Und warum hast du mir nicht widersprochen?«
»Na ja …«, druckst er herum. Er denkt kurz nach. Ist er nicht sogar ein bisschen rot geworden?
»Es ist, weil … ich dich süß fand und ich dich wiedersehen wollte. Du hast mir einen tollen Vorwand geliefert. Hättest du mit mir gleich einen Kaffee getrunken, als ich dich eingeladen habe, dann hätte ich dir sofort alles erklärt.«
Wow! »Was denn erklärt?«
»Na, dass er Arzt ist, Rosa«, sagt Lila ungeduldig. »Und nicht Con… Na, dieses andere Dings da.«
»Ich konnte ja nicht ahnen, dass du mir ein paar Tage später zufällig in die Arme laufen würdest, beziehungsweise deine Doppelgängerin, die mir verrät, wo ich dich finden kann«, sagt er noch.
»Das war Schicksal«, ruft Lila und lässt sich kraftlos auf die Bank im Flur fallen.
Ausnahmsweise habe ich mal keine Lust zu widersprechen. Ich will nicht schon wieder irgendwelche hinterhältigen Glückskekse auf mich aufmerksam machen.
Wir stehen uns gegenüber und sagen kein Wort mehr. Spannung liegt in der Luft.
»Schön. Die Sache mit dem Beruf hätten wir geklärt«, sagt Lila, als sie sich wieder gefasst hat, pragmatisch. »Aber ich habe irgendwie noch nicht ganz verstanden, was du in Frau Andrees’ Wohnung zu tun hattest.«
»Blumen gießen, wie gesagt.« Er grinst.
»Jetzt reicht es mir aber«, fauche ich. Die Situation ist so was von absurd.
»Ist ja gut«, sagt er, als er meinen wütenden Blick sieht. »Sie … Sie ist meine Mutter.«
»Das gibt’s ja gar nicht«, kreischt Lila. »Ein Promi! Jetzt hat dieses Glückskind auch noch einen Promi kennengelernt!«
»Ich bin Sebastian Andrees. Dr. Andrees. HNO«, sagt er betont und mit einem Extrablick zu Lila. »Kein P-r-o-m-i. Meine Freunde nennen mich Basti.«
Soll ich jetzt auch Basti zu ihm sagen, oder wie? Ich komme mir vor wie ein Volltrottel. Und an all dem ist Lila schuld, die mir ungefragt fremde Männer auf den Hals hetzt. Was, wenn jetzt gleich Rob auftaucht? Wie bitte soll ich ihm erklären, dass morgens ein Kerl in meiner Wohnung steht und mit mir Kaffee trinken will?
Bevor alles noch komplizierter wird (wer weiß, an wen Lila meine Adresse sonst noch verteilt hat), ergreife ich die Flucht. Abhauen geht immer. Ich schnappe aufgeregt nach Luft, dann nach meiner Tasche und reiße die Wohnungstür auf. »Ich muss los.«
»Aber …« Lila und dieser Hausmeister-Doc rufen mir gleichzeitig nach. »Rosa!«
»Vergiss nicht, ihm zu sagen, wo ich arbeite«, fauche ich Lila an.
Die können mich mal. Ich höre erst auf zu rennen, als ich die U-Bahn erreiche. Auf nach Wedding in meine dunkle Schneiderbude! Da können sie mich nicht finden.
In der Bahn schnappe ich mir mein Handy und rufe Rob an. Er geht – oh Wunder! – gleich ran, und schmerzlich wird mir klar, wie sehr er mir in den letzten Wochen gefehlt hat. Ich
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