Glückskekssommer: Roman (German Edition)
mir ein, dass ich den Glückskekszettel als Fallschirm benutzen kann. Ich falte ihn auf und plötzlich ist er riesengroß. Beinahe rutscht er mir aus den Händen …
Ich erwache in Panik. Schweißgebadet. Basti hat recht. Dieser Paprika kurbelt wirklich den Stoffwechsel an. So sehr wie heute habe ich noch nie im Leben geschwitzt. Außerdem sorgt das Zeug für wüste Träume. Jetzt fantasiere ich sogar schon Glückskeksorakel.
Aha, demnächst werden also meine Talente erweitert.
Was für Talente eigentlich? Ach ja: in Fettnäpfchen treten, Essen verderben, Wände kaputtmachen, Freunde verärgern … Da kommt schon einiges zusammen. Allerdings würde ich das lieber nicht erweitern.
Die kleine Traumchinesin hatte eine edle Bluse an. Den Schnitt werde ich mir merken und morgen gleich aufzeichnen. So hat der dumme Traum wenigstens einen Sinn.
Ich habe einen Höllendurst. Es ist drei Uhr nachts. Wenn ich nicht das Blumenwasser austrinken will, muss ich jetzt – ganz gegen meine Gewohnheit – aufstehen und mir aus dem Kühlschrank eine Flasche Mineralwasser holen. Ich spitze die Ohren. Aus dem Wohnzimmer ist nichts mehr zu hören. Anscheinend sind die beiden Männer jetzt auch gegangen. Ich habe keine Lust, aus dem Bett aufzustehen. Aber es geht nicht anders. Ich verdurste sonst. Nie wieder werde ich irgendein Essen mit Rosenpaprika würzen. Das ist ja ein tödliches Zeug. Da fallen mir unsere entsetzten Gesichter, die Tränen und Schweißausbrüche wieder ein. Dann muss ich lachen. Es war ein herrlicher Abend!
Leise vor mich hin kichernd tappe ich durch den düsteren Flur. Ich spüre, dass Vickis Tante Augusta mir böse hinterherguckt. Aber ich habe keine Angst. Mit meinem Feueratem schlage ich garantiert jeden in die Flucht – inklusive Geister. Doch dann höre ich ein Geräusch. Es klingt wie ein leises Lachen. Meine Nackenhaare sträuben sich. Die Tante wird doch nicht wirklich aus dem Bilderrahmen steigen? Wo ist noch mal der Lichtschalter? Geister haben Angst vor Helligkeit. Das weiß ich. Während ich halb blind herumtaste, wird das Geräusch lauter. Es klingt wie ein Stöhnen. Wie angewurzelt bleibe ich stehen und lausche entsetzt. Wie ging noch mal dieses Gebet?
»Vater unser… äh, der du, der du …« Ich habe keine Ahnung. Ach, hätte ich im Konfirmationsunterricht doch lieber dem Pfarrer zugehört und nicht immer nur Matti aus dem Nachbardorf schöne Augen gemacht!
Mein Atem geht stoßweise. Nackte Panik macht sich breit. Das Geräusch wird lauter. Tante Augusta steigt aus ihrer Gruft, Mörtel unter den Fingernägeln. Hilfe!
»Mach das noch mal«, keucht sie. »Oh, das ist wahnsinnig gut.«
Die Stimme kommt mir irgendwie bekannt vor.
»Hey … Wow…«
Das Flüstern geht in ein Seufzen über. Heftiges Atmen!
Endlich kapiere ich, was ich hier höre. Es ist nicht der Geist von Augusta! Es ist Vicki. Ich bin sicher, sie wird nicht von einem Gespenst belästigt. Aber sie ist auch nicht allein.
Es ist Basti!!!
Wer sonst sollte jetzt bei ihr sein? Vicki macht ihm schöne Augen, seit sie ihn kennengelernt hat. Sebastian hier und Basti da. Küsschen und Hand aufs Knie. Jetzt hat sie es geschafft! Er ist bei ihr, und sie schlafen miteinander. Wie man hört, macht es ihnen gewaltigen Spaß.
Das ist tausendmal schrecklicher als der Geist von Tante Augusta!
Ich renne in die Küche, schnappe mir eine Wasserflasche und knalle die Kühlschranktür wieder zu. Dann stürze ich zurück in mein Zimmer und schmeiße mich heulend auf mein Bett.
Warum müssen eigentlich alle meine Freundinnen Sex mit meinen Männern haben? Soll das jetzt eine Serie werden?
Bei Rob fing es an. Zwar hatten wir uns wochenlang nicht gesehen und ergo auch keinen Sex gehabt. Aber wir hatten auch nicht Schluss gemacht. Er war mein Mann, als Lila mit ihm auf dem Küchentisch rumgemacht hat!
Und Basti? Na gut! Ich gebe zu, dass er nicht mein Freund ist. Aber er könnte es sein! Er hat mir Blumen geschenkt und mich gefragt, ob ich mehr Zeit mit ihm verbringen will. Ich blöde Kuh habe es abgelehnt und ihn behandelt, als würde er mir nichts bedeuten.
»Er bedeutet mir aber was«, greine ich und haue verzweifelt auf mein Kopfkissen.
Warum bin ich vorhin nicht noch einmal mal zu ihm gegangen und habe mich für die Blumen bedankt? Bestimmt hat er darauf gewartet. Als ich nicht kam, hat er sich verzweifelt in Vickis Arme geworfen. Und jetzt hat sie ihn in ihrer Gewalt. Meine Freundinnen sind Schlangen. Alle beide! Mein
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