Glückskind
Sie suchte nach einem passenden Wort. „Zu weltfremd, um in dieser großen, bösen Stadt allein zurechtzukommen.“
„Sie sind es doch, die mit weniger als zehn Dollar in die Stadt kam, stimmts?“
„Na und? Immerhin bin ich jetzt hier.“
„Ein Punkt für Sie“, murmelte er und musste sich mächtig Mühe geben, um nicht zu grinsen.
„Und Sie brauchen sich nicht verpflichtet zu fühlen, sich um mich zu kümmern. Es gibt absolut keinen Grund, warum Sie sich Sorgen um mich machen sollten.“
„Ich habe nicht gesagt, dass ich mir Sorgen um Sie mache. Ich habe gesagt, dass Sie mich beunruhigen.“
„Das ist doch das Gleiche.“
„Es ist etwas völlig anderes.“
„Wieso denn?“
Er musterte sie eingehend. Ihre Wangen hatten Farbe, ihre Augen waren dunkel und glänzend. Er seufzte. „Sie lassen mir wirklich keine Wahl. Sie beunruhigen mich“, wiederholte er und legte seine Hände auf ihre Schultern. „Weil…“ Er sah, wie sie ihre Lippen öffnete, kurz bevor er die seinen auf ihren Mund legte.
Die Welt kippte aus den Angeln. Sie war hoffnungslos verloren. Sein Mund fühlte sich genauso an, wie sie es sich vorgestellt hatte. Heiß und stark und erfahren. Aber jetzt lag er auf ihrem. Farben erstrahlten und verschwammen dann wieder. Ungeahnte Empfindungen breiteten sich in ihrem Körper aus. Sie klammerte sich an ihn, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Er konnte den Druck ihrer Finger durch sein Jackett spüren, ein Signal ihrer Ängstlichkeit, obwohl sie ihm verlangend die Lippen öffnete. Ihre Nervosität und Hingabe – eine gefährliche Mischung – bewirkten, dass in ihm der Wunsch nach mehr erwachte. Nach viel mehr, als er erwartet hatte.
Die Flammen, die er entfacht hatte, rasten durch ihn hindurch wie eine Feuersbrunst und verlangten danach, gelöscht zu werden. Sie war erregt. Und er auch. Wie unschuldig auch immer, war sie doch kein Kind mehr. Und er wollte sie. Begehrte sie.
Ihre Augen blieben geschlossen, als er den Kuss beendete. Er beobachtete, wie sie sich mit der Zunge über ihre schön geschwungene Oberlippe fuhr. Dann begannen ihre Lider zu flattern.
Ihre Augen waren dunkel und verhangen, als sie ihn jetzt ansah. Ihre Wangen glühten. Er sah, wie sie schluckte. „Warum …“ Sie rang zu sehr nach Atem, um ruhig sprechen zu können. „Warum haben Sie das getan?“
Sei behutsam mit ihr, ermahnte er sich. „Weil ich es wollte. Schlimm?“
„Nein“, antwortete sie nach einer Weile mit feierlichem Ernst. „Ich glaube nicht.“
„Gut. Weil ich nämlich noch nicht fertig bin.“ Er legte seine Arme wieder um sie und zog sie an sich. Ihre natürliche Art erregte ihn zutiefst, aber er durfte nicht vergessen, dass sie bestimmt noch unschuldig war. Er musste sich beherrschen.
„Darcy, du bist eine gefährliche Frau“, flüsterte er und legte seine Stirn an ihre.
Sie riss die Augen auf. „Ich?“
„Tödlich“, murmelte er. Dann trat er einen Schritt zurück, ließ aber seine Hände auf ihren Schultern. „Hast du je einen Liebhaber gehabt?“
Sie blinzelte, dann senkte sie den Blick. „Nicht direkt, aber ich weiß, was Sex ist.“
Nein, dachte er, das weißt du nicht. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, was er mit ihr anstellen wollte. Wenn sie es wüsste, würde sie höchstwahrscheinlich davonrennen. „Du kennst mich nicht, Darcy. Und auch die Spielregeln kennst du nicht.“
„Ich bin lernfähig“, sagte sie versuchsweise.
„Manche Dinge sollte man besser nicht lernen.“ Er drückte leicht ihre Schultern, als das Telefon zu läuten begann. „Geh ran.“
Sie drehte sich auf dem Absatz um, ging zum Schreibtisch und griff nach dem Hörer. „Ja? Hallo?“
„Wer ist da?“
Die Frage war in so einem Befehlston gestellt, dass sie wie aus der Pistole geschossen antwortete. „Hier ist Darcy Wallace.“
„Wallace? Wallace? Stammen Sie womöglich von William Wallace ab, dem schottischen Volkshelden?“
„Ahm … ja …“ Verwirrt fuhr sie sich mit der Hand durchs Haar. „Er war ein Vorfahre meines Vaters.“
„Gutes Blut. Hervorragende Erbmasse. Sie können stolz auf ihr Erbe sein. Darcy, so heißen Sie doch, nicht wahr? Und sind Sie verheiratet, Darcy Wallace?“
„Nein, bin ich nicht. Ich …“ Sie zügelte ihre Auskunftsbereitschaft. „Entschuldigung, wer spricht da eigentlich?“
„Hier ist Daniel MacGregor, und ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen. Man hat mir gesagt, dass ich meinen Enkel bei Ihnen finden kann.“
„Ja, er ist
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