Glueckskinder
sondern im Gegenteil auch noch Stress erzeugt, dann stellt sich die Frage nach dem Glück umso dringlicher. Ist es tatsächlich möglich, dass alle Menschen nach Glück streben, ohne es dauerhaft zu finden? Eigentlich doch nicht. Aber wo sind dann die glücklichen Menschen, die in einem lebenslangen Happy End schwelgen? Gibt es nur einen einzigen Menschen, der von seinem ersten bis zu seinem letzten Atemzug durchweg glücklich ist? Ganz ehrlich – ich kenne keinen, weder arm noch reich, ich kenne niemanden.
Glücksmomente
Sind wir also alle nur erfolglose Goldgräber in puncto Glück? Nein, das kann man so nicht sagen. Finder sind wir schon. Glück offenbart sich uns in vielen Situationen. Im Leben eines jeden Menschen gibt es unzählige Momente wahren Glücks, welches wir aber nicht als einen Dauerzustand erleben, sondern immer nur in kurzen Episoden. Doch wann und wo finden diese statt, und wovon sind sie abhängig?
Wenn ich über eigene Glücksmomente nachdenke, fallen mir durchweg Ausnahmesituationen ein, Höhepunkte in meinem Leben und Momente, die ich als Auszeit vom Alltag empfand: Frischverliebte Schmusemomente, das Ankommen am Meer zu Urlaubsbeginn, die unglaubliche, jede Zelle meines Körpers durchdringende Freude über die Geburt meiner Kinder. Mir fielen zunächst noch viel mehr Situationen ein, doch bei genauerer Betrachtung handelte es sich bei diesen nicht so sehr um das Glück an sich als um andere positive Gefühle, die Erleichterung beispielsweise, als ich meine Berufszulassung endlich ausgehändigt bekam, die Freude, die ich als Kind über die vielen Weihnachtsgeschenke empfand, oder die Selbstzufriedenheit, wenn im März in meinem Garten die ersten zarten Pflänzchen aus dem Boden wachsen und meine Saat aufzugehen beginnt. Solche Situationen bringen uns dem Glück sehr nahe, doch sie sind nicht das Glück. Dies sollten wir nicht verwechseln.
Diese Situationen sind immer nur Chancen, Glück zu empfinden.
Wir sind nämlich frei zu entscheiden, ob wir die Chance, in einem besonderen Moment Glück zu empfinden, wahrnehmen oder nicht, ob wir innehalten und dieses Glück mit jeder Zelle wahrnehmen oder ob wir durch diese Situation wahrnehmungsarm hindurchflitzen.
Nahe am Glück sind wir also auf jeden Fall, jeder für sich, große und kleine Glücksfinder. Denn wir alle haben die Erfahrung gemacht, in bestimmten Momenten wirklich glücklich gewesen zu sein, wir haben erlebt, dass wir Glück wirklich wahrnehmen können.
Die wirklichen Glücksmomente sind zwar selten und vergänglich, doch wir erinnern sie zeitlebens. Offenbar haben sie die Eigenschaft, sich so tief in uns zu verankern, dass wir uns unbewusst auf eine dauerhafte Suche nach weiteren solcher wunderbaren Glücksmomente begeben. Und sie haben ein besonderes Kennzeichen: Sie sind begleitet von einem wohligen, kuscheligen Gänsehautgefühl.
Was ist die Ursache für unser starkes Glückssehnen? Weshalb wollen wir so gerne glücklich sein, dass wir bereit sind, uns von einem Scheinglück in das nächste zu bewegen, quasi als vorläufigen Ersatz für das »große Glück«? Das wäre, als würden wir in Aussicht auf ein Candle-Light-Dinner die ganze Zeit Kaugummi kauen. Dieses in uns wohnende Streben nach den Momenten des Glücks muss offenbar tief in uns verankert sein, wenn es unser Denken, Fühlen und Handeln so sehr bestimmt.
Und genau so verhält es sich. Zustände des Glücks sind uns eingeprägt. Das geschah zu einer Zeit, in der Prägungen im verhaltensbiologischen Sinne am meisten stattfinden, nämlich in der Phase, als wir noch Babys waren. Und denken Sie nun bitte nicht, das läge nur daran, dass wir, als wir noch so klein waren, die Sorgen des Alltags noch nicht kannten, es keine Kontostände gab und wir unser Essen nicht selbst verdienen und zubereiten mussten.
Babys sind aus einem ganz anderen Grund glücklich. Um dies genauer zu verstehen, können wir uns einfach einmal vorstellen, wie es wohl wäre, wieder ein Baby zu sein.
Stellen wir uns vor, wir würden immer kleiner werden. Wir befinden uns in den Armen unserer Mama, ohne zu wissen, was eine Mama überhaupt ist. Unser kleiner Verstand weiß diese Dinge noch nicht: Was ist hier was, was bedeutet was und was ist wie viel wert?
Wir können unsere Mama jedoch fühlen. Allein zu lernen, dass sie immer da ist, gibt uns das Gefühl von Sicherheit. Unsere Mama schützt uns.
Hunger empfinden wir ebenfalls noch nicht bewusst. Wenn dieser sich einstellt,
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