Glücksklee
sich die Schläfen.
«Hey, geht’s dir nicht gut?» Sie bemerkte die Veränderung in Charlies Stimme und blickte auf. Er stellte zwei Kaffeebecher auf den Tisch. Die Besorgnis in seinem Gesicht war so echt und vertraut, dass Ruth von Schuldgefühlen überwältigt wurde. Sie hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen, dass sie diesem liebenswürdigen Mann so weh getan hatte. Ich bin wirklich ein schlechter Mensch, dachte sie und brach in Tränen aus.
«Entschuldige bitte, aber es ist so schrecklich. Alles ist ganz schlimm», schniefte sie. Bestürzt schaute Charlie sie an. «Ich habe so viele Fehler gemacht, Charlie. Mit dir … mit meiner Karriere … mit allem! Warum kann ich bloß keine richtigen Entscheidungen treffen? Keine
vernünftigen
Entscheidungen, meine ich?»
Charlie kam um den Tisch herum und setzte sich neben sie. Tröstend legte er ihr die Hand auf den Arm. «Komm, Ruth, weine doch nicht. Alles ist gut. Weißt du, auch wenn das vielleicht neulich nicht so ausgesehen hat, aber ehrlich, ich habe dir schon lange verziehen – den Abend damals und auch deine Entscheidung.» Er schwieg, und durch einen Tränenschleier schaute Ruth ihn an.
«Aber es ist nicht nur das», schluchzte sie. «Ich habe mein Leben lang nur Mist gebaut. Ich hab es mir mit dir verdorben, und jetzt habe ich wahrscheinlich auch noch meine Karriere in den Sand gesetzt!» Sie weinte hemmungslos. «Ich traue mir gar nichts mehr zu, denn ich mache nur Dummheiten!»
«Na, na, ich weiß nicht, wovon du da sprichst, aber vielleicht sind es gar keine Dummheiten. Vielleicht ist der Weg bis an das Ziel, das dir bestimmt ist, einfach noch länger.»
Ruth lächelte ein wenig und wischte sich die Augen. «Das klingt so wie die Sätze, die man in LA zu hören kriegt.»
«Wer weiß, vielleicht wäre ich doch wie geschaffen gewesen für deine Wahlheimat.» Charlie grinste, aber seine Augen blieben traurig, und Ruth sah etwas darin, was sie an früher erinnerte: So hatte er sie damals auch angeschaut. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. «Damit das klar ist, Ruth, ich persönlich wäre mit jedem Weg einverstanden gewesen, solange ich ihn nur mit dir zusammen hätte gehen können.»
«Wie bitte?» Ihr wurde flau im Magen.
Charlie zuckte die Achseln. «Ich wusste doch, dass du ein Star werden wolltest und andere Vorstellungen und Träume hattest, als hier in Lakeview zu bleiben. Ich wäre mitgegangen, Ruth, wohin auch immer, aber du hast mir keine Chance gegeben.»
«Charlie …»
«Ich hätte alles mitgemacht. Als ich dann gehört habe, dass du nach Hause kommst, habe ich versucht, dir böse zu sein, das muss ich zugeben. Ich wollte dich hassen.» Er lachte kurz auf. «Und glaub mir, ich habe es lange versucht, aber gleichzeitig wollte ich dich auch wiedersehen, Ruth.»
«Wirklich? Aber du warst so aufgebracht …»
«Ich war natürlich wahnsinnig sauer. Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, bist du aus dem Zimmer gestürzt und hast mich mit einem Verlobungsring in der Hand stehen lassen. Aber als du dann weg warst, wurde mir klar, dass ich irgendwie weitermachen musste. Heimlich habe ich gehofft, dass du dich meldest und mich bittest, dich zu besuchen, aber dann sind die Jahre vergangen, und nichts ist passiert.»
Ruth hatte nicht die leiseste Ahnung von Charlies Gefühlen gehabt. Sie hatte immer gedacht, er hätte vorgehabt, sich mit ihr in Lakeview niederzulassen, damit sie als stinknormales Ehepaar den Rest ihres Lebens hier verbringen könnten. Nicht eine Sekunde lang hatte sie geglaubt, dass Charlie zu ihr nach LA kommen würde. Charlie sprach unterdessen weiter. «Als du dann hier ankamst, hatte ich mich zwar darauf vorbereitet, dir irgendwann über den Weg zu laufen, aber dieses ganze Zeug in den Zeitungen, die Fotos von dir mit diesem … Typen, das kam für mich zu plötzlich.» Als er Troy erwähnte, spürte Ruth, wie sie zornig wurde – aus mehr als einem Grund.
«Ich wollte die Fotos gar nicht sehen, denn ich hatte meine eigenen Erinnerungen an dich», sagte Charlie.
Ein langes, bedrückendes Schweigen entstand. Doch dann, ohne dass Ruth wusste, wie es dazu gekommen war, lag Charlies Mund plötzlich auf ihrem, und er küsste sie mit einer Inbrunst, die ihr fast das Herz stillstehen ließ.
Er nahm ihr Gesicht in beide Hände. Instinktiv legte sie ihm die Arme um den Hals und war erstaunt, wie vertraut er sich anfühlte, wie schnell die alten Empfindungen zurückkehrten. Es war unglaublich, fast als entdecke sie
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