Glückspfoten, Ahmed und die ganz große Kohle (German Edition)
Gießen…
Und Frau Irina macht auf treusorgende Ehefrau und zukünftige Mutter seiner Kinder, der kommenden Mediziner-Elite Deutschlands, um genau zu sein.
Da kommt mir ja die Galle hoch – und zwar gritzegelb. Igitt!
Das hatte ich nun davon gehabt, nahezu zwanzig Jahre die Lebensabschnittsgefährtin des Studenten, des Arztes im Praktikum, des Stationsarztes und des Oberarztes zu sein.
Kurz vor dem Chefarztposten hatte ihn mir eine zugereiste Osteuropäerin weggeschnappt. Diese Ostfrauen haben ganz bestimmt irgendein Geheimrezept, wahrscheinlich von ihrer sibirischen Großmama bekommen, ganz kurz vor Abreise in den Westen. So als Angel-Tipp für reiche Westmänner.
Wenn es nicht so nach Klischee klingen würde, dann würde ich echt sagen, das ist alles Schmarren. Nichts als Schmarrn!
Aber das Klischee war bittere Wirklichkeit geworden, dummerweise in meinem eigenen Leben.
Dem Chefarzt samt seiner Frau standen nun eine glänzende Zukunft bevor, und ich endete wohl vollends als alte Jungfer (das wollen wir jetzt aber nicht wörtlich nehmen…) auf meinem noch älteren Sofa.
Aus mir war eine Couchpotatoe erster Güte geworden , und nichts sah danach aus, als würde sich bald etwas an meinem erbärmlichen Zustand ändern.
Das Fernsehprogramm kannte ich mittlerweile komplett auswendig, und zu allem Übel hatte die heimische Videothek auch noch ihren Geist aufgegeben. Sollte ich mir die Filme, die ich sehen wollte, jetzt auch noch aus dem Internet bestellen?
Bald muss te man wohl gar nicht mehr aus dem Haus gehen…
Und ich war auf dem besten Weg dazu, bei dieser Entwicklung in der ersten Reihe mitzuspielen.
Also zappte ich weiter durchs Programm…
Irgendwann schimpfte ich nur noch laut vor mich hin: „Recht hat er gehabt, der Reich-Ranicki, dass er den Preis nicht angenommen hat. Alles ein einziger Stuss, den man hier vorgesetzt bekommt. Früher gab es nur läppische drei Programme, aber es war immer etwas Interessantes dabei. Heute zappt man sich tot, hat hunderte von Sendern, aber ein Film ist blöder als der andere – und dann immer dieselben Gesichter. Man kann uns auch tot-bombardieren mit Ferres, Neubauer und Berben. Oder Jauch, Lanz und Pilawa. Da nützt auch keine Online-Petition… Alle sind sie aalglatt und einfach viel zu oft auf der Mattscheibe!“
Aber am allerschlimmsten war die Werbung. Und die kam immer zum ungünstigsten Zeitpunkt. Hatte ich mir zum Beispiel gerade ein Snickers in komfortable Reuterchen geschnitten, daneben ein echt klitzekleines Schälchen Crunchips stehen, beutelfrisch versteht sich, kam bestimmt die Almased-Reklame, die mich unbarmherzigerweise daran erinnerte, dass es auch in diesem Sommer sicher nichts mit meiner Bikini-Figur werden würde.
Noch schlimmer waren diese neumodischen Krankenhausserien. Das ging ja gar nicht, in meiner Verfassung!
Weißkittel und junge , knackige Schwestern? Ich habe generell keinerlei sadomasochistische Neigungen, deshalb verweigerte ich damals alles, was auch nur ein kleines bisschen nach dem Erbe der Schwarzwaldklinik aussah.
Und bei irgendeinem süddeutschen Dialekt, der noch schli mmer klang als Vogelsbergerisch, ging mir dann endgültig die Hutschnur hoch: Seitenbacher-Müsli… - woisch, dann klabbds ah midder Värdouung…
Doch auch eine gut funktionierende Darmtätigkeit konnte mich nicht aus meiner Misere retten, denn der Rest vom Programm war ebenfalls großer Schmonzes…
Waaaaaaaa!
Ahmed hatte sich vorsichtshalber schon einen Sessel weiter verzogen und schaute mich ungläubig an. So wütend konnte man mich selten sehen. Und er, mein sensibler, allwissender Mitbewohner kannte mich bis dato so noch nicht. Das Lauteste für meinen Stubentiger waren bisher die Freitag-Abende mit den üblichen Verdächtigen gewesen.
Mehr Krach gab es selten in meinem Möbellager.
Aber jetzt hatte ich wirklich bald die Schnauze gestrichen voll von allabendlichen Haustier-Zootier-Geschichts-Medizin-Kinder-Liebesleben-Deutschland- oder Allgemein-Quiz-Sendungen, Tatort-Wiederholungen aus den letzten vier Jahrzehnten, Pilcher-Wiederholungen, Wissenschaftsreportagen (voraussichtlich auch Wiederholungen), Reportagen über Stress, Überforderung und Unterbezahlung von Pflegekräften in Kliniken und Heimen (man hätte hier auch Wiederholungen aus den letzten dreißig Jahren senden können, denn es hatte es sich wenig geändert, das Thema war immer nur im Wahlkampf wirklich heiß…) und so weiter und so fort.
Und als ich mit
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