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Glücksregeln für den Alltag

Glücksregeln für den Alltag

Titel: Glücksregeln für den Alltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard C. Cutler Dalai Lama
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Bars herum; wir alle waren berauscht - von brüderlicher Kameradschaftlichkeit oder vom Bourbon - und schwafelten lautstark über die Kunst und das Leben; jeder von uns war ganz und gar damit beschäftigt, seine eigene Art des Ausdrucks zu finden. Und natürlich waren unsere - ach so originellen - Stile stark von anderen Künstlern beeinflusst, die wiederum von anderen beeinflusst waren, die wiederum und so weiter. Unsere Welt war sehr in sich geschlossen, unsere Arbeit voller vager Anspielungen auf kulturelle Trivialitäten oder voller satirischer Anspielungen auf die Werke anderer oder auf obskure Insider-Scherze, aber auf jeden Fall voller versteckter Bedeutungen - so versteckt, dass sie uns häufig selbst verborgen blieben.
    Ich war ganz aufgeregt, als eines meiner Werke von einer Jury für eine Kunstausstellung ausgewählt wurde. Stolz stand ich am Eröffnungsabend neben meinem Werk, gespannt zu hören, wie die anderen es einschätzten, und sicher, dass man mich mit Lob überschütten würde.
    Eine korpulente ältere Frau mit dicken Brillengläsern, einem verschossenen, bedruckten T-Shirt, dicken Schuhsohlen und einer großen Plastik-Einkaufstasche blieb stehen, um sich meine Arbeit eine ganze Weile schweigend anzuschauen. Sie schaute ein wenig verwirrt drein, so als hätte sie sich auf ihrem Weg zum Nachmittagskaffee verlaufen und wisse nicht recht, wieso sie hier gelandet war.
    „Sind Sie der Künstler?“, fragte sie freundlich.
    „Ja.“
    Sie nickte in Richtung meines Meisterwerkes und wollte dann wissen: „Was bedeutet das?“
    „Eigentlich nichts. Es ist einfach etwas, was ich geschaffen habe.“
    Das entsprach durchaus der Wahrheit. Wie die meisten meiner Künstlerkollegen wollte auch ich weder eine klare Botschaft noch irgendeinen Sinn vermitteln. Unsere Schöpfungen sollten nicht belehren oder erbauen. Unsere Arbeit war lediglich eine Ansammlung von Bildern, die uns aus irgendeinem Grund zusagte. Die Bedeutung kam erst später - es war dem Betrachter überlassen, was er über das Werk äußern wollte: vielleicht einen wortgewaltigen Kommentar über den postmodernen existenziellen Wert im Kampf gegen das unaufhörliche Genörgel angsterfüllter, griesgrämiger Spießer. Das ewige Spiel zwischen den gegensätzlichen Polen von Fortschrittlichen und Hinterwäldlern. Hier, zum Beispiel, haben wir ein wirklich cooles gelbes Ding auf diesem orangefarbenen Ding, von dem keiner so recht weiß, was es bedeutet. Aber wen kümmert das? Alles, was ein Künstler erhoffen konnte, war, dem Betrachter eine emotionale Reaktion, ein Gefühl zu entlocken. Was für eine Emotion das war, war gleichgültig - es konnte eine Inspiration sein oder auch Freude, Lachen, Traurigkeit, Angst, Ekel oder Wut. Ganz nach Belieben. Was man sich aussuchte, spielte kaum eine Rolle - obwohl Ekel und Wut damals hoch im Kurs standen.
    Die Frau fuhr fort: „Darf ich Ihnen eine Frage stellen?“
    „Aber sicher.“
    „Nun, mir gefällt Ihr Ding. Ich meine, es ist durchaus interessant...“
    Ich spitzte die Ohren.
    „Verstehen Sie mich nicht falsch“, sprach sie weiter, „aber ich frage mich nur - hilft das irgendjemandem? Ich hätte gerne gewusst, wozu das dient.“
    Das war nun nicht gerade eine Frage, die dazu angetan war, meine Sympathie für die Frau zu wecken, und außerdem eine, die einen Künstler gewöhnlich in die Defensive drängt. Und es war eine Frage, an die ich noch keinen großen Gedanken verschwendet hatte.
    „Mm... keine Ahnung.“ Ich zuckte hilflos die Schultern. ,Aher ich freue mich, dass es Ihnen gefällt“, sagte ich und floh vor ihr, als habe sie den Ebola-Virus.
    Nicht lange danach gab ich die Kunst auf, um Medizin zu studieren. 6

    W ährend all unserer bisherigen Gespräche für dieses Buch hatten wir uns hauptsächlich darauf konzentriert, unsere fundamentale Haltung zu der Arbeit, die wir tatsächlich haben, zu untersuchen. Aber da wir nun das Problem der Jobwahl und des Jobverlusts aufgeworfen hatten, waren wir von der inneren zur äußeren Orientierung übergegangen - und bei unserer heutigen Zusammenkunft hatte ich das Bedürfnis, dieses Thema mit dem Dalai Lama ausführlicher zu erörtern, um die Natur der Arbeit, die man tut, und die Auswirkung, die sie auf unser Umfeld hat, näher zu betrachten.
    „Gestern erwähnten Sie einige der Faktoren, die man - falls möglich - in Erwägung ziehen sollte, wenn man eine Arbeit sucht. Heute würde ich gerne erneut über die Berufswahl diskutieren, über die

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