Glücksregeln für den Alltag
Einstellung zur Arbeit, und dabei die spezifische Natur der Arbeit, die ein Mensch tut, berücksichtigen.
Die längste Zeit der Menschheitsgeschichte hatten Menschen kaum die Chance, ihren Beruf frei zu wählen. Sie wurden geboren und taten normalerweise, was schon ihre Eltern getan hatten - sie wurden Bauern oder Hirten oder Handwerker. Sie hatten also nicht sehr viele Wahlmöglichkeiten, sondern wurden in der Regel in ein bestimmtes Arbeitsumfeld hineingeboren. Das begann sich in Europa um das 16. Jahrhundert herum zu ändern, als junge Menschen anfingen, die elterlichen Höfe zu verlassen und in die Städte abwanderten. Die Menschen waren nun eher in der Lage, sich ihren Beruf selbst auszusuchen, und diese Veränderungen nahmen im Laufe der letzten fünfhundert Jahre schnell zu. Heute haben wir im Westen eine enorm große Auswahl an Jobs. Doch gibt es natürlich in vielen Teilen der Erde Millionen, ja Milliarden Menschen, die noch immer sehr wenige Wahlmöglichkeiten haben, Menschen, die in ländlichen Regionen und in ärmeren Ländern leben. Aber zumindest in den industrialisierten Staaten und in urbanen Gebieten gibt es ein breites Spektrum beruflicher Alternativen.
Vielleicht hat sich das in den vergangenen Jahrzehnten ein wenig geändert - aber wenn Menschen zwischen verschiedenen Jobs wählen müssen, nehmen sie oft den, in dem sie das meiste Geld verdienen. Das hat oberste Priorität. Gestern erwähnten Sie noch ein paar andere Faktoren, die man berücksichtigen könnte, wenn man sich eine Arbeit sucht; Sie empfahlen zum Beispiel, lieber einen Job zu nehmen, der vielleicht nicht so gut bezahlt ist, aber immerhin erlaubt, Zeit mit der Familie und mit Freunden zu verbringen. Meine Frage an Sie lautet daher: Meinen Sie, es gibt noch weitere Faktoren, die man in Erwägung ziehen sollte, wenn man sich eine Arbeit sucht? Faktoren, die Sie bisher noch nicht genannt haben?“
Der Dalai Lama trank zuerst einen Schluck Tee und antwortete dann: „Wenn ein Mensch seine Arbeit frei wählen kann, dann sollte er im Allgemeinen eine Tätigkeit aussuchen, die seiner besonderen Veranlagung und seinem Temperament entspricht. Hier ist Selbsterkenntnis, Selbstbewusstheit erforderlich. Wir sprachen schon darüber. Und wie ich schon sagte, wird ein Mensch zufriedener und weniger frustriert in seinem Job sein, wenn er seine Kenntnisse auf dem jeweiligen Gebiet, seine Begabungen und fachspezifischen Fähigkeiten sehr genau beurteilen kann und wenn er sicher weiß, dass er die richtigen Qualifikationen hat.“
„Ja, das ist wahr“, stimmte ich ihm zu, „dafür gibt es auch Karriereberater, die helfen können, herauszufinden, welche natürlichen Begabungen man hat und welche Art von Arbeit für einen die passende sein könnte. Aber was ich gerne wissen würde, ist: Gibt es aus Ihrer persönlichen Sicht oder vielleicht auch aus der buddhistischen Perspektive ganz allgemein noch andere Gesichtspunkte neben Dingen wie Bezahlung oder persönliche Begabungen, die ein Mensch berücksichtigen sollte, wenn er sich einen Job sucht?“
„Oh ja“, erwiderte er sofort. „Vielleicht gilt das nicht für jeden, aber ein Faktor, dessen Berücksichtigung sehr nützlich wäre, ist der Nutzen oder Schaden, den die Arbeit hat, die man tut. Wir Buddhisten sprechen vom ‚nichtigen Lebensunterhalt’. Das impliziert, dass man danach trachten sollte, eine Tätigkeit auszuüben, die anderen Menschen keinen Schaden zufügt - weder direkt noch indirekt. Der falsche Lebensunterhalt ist oft definiert worden als jede Art von Lebensunterhalt, der mit der Ausbeutung anderer aus niedrigen Beweggründen zu tun hat - wie Betrug oder Täuschung. Beim falschen Lebensunterhalt eignen Sie sich etwas an, wozu Sie eigentlich kein Recht haben. Sie nehmen anderen Menschen Dinge weg. Aus der Perspektive des Laien kann man es so ausdrücken: Wenn durch den Lebensunterhalt, den jemand verdient, keine direkten oder indirekten schädlichen Folgen für andere entstehen, dann kann er als richtiger Lebensunterhalt angesehen werden. Buddha hat wohl damit sagen wollen, man solle bei der Wahl seiner Arbeit darauf achten, dass man sich moralisch einwandfrei verhält. Sein Rat lautete: Füge anderen keinen Schaden zu und täusche und betrüge nicht. Ihm schien es mehr um die Art und Weise zu gehen, wie man seinen Lebensunterhalt verdient, als darum, wie viel Geld man verdient.“
„Sie betonen, wie wichtig es ist, das potenzielle Wohl oder den Schaden herauszufinden, den man
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