Glücksspiel der Liebe
war genau die Art von Mann, von dem sie immer geträumt hatte. Ja, wenn sie es auch niemals laut ausgesprochen und in Wahrheit den Gedanken bereits vor Jahren aus ihrem Kopf verbannt hatte, war doch Jonathon Effington eben der Mann, den sie immer hatte heiraten wollen. Auch wenn er nicht einmal wusste, dass sie existierte.
Mit Olivers Hilfe würde sich das bald ändern.
»Was machen wir nun? Stellst du uns einander vor oder...« Sie zog die Augenbrauen zusammen. »Ich habe übrigens vor, ehrlich zu ihm zu sein. Die Ehe ist für immer und ich möchte solch eine Unternehmung nicht mit einem Betrug beginnen.«
»Ehrlichkeit ist in der Tat die beste Strategie.« Oliver nickte. »Alles auf den Tisch.«
»Naja, vielleicht nicht ganz alles«, murmelte sie. Die Erinnerung an einige Vorfälle, die gefährlich dicht an einen Skandal gekommen waren, stieg in ihr auf.
»Nicht alles?« Oliver sah sie erstaunt an.
»Man kann nicht gleichzeitig eine Herausforderung und vollkommen ehrlich sein«, teilte sie ihm würdevoll mit. »Ich möchte nicht, dass er all meine... Geheimnisse kennt. Nicht, dass ich etwas Spezielles zu verbergen hätte«, fügte sie rasch hinzu. »Obwohl man vermutlich...«
»Genug, genug.« Oliver schauderte. »Ich habe kein Verlangen, mehr zu erfahren als unbedingt notwendig. Mir reicht deine Zusicherung, dass deine Geheimnisse nichts beinhalten, was deinen Ruf als anständige junge Dame...«
»Oliver!« Sie funkelte ihn entrüstet an. »Wie kannst du so etwas denken?«
»Vergebung, Cousine.« Er hatte immerhin den Anstand, betreten dreinzublicken. »Wir haben einander sehr lange nicht gesehen und kennen uns in Wahrheit kaum. Du hast das Auftreten und das Erscheinungsbild einer Frau, die, also...« Er schüttelte zerknirscht den Kopf. »Ich möchte stark bezweifeln, dass es viele Männer gibt, die nicht für dich einen Skandal riskieren würden.«
»Ich nehme das als Kompliment.« Sie lächelte, dann wurde sie wieder ernst. »Einschließlich Jonathon Effingtons?«
»Ganz besonders Jonathon Effington. Du bringst genau das mit, was er sich an einer Ehefrau zu wünschen behauptet. Ich tue ihm damit einen Gefallen.« Wieder musste er lachen. »O, das wird ein großer Spaß.«
»Spaß ist das Letzte, was ich brauchen kann, Oliver.« Fiona seufzte. »Ich brauche einen Ehemann.«
Und Jonathon Effington war nicht nur genau, was sie brauchte; er war genau, was sie wollte.
Zweites Kapitel
Vier Tage später, auf dem Weihnachball der Effingtons ...
»Patent wie immer, Henry.«
Jonathon Effington warf dem Butler einen Seitenblick zu. Wie jedes Jahr hatte er sich zu einem bestimmten Zeitpunkt des Balls neben dem venezianischen Spiegel und dem Konsoltischchen in einer unauffälligen Nische vor der Bibliothek positioniert. Und wie jedes Jahr präsentierte er eine Flasche besten Champagners aus dem Weinkeller sowie zwei Gläser.
»Danke, Mylord«, antwortete Hen r y gelassen.
Jonathon verbiss sich ein Grinsen. Henry Mansfreld war höchstens zehn Jahre älter als er selbst, und Jonathon war der Einzige aus der Familie, der ihn bei seinem Vornamen rief. Abgesehen von dieser einen Abweichung, vor langer Zeit gestattet und von beiden Männern anerkannt, war Henrys Benehmen allzeit untadelig. Vermutlich angeboren. Er war mindestens der dritte Mansfield, der Effington House und damit dem Duke of Roxborough als Butler diente. Zu dieser Position war er aufgerückt, als sein Onkel, der vorherige Butler und ebenfalls ein Mansfield, sich in den Ruhestand in ein Cottage auf dem Land zurückgezogen hatte.
Jonathon wandte seine Aufmerksamkeit wieder seinem Spiegelbild zu. Früher am Abend hatte er ein
Treffen mit dem Mann gehabt, der hoffentlich bald sein Schwager würde. Doch sein jetziges Rendezvous war völlig anderer Natur und viel erfreulicher. Er hatte eine winzige Änderung an seinem Krawattenknoten vorgenommen. »Was meinst du, Henry, kann ich so gehen?«
»Sie sind die Vollkommenheit in Person, Mylord«, befand Henry.
Jonathon musste lachen. Zwar würde Henry sich niemals über seine Lordschaft amüsieren, doch Jonathon wusste genau, was dieser Tonfall zu bedeuten hatte. Immerhin kannten sich die beiden Männer beinahe ihr gesamtes Leben. Ja, Henry hatte Jonathon in jüngeren Jahren bei seinen ersten Abenteuern assistiert und nicht selten dringend erforderliche Rettung gebracht.
»Vollkommen wohl kaum, aber annehmbar, will ich meinen.« Jonathon musterte sein Spiegelbild kritisch.
Er besaß nicht das
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